Mein Vater, der Diakon – Autorin Viktoria Grantz stellt ihr neues Buch vor

Die Autorin Viktoria Grantz lernt während einer Rast in einem Autobahnrestaurant eine Frau kennen, die ihr ihre Geschichte erzählt. Daraus entsteht das Buch „Mein Vater, der Diakon“.

Lothar, ein nach außen hin frömmelnder evangelischer Diakon, ist verheiratet und Vater einer Tochter. Er lässt es sich nicht nehmen, sein Kind zu wickeln, auch als es eigentlich schon viel zu groß für den Wickeltisch ist.

Später erklärt er der Kleinen, Männer hätten einen elften Finger, um ihre Töchter damit zu reinigen. Mädchen und Frauen seien von Geburt an mit der Erbsünde belastet, da Eva Adam den Apfel vom Baum der Erkenntnis gegen den Willen Gottes gereicht hätte.

Um Mädchen und Frauen trotzdem den Weg in den Himmel zu ermöglichen, müssten sie so oft wie möglich gereinigt werden. Obwohl seiner Tochter diese Reinigungsrituale ganz offensichtlich Schmerzen bereiten, tut er täglich aufopferungsvoll seine „Pflicht“. Er erklärt seiner Tochter, dass der „Liebe Gott“ nur Mädchen ins Paradies aufnimmt, die rundum sauber sind – also auch innen. Da ihr Vater ihr eine furchtbare Angst vor der Hölle eingeredet hat, lässt sie alles mit sich machen.

Seine Ehefrau weiß um diese Tätigkeit, greift aber nicht ein, um selbst von ihrem Ehemann in Ruhe gelassen zu werden. Ganz im Gegenteil unterstützt sie ihn noch dabei.

Die Übergriffe werden anfangs nur im eigenen Haus verübt, später auch im Garten oder im nahen Wäldchen. Als eine zweite Tochter geboren wird, wird auch diese mit einbezogen.

Der Diakon ist in der Jugend- und Kinderbetreuung tätig und leitet z. B. ein Ferienzeltlager an der Ostsee. Während er die Kinder beschäftigt und christlich unterweist, kümmert sich seine Frau um Büro, Gruppen- und Waschräume. Als seine Töchter alt genug sind, müssen sie ihre Eltern begleiten. Während die jüngere Schwester nachts bei der Mutter bleibt, muss die ältere das Bett mit ihrem Vater teilen.

Obwohl viele bescheid wissen, schreitet niemand ein. Wer will sich schon gern mit der Kirche anlegen? In den 1960er Jahren, in denen diese Geschichte spielt, ist die Angst vor der Allmacht der Kirche und vor der Strafe Gottes sehr verbreitet.

Wieder daheim wird die Familie ab und zu von einem Kirchenkollegen des Vaters abgeholt. In einer Holzhütte im Wald werden die Mädchen mit Drogen betäubt und nacheinander auf einen steinernen Altar, den die Kirchenmänner auf einer Lichtung gebaut haben, gelegt und der Reihe nach vergewaltigt. Viele Mütter, die ihren Töchtern das „Seelenheil“ ermöglichen wollen, sind dabei, schauen zu und stellen ihre Kinder zur Verfügung.

Erst als das Mädchen zum ersten Mal seine Monatsblutung bekommt, lässt der Vater von ihr ab und „kümmert“ sich nur noch um die jüngere Schwester.

Die Ältere muss sich nun auf die Schule konzentrieren, da sie unbedingt Krankenschwester werden will. Sie verlässt ihre Familie und verdrängt nach und nach ihre schrecklichen Kindheitserlebnisse. Obwohl sie sich mehr zu Frauen hingezogen fühlt, pflegt sie mehrere Männerbekanntschaften, bekommt sogar einen Sohn und heiratet auf Drängen von Eltern und Freundinnen wider besseren Wissens den Kindsvater.

Als sie sich nach kurzem Ehealltag von ihrem Mann trennt, setzen der und ihre Familie alle Hebel in Bewegung, um ihr zu schaden. Durch gute Verbindungen zum Jugendamt wird sie so lange unter Druck gesetzt, bis sie sogar das Sorgerecht für ihr Kind abtritt.

Nur mithilfe fachkundiger Berater kann sie sich von ihrer Vergangenheit lösen, ihre Konditionierungen wahrnehmen und durchschauen und ein glückliches Leben anstreben. Viele Jahre später erstattet sie Anzeige, stößt allerdings bei ihren Nachforschungen überall auf eine Mauer des Schweigens. Niemand will sich auf ihre Seite stellen. Ihre eigene Schwester strebt sogar eine Entmündigung an, um sie mundtot zu machen. Ihre Berater werden von der Kirche verleumdet. Es wird ihnen unterstellt, sie würden Frauen in eine Sekte locken, gegen ihre liebenden Eltern aufwiegeln und finanziell ausbeuten.

Allerdings ist sie inzwischen dermaßen selbstbewusst, dass sie sich nicht mehr aus der Fassung bringen lässt. Sie wirkt in einem Film mit, der ihr Leben beschreibt, und hilft heute Opfern von sexuellem Missbrauch und häuslicher Gewalt und tritt für die Rechte von Homo- und Transsexuellen ein. Sie lebt in einer glücklichen Beziehung und ist in hoher leitender Funktion tätig.

Buchtipp

Viktoria Grantz
Mein Vater, der Diakon
ISBN: 9783839133620
84 Seiten
5,90 Euro

Bürgerreporter:in:

Elisabeth Keller aus Gnarrenburg

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