Margaretha Main und ihre Honda Deauville

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Mein Motorrad – Menschen und ihre Maschinen
von Elisabeth Keller
Margaretha Main und ihre Honda Deauville

Obwohl ich ein Mädchen war, habe ich mich früh für motorisierte Zweiräder interessiert. Das war damals, also in meiner Jungendzeit, nicht alltäglich. Ich musste viele Vorurteile abbauen, um mir meinen ersehnten Traum von einem eigenen Zweirad erfüllen zu können.
Na ja, eigentlich stimmt das nicht so ganz. Ich habe auf die Vorurteile meistens gepfiffen und mich um den Rest nicht gekümmert.
Die ersten Gehversuche, oder besser Fahrversuche, unternahm ich auf der NSU Quickly meiner Freundin Martina. Deren Oppa fuhr nur noch selten mit dem Ding herum und so fassten wir uns an unsere Herzen und beschlossen, dem langweiligen Leben der Quickly ein Ende zu bereiten. Das arme Ding fristete sein Leben in einer dunklen Scheunenecke – und das musste ja nicht so bleiben.
Wir erkannten natürlich sofort, dass die Reifen platt waren – und das nicht nur unten. So drehten wir das Ding auf den Kopf und bauten das Vorderrad aus. Nachdem wir Reifen und Schlauch unter großen Mühen getrennt hatten, bliesen wir etwas Luft in den Letzteren und tauchten ihn unter Wasser. Da keine Blasen aufstiegen, war klar, dass der Schlauch keine Löcher aufwies. Wir hätten einfach nur Luft aufpumpen müssen. Allerdings schlossen wir folgerichtig daraus, dass uns diese unglaubliche Erkenntnis davor bewahrte, das Hinterrad auch noch ausbauen zu müssen. Wir stellten das Ding also wieder auf seine Räder, bliesen Luft in beide Reifen und schon war alles in bester Ordnung.
Da sich Martina bei ihrem Vater eine ganze Menge Fachwissen abgekuckt hatte, wusste sie natürlich auch, dass eine Quickly einen Zweitaktmotor besaß, folge dessen mit Gemisch betrieben werden musste. Ein bisschen Öl ins Benzin und schon sausten wir, eine unglaubliche Abgasfahne hinter uns herziehend, bergauf und bergab. Daraus schlossen wir, dass Martina wohl etwas viel Öl ins Benzin gekippt hatte. Wir waren allerdings der Meinung, dass ein Tröpfchen Öl zu viel, besser war, als ein Tröpfchen zu wenig.
Diese erste Begegnung mit einem motorisierten Zweirad sollte schlimme Folgen für mich haben. Ich war ab jetzt infiziert und ich ließ mich nie wieder davon abbringen, Motorrad zu fahren.
Martina und ich waren dann auch damals die einzigen Mädchen, die den Mopedführerschein machten. Ich bekniete Mutter und Omma so lange, bis ich meinen Willen bekam, und nicht nur den, sondern auch ein nagelneues Moped.
An meine erste Fahrt mit meiner Zündapp kann ich mich noch gut erinnern. Ich holte das Moped frisch vom Händler ab und wollte damit zu unserem Badesee fahren. Natürlich hatte ich zuvor ordentlich Reklame gemacht. Nun wollte ich meine neue Freundin meinen Freundinnen vorstellen.
Ich fuhr also über einen Parkplatz und hielt vor einem Schlagbaum. Ich stellte meine Zündapp vor diesem ab, erreichte nach wenigen Metern den Schlagbaum und hievte den nach oben. Da die damaligen supermodernen Helme nur einen winzigen Sehschlitz besaßen, bekam ich nicht mit, dass ich den Schlagbaum nicht weit genug nach oben gehievt hatte. Während ich zum Moped zurückging und aufstieg, senkte sich der blöde Schlagbaum langsam wieder.
Als ich diesen erreichte, blieb ich auf ihm hängen, während meine nagelneue Zündapp unter uns hindurchpreschte. Ich sah, wie sie ein wenig hin und her pendelte und dann zu Boden ging. Nun ärgerte ich mich aber gewaltig, stieg vom Schlagbaum und betrachtete mir den Schaden. Tja, der Kupplungshebel und die linken Blinker hatten ihr kurzes Leben schon nach gerade mal fünf Kilometern ausgehaucht.
So konnte ich ja schlecht zum Badesee fahren. Ich hätte alle Vorurteile, die Moped fahrenden Mädchen entgegenschlugen, sofort und auf der Stelle bestätigt. Also fuhr ich zum Händler zurück und ließ mir sowohl neue Blinker, als auch einen neuen Kupplungshebel verpassen. Danach war mein Auftritt am Badesee gerettet und löste Beifall – bei den Mädchen – und Neid – bei den Jungen, besonders bei denen, die selbst kein Moped besaßen – aus.
Da ich während meiner Ausbildung zur Krankenschwester nicht so richtig viel Kohle hatte, musste ich in der Zeit auf eine eigene Maschine verzichten. Ich hatte zwar den „Einser“ gemacht, konnte aber nur hin und wieder auf einer geliehenen Maschine fahren.
Kaum zu Geld gekommen, kaufte ich mir eine der ersten Honda CB 750. Das Grollen des Vierzylindermotors, die vier Auspuffrohre und die unglaublichen 67 PS ließen mich auf der Stelle dahinschmelzen. Aus heutiger Sicht war das Ding einfach nur sauschwer, hatte ein kippliges Fahrwerk und war vom Luxus heutiger Zweiräder noch Lichtjahre entfernt. Damals aber war eine CB 750 der Oberhammer.
Als dann die Honda CBX auf den Markt kam, probierte ich auch diese aus. 105 PS und sechs Zylinder waren schon ein Wort. Allerdings blieb es bei dem einen Wort, da das Ding noch schwerer war, als die andere.
Nach mehreren CBs und einem Shopper, der mir bei jedem Schlagloch fast das Kreuz brach, stieg ich auf eine Gold Wing um. Auf der und ihrer Nachfolgerin riss ich viele tausend Kilometer ab. Die letzte, eine 1800er mit allem Schnickschnack, gab ich schweren Herzens für eine Deauville in Zahlung. Ich bin ein wenig in die Jahre gekommen und da muss frau halt manchmal ein wenig kürzer treten.
Es hat mich Überwindung gekostet, auf einen Mittelklasse-Tourer umzusteigen. Allerdings habe ich mich schnell in diese Maschine verliebt. Da ich Seitenkoffer und ein Topcase an Bord habe, muss ich auf nichts verzichten. Selbst meine Lippenstiftsammlung kann jederzeit mitfahren. Die Griffe sind beheizt und die Tourenverkleidung sorgt dafür, dass mein ergrautes Haar nicht zu viel Schaden nimmt. Außerdem erspart mir der Kardanantrieb das lästige Kette spannen. Davor graute mir in grauer Vorzeit stets, da ich selten Lust hatte, mit Werkzeug und Kettenspray die Kette fit zu halten.
Auch die 65 PS reichen vollkommen aus, um gemütlich und mit viel Drehmoment durch die Berge zu swingen oder mit ausreichender Geschwindigkeit Autobahnkilometer abzureißen. Die Deauville bietet natürlich nicht den Luxus einer Gold Wing und kann von der Leistung her niemals mit einer Pan European, der großen Schwester, mithalten. Sie vereint aber eine gewisse Leichtigkeit mit einem supertollen Komfort.
Ich liebe meine Deauville und gebe sie nie mehr her.

Margaretha Main

Honda Deauville
Zwei-Zylinder-V-Motor
680 ccm
65 PS/8000 U/Min
66 Nm/6500 U/Min
Höchstgeschw.: 185 km/h
Gewicht: 260kg
Zuladung: 200kg
ABS, Seitenkoffer, Topcase, geregelter Kat. Griffheizung, Tourenverkleidung

Marktsituation
Schon die ersten Vorläufer der Deauville, z. B. die Honda NTV, galten mit ihren Zwei-Zylinder-V-Motoren quasi als unkaputtbar. Kilometerleistungen von weit über hunderttausend waren eher die Regel, als die Ausnahme. Daran hat sich im Laufe der Jahre nichts geändert.
Der Ölverbrauch ist zwischen den Inspektionsintervallen nicht messbar und der Kardan ermöglicht, neben der bequemen Sitzhaltung auf der bequemen Sitzfläche, viele Jahre kurze und lange Touren. Seit der Motor in Hubraum und Leistung angehoben wurde, ist nun auch ein Touren zu zweit kein Hindernis mehr. Das ging zwar auch mit der Vorläuferin, der 650er, schon ganz gut, aber nun noch spürbar besser.
Eine neue Deauville schlägt mit etwa zehntausend Euro zu Buche. Gebrauchte in gutem Zustand gibt es ab ca. 1500,- Euro. Eine höhere Kilometerleistung sollte keinen Käufer abschrecken. Man sollte eher auf den Pflegezustand achten.

Kleidung

Händler
Durch meine viele Umzieherei bin ich logischerweise auch vielen Händlern begegnet. Einige waren freundlich, andere weniger. Manche wollten mich übers Ohr hauen, andere waren fair. Seit über zehn Jahren bin ich nun sehr zufriedene Kundin bei Honda Wellbrock & Co in Lilienthal bei Bremen. Während Wolfgang Wellbrock den Handel betreibt, steht Wolfgang Harbusch der Werkstatt vor. Auch ihre Mitarbeiter Anne, Rainer, Raphael etc. haben mich stets kompetent und freundlich beraten. Ich kann diesen Honda-Stützpunkt nur wärmstens empfehlen.

Die schreibende Krankenschwester Margaretha Main hat ihre Kindheits- und Jugenderlebnisse – und natürlich auch aktuelle Widernisse – in inzwischen neun Büchern äußerst humorvoll verarbeitet. Für ihre Bücher „Retha auf Umwegen“ und „Retha – Mein Autoleben“ wurde sie mit Buchpreisen ausgezeichnet.
Sie möchte mit ihren Werken Frauen und Mädchen Mut machen und alle Leser humorvoll unterhalten. Wenn Retha losbrummt, bleibt kein Auge trocken.

Retha, das Lausemädchen
Retha wir flügge
Retha – vom Lausemädchen zur Lausefrau
Retha auf Umwegen
Retha – mein Autoleben
Rethas langer Weg zum Ruhm
Retha – Mein Leben kann so was von schön sein
Die Angst geht um in Narrenberge
Festtagsschmaus in Narrenberge

Bürgerreporter:in:

Elisabeth Keller aus Gnarrenburg

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