Nostalgie: Max RAABEs phantastische Lied-Kunst - Palast Orchester Tournee '09

Max Raabe 2009. Grafik W.H. nach einem Werbe-Foto. (a&s-Bild.)
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  • Max Raabe 2009. Grafik W.H. nach einem Werbe-Foto. (a&s-Bild.)
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Heimweh? Um die Sehnsucht nach Musik-Vergangenheit – „es war einmal“ – zu befriedigen, kamen NOSTALGIE-Fans 2009 wieder in die „Alte Oper“. Der Ort mit dem zur Oldie-Musik passenden Ambiente in Frankfurt (ausverkauft) war ideal für die Präsentation des „Goldenen Zeitalters“ der 20er und 30er Jahre: Star-Sänger Max RAABE hatte füPr „Heute Nacht oder nie“ eingeladen, machte altes Liedgut wieder lebendig. Die Konzert-Tournee-Besucher erlebten keine „veraltete“ musikalische Rückwendung! Ca. 10 Prozent der Zuhörer waren über 70, 20 % zwischen 30 und 40 Jahre alt (…). Sie waren alle auch gekommen, um das alte Lied „Mein kleiner grüner Kaktus“ zu hören und sehen; Musik Albrecht Marcuse, Bert Reisfeld.

Wie die „Comedian Harmonists“ den Song arrangiert haben, zeigt - visualisiert mit schöner Bilderserie - ein you tube Video: http://www.youtube.com/watch?v=-Y4Sr_IqR1k (Eine Otto-Waalkes-Interpretion des lustigen Liedes ist ebenda bei you tube zu sehen.)

Als eine von 3 „Zugaben“ wurde dieser legendäre Song vom Palast Orchester (PO) im Palast der AO präsentiert, dessen Front-Fassade momentan restauriert wird (siehe Bildergalerie). Bevor sich das Raabe-Team (Max Raabe plus 12 Musiker) mit „Gib mir den letzten Abschiedskuss“ vom dankbaren Publikum verabschiedet hat, erlebten die Oper-Nostalgiker einen bunt gemischten Konzertabend. „War’n sie schon mal in mich verliebt“ (1928) und Walzer „Dort tanzt LU-LU“ (Will Meisel Musik/Text mit imposantem Glöckchen-Spiel, großem Beifall – „huhuhu & hahaha“) gehörten ebenfalls zu den durch rhythmisches Klatschen und Fußboden-Trampeln erwirkten 3 Zugaben.

Beim ersten Konzert-Teil bis zur Pause in Weiß, und dem zweiten in schwarzem Outfit gekleidet – mit der Violistin Cecilia Crisafulli in Rot -, brillierte das Orchester facettenreich mit folgenden Songs: Nach dem einleitenden Musikstück „Heute Nacht oder nie“ und „Du bist meine Grata Garbo“ (von 1930) sowie I’m Singin in the Rain“ (mit MR-Pfeifen, nicht als Big Band und mit Gene Kelly) und „Bei mir bist du schön“, erläuterte der Star des Abends Max Raabe (MR) inhaltlich-„fachmännisch“ den klassischen Titel „Veronika, der Lenz ist da“ (1930): Um die Titel des PO-Abends zu verstehen, deutete Raabe das Gesungene inhaltlich. Er erklärte, dass es bei den Musikstücken des PO um „Wie findet man sich – wie wird man sich wieder los“ gehe.

Titel wie „Man sagt zu einer Dame nicht beim ersten Mal ‚komm mit’“, „Ich küsse ihre Hand, Madame“ (1928; Klavier plus MR), „This Foolish Things“ und „Mir ist so nach Dir“ bildete die Brücke zu „Wenn die Elisabeth“: Es gehe um die unterschiedlichen Lebensformen von Mann und Frau, die weibliche Anatomie („nicht so schöne Beine“) beim Titel, lehrte Raabe.

Liebeslieder seien „sehr beliebt“, konstatierte MR: Über ein „Liebeslied“ und „“Wer weint heut’ aus Liebe tränen“ kam der Titel „All God’s Children“ (1935) zu Gehör: Liebe zum Swing ist der jazzige Musik-Inhalt. Mit „Du bist nicht die Erste“ („aber meine Letzte könntest du sein (…); alles Violine) und „Rosa, reizende Rosa“ (1932, Passo Double).

Nach der PAUSE (mit Outfit in Schwarz) folgten Titel wie „Song of Mandaly“, „Tango Ballade“ das Abschiedslied „Wenn du von mir fortgehst“.

„Dream al Little Dream of Me“ war ein weiterer Höhepunkt des Abends: von Louis Armstrong gesungen – siehe “bebildert“ in you tube: http://www.youtube.com/watch?v=R-xzfwDAn1I – mit Ella Fitzgerald & Louis: http://www.youtube.com/watch?v=io0uqrp9dco&NR=1

Über „DU DU DUDL DU DU“, Duerme“, „Meine süße kleine Freundin“, „Hör mein Lied Violetta“ und „Over My Shoulder“ sowie „Dort tanzt LU-LU“ ging’s zum „Abschiedskuss“ in der „Zugabe“.

Wie kann man den Esprit und die Dynamik eines Konzert-Abends des Palast Orchesters mit seinem bekannten Leiter virtuos dokumentieren? Fotografieren war beim Auftritt des Max RAABE & PALAST ORCHESTER am 09.11.09 in der Alten Oper in Frankfurt nicht erlaubt. Max Raabe (* 12.12.1962 in Lünen) live zu erleben, war der Konzert-Besuch von „Heute Nacht oder nie“ (Tournee 2009) in Frankfurt wert. Am 16. April 2010 ist ein Auftritt in Gießen (Kongresshalle) vorgesehn.

Der Sänger Max Raabe brilliert im Stimmfach Bariton, und mit speziellen Evergreens – gesungen im Stil der 1920er und 1930er Jahre – konnte der Sänger, Entertainer und Schauspieler in der Nachfolge der Comedian Harmonists Aufsehen erregen. Raabes Bühnenpräsenz wird als „minimalistisch, lakonisch und formvollendet“ beschrieben. Er entwickelte einen spezifischen Gesangs-Stil, bei dem seine Stimme als „körperlos“ und in „vollkommener Klarheit“ wahrgenommen werde, heißt es. Sein Repertoire umfasst im wesentlichen deutschsprachige Lieder aus der Zeit und im Stile der 20er-Jahre. Typisch ist Raabes Gebärden- und Mienenspiel: unverkennbar ausdrucksvoll und überzeugend ist die Mimik zu den Songs, die es einzufangen galt.

Der Mitbegründer sowie Leiter des Palast Orchesters in Berlin hat seine ersten Gesangs-Erfahrungen im Kirchenkinderchor seiner Heimatgemeinde Lünen erfahren; auch in der Kantorei seiner Schule. Er besuchte das Clemens-Hofbauer-Kolleg, ein Internat des Erzbistums Paderborn. 18-jährig zog M.R. nach Berlin, wo er erste Gesang-Stunden mit verschiedenen Gelegenheitsarbeiten finanzieren konnte. Ab 1988 studierte er 7 Jahre lang Gesang an der Hochschule der Künste (HUK), die er als staatlich geprüfter Opernsänger (Bariton) 1995 verließ.

Schon 1988 gründete er mit Freunden das Palast Orchester, das Chansons und Lieder im Stil der 1920er und 1930er Jahre aufführte. Positiv auf sich aufmerksam machte er 1992 mit der Solo-Einlage von „Unter den Pinien von Argentinien“ vor geschlossenem Vorhang in einer Peter Zadeks Inszenierung „Der Blaue Engel“ im Theater des Westens. 1994 wurde Raabe erstmals einem größeren Publikum bekannt: Auftritt in der Film-Komödie „Der bewegte Mann“; gemeinsam mit dem Palast Orchester. Zwei Jahre später folgte sein erstes Engagement als Film-Darsteller in der Rolle des Attila im Fernsehfilm „Charleys Tante“.

Neben den Tourneen und Ball-Auftritten mit dem Palast Orchester ist Max Raabe auch immer wieder solistisch zu hören, wobei er auch eigene Kompositionen vorträgt. Raabe trat auch in einigen klassischen Produktionen auf: 1994 als Dr. Siedler in der Berliner Inszenierung der Geschwister Pfister (Leitung: Ursli Pfister) von Ralph Benatzkys Operette „Im weißen Rössl“. Als Solist in einer Aufführung von Carl Orffs „Carmina Burana“ in Berlin und 1999 als Mackie Messer in einer CD-Produktion von Bertolt Brechts „Die Dreigroschenoper“ (mit Nina Hagen und HK Gruber).

Hit "Kein Schwein ruft mich an"

Im Film von Werner Herzog "Invincible" haben Max Raabe einen Conférencier und das Palastorchester ein Varietéorchester gespielt. Mit unvergleichlich charmanten und humorvollen Evergreen-Interpretationen von Max Raabe – auch auf Open-Air-Bühnen -, sind viele Konzertbesucher in den optischen und akustischen Genuss des Palast-Orchesters gekommen. Sie konnten erleben, mit welcher Leichtigkeit Raabe und seine 12 Musiker ihre Stücke vorgetragen haben; mit durchscheinender feinster Ironie. Dabei kann sich Max Raabe mit viel Charme und Selbstironie „schmachtend in die Höhen eines Tenors aufschwingen oder spielerisch in satte Bässe abtauchen“ (New York Times).

Im Jahr 1992 wurde die erste Eigenproduktion von Max Raabe zum bisher größten Hit. "Kein Schwein ruft mich an": Eigentlich als Jux gedacht, entpuppte sich in kürzester Zeit der Song als eine Art "Volkslied". Das Stück begeistert auch meine 4jährige Enkelin. Und man liest: „Kinder singen es zum Entsetzen ihrer Eltern, Großeltern zum Entsetzen ihrer Kinder“. Vier Jahre zuvor wurde das Palast Orchester mit seinem Sänger Max Raabe gegründet; in einer Nordberliner Pizzeria.

Neben dem Star-Chansonnier brilliert das PO mit unbeirrbarer Rhythmusgruppe (Klavier, Gitarre, Bass, bzw. Susaphon und Schlagzeug), vier butterweichen Saxophonen (bzw. Klarinetten) und 2 Trompeten und einer Posaune (Blechbläsersatz des PO). Die letzte Finesse - sowohl in klanglicher als auch in optischer Hinsicht - ist die Violinistin (momentan Cecilia Crisafulli).

Im Jahr 2005 trat er erstmals in der New Yorker Carnegie Hall auf. Bei wikipedia ist zu lesen, dass Raabe am 13. Juni in Hahnenklee den Paul-Lincke-Ring der Stadt Goslar erhalten hat und im Dezember desselben Jahres sorgte er für die musikalische Untermalung bei der Hochzeit von Marilyn Manson und Dita Von Teese. 2006 übernahm Raabe eine Synchronstimme im Animationsfilm "Die Rotkäppchen-Verschwörung" neben Smudo, Sarah Kuttner und Jan Delay.

Max Raabe hat zahlreiche Lieder im Stil der 1920er und 1930er Jahre geschrieben, deren Texte und Arrangements an Lieder der Gruppe „Commedian Harmonists“ erinnern. Bekannt sind Lieder wie: „Kein Schwein ruft mich an“ und „Mein kleiner grüner Kaktus“ (1992), „Klonen kann sich lohnen“ (2002).
Das Palast Orchester (P.O.) veröffentlicht in unregelmäßigen Abständen Alben. Max Raabe (M.R.) & das P.O. coverten auch verschiedene Lieder aus anderen Musikrichtungen: Pop, Dance, Rock, Hip-Hop. Songs passte man dem eigenen Musik-Stil an. In der Alten Oper verzichtete Raabe auf derartige Songs. Eine DVD mit 3 DVDs (Das Konzert - Spezial - Audio CD / Bonus Tracks) zum Konzert LIVE in Berlin (M. Ballhaus) wird für 25 Euro verkauft.

Mehr zu M.R. & P.O. und eine Auswahl der Alben, über Filme/Dokumentationen, Quellen & Web-Links in http://de.wikipedia.org/wiki/Max_Raabe
Hier you tube Video-Aufzeichnungen:

„Kein Schwein ruft mich an“ (1995)
http://www.youtube.com/watch?v=cN1LCow_BQU&feature...

„Mein kleiner grüner Kaktus“ (2006 live)
http://www.youtube.com/watch?v=qB1_DDv7iF0

„Ein Freund, ein guter Freund“ (Trio-Gesang - 2006 live – M.R. mit Peter Lohmeyer & Heino Ferch und P.O.)
http://www.youtube.com/watch?v=4aDKhcsJNJA&feature...

„Eine kleine Konditorei“ (2003 / 1928)
http://www.youtube.com/watch?v=CqVrp1wA_Jk&feature...

„Wenn der weiße Flieder wieder blüht“ (1995)
http://www.youtube.com/watch?v=Axup79QgIyU&feature...

Viel Spaß!

Patrick Bahners (FAZ) schrieb 2008 (12.04.) in einem Artikel „Die ist kein Liebeslied“ über Max Raabes Kunst:
"Heute Nacht oder nie" (…) Max Raabe aber gleitet einfach hinein in dieses Lied, als käme er auf Schlittschuhen über die Milchstraße herbeigesegelt. (…) Er lässt den Ton anschwellen, verschafft ihm eine Resonanz ohne Körperlichkeit, ohne jedes Zittern oder Wimmern, ohne jede Ahnung eines Schepperns. Ist das überhaupt Musik? Es ist reine, organische, übergangslose Lautstärkeregelung. Ein Gesang ohne Rhythmus und Dynamik, also ohne das, was die Bläser des Palastorchesters in prächtigstem Überfluss produzieren.“

„Es ist nicht falsch und führt doch in die Irre, die Auftritte des Palastorchesterleiters als mechanisch zu beschreiben. Der Mann im Frack hat sich dem Automaten der romantischen Phantastik anverwandelt, sogar das Markenzeichen seines mimischen Minimalismus, das Hochziehen der linken Augenbraue, setzt er nur noch äußerst selten ein (…).“

„Wenn Max Raabe in ‚Du bist nicht die Erste’ von Walter Jurmann (bei den meisten Liedern sagt er den Komponisten und den Dichter an) ‚den gewissen Zauber’ beschwört, dann ist alle Mystifikation fern, dann gelingt ihm ein Ausdruck vollkommener Klarheit, obwohl die Zeit weiterläuft. Das Schönheitsideal, das hier besungen wird, ist die Geheimnislosigkeit. Es ist das Ideal, das Max Raabes Liedkunst selbst verkörpert in ihrer unheimlich unkörperlichen Art.“

In der SZ äußerte Raabe (Interview):

SZ: Wie treffen Sie mit ihren Schlagern aus den zwanziger und dreißiger Jahren den breiten Geschmack?

Raabe: Vermutlich, weil das, was ich tue, nicht aufgesetzt ist, sondern authentisch. Die Musik muss man ernst nehmen. Selbst ein Stück wie ,,Mein kleiner grüner Kaktus‘‘ bringt größere Wirkung, wenn man es musikalisch präzise spielt. Außerdem achte ich auf Textverständlichkeit.

Damit habe ich die Möglichkeit, einen Satz ernsthaft zu singen, und wenn ich eine Verzögerung beim zweiten Satz oder eine unschuldige Tongebung bringe, kann das etwas ganz Böses oder sehr Ironisches bekommen.

(Mehr: http://www.sueddeutsche.de/muenchen/742/369557/tex... (mit Bildergalerie) – „Klonen kann sich lohnen“ v. 18.06.07)

Bürgerreporter:in:

W. H. aus Gladenbach

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