„2014 werden wir unsere Position als der Wirtschaftsstandort im Landkreis Augsburg ausbauen“ - Gersthofens Bürgermeister Jürgen Schantin blickt auf das Jahr zurück und wagt eine Prognose für 2014

Bürgermeister Schantin vor seinem Büro im Rathaus (Foto: Stadt Gersthofen)
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  • Bürgermeister Schantin vor seinem Büro im Rathaus (Foto: Stadt Gersthofen)
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2013 war ein aufregendes Jahr für Gersthofen: Bahnhof, Neue Mitte und Kinderbetreuungsplätze sind nur einige der Themen, zu denen mh bayern Bürgermeister Jürgen Schantin befragte.

mh bayern: „Verantwortlich ist man nicht nur für das, was man tut, sondern auch für das, was man nicht tut.“ – Beim Neujahresempfang zitierten Sie Laotse. Wenn Sie nun auf das Jahr 2013 zurückblicken, wofür sind Sie in diesem Jahr verantwortlich?

Jürgen Schantin: Als Bürgermeister trage ich Mitverantwortung für die sehr positive Entwicklung der Gewerbeansiedlungen, des Gewerbesteueraufkommens und des weiteren Ausbaus der Kinderbetreuung in unserer Stadt. Bei manchen Maßnahmen, die wir im Jahr 2013 verwirklicht haben, wäre es notwendig gewesen, auch Probleme und Etappenziele deutlicher zu vermitteln und die betroffenen Bürgerinnen und Bürger besser mitzunehmen. Das will ich künftig noch intensiver machen.

mh bayern:Seit circa einem Jahr besteht nun der neue Internetauftritt der Stadt Gersthofen, dessen Ziel es war, dass die Bürger mehr Informationen bekommen und weniger Behördengänge tätigen müssen. Wurde das Vorhaben erreicht?

Jürgen Schantin: Aus meiner Sicht ist das Vorhaben erreicht worden. Die Bürger bekommen mehr Informationen, unser Internetauftritt ist sehr viel umfangreicher, wird insgesamt, aber gerade in den Bereichen „Aktuelle Mitteilungen“ und den Veranstaltungshinweisen, ständig aktualisiert und von den Bürgern zunehmend besucht. Im Monat November hatten wir knapp 60.000 Zugriffe.

Was die Behördengänge betrifft, war uns der Bereich „Rathausservice“ beim neuen Internetauftritt besonders wichtig. Hier finden die meisten Zugriffe statt.
Der umfangreiche Behördenwegweiser informiert auch über Aufgaben, für die die Stadtverwaltung nicht zuständig ist, und kann dadurch auch unnötige Wege ersparen. „Mit der Maus ins Rathaus“ wird von den Bürgern in Anspruch genommen, soweit der Gesetzgeber dies zulässt. Die Kontaktformulare an Mitarbeiter der Stadtverwaltung werden häufig genutzt. Vorgänge können auch auf diesem Wege und außerhalb der Öffnungszeiten von zu Hause aus erledigt werden.

Darüber hinaus sammeln wir zahlreiche Wünsche unserer Bürgerinnen und Bürger, die sich über den Kontaktbutton direkt an mich wenden, um unsere Webseite anzupassen. Pünktlich zum 1. Geburtstag wurden neue Inhalte freigeschaltet wie etwa der Grußkartenservice oder die Möglichkeit, Veranstaltungen aus dem Onlinekalender direkt in den eigenen Kalender zu importieren oder die Termine als pdf-Datei auszugeben.

mh bayern: Im Februar sind Sie aus der CSU ausgetreten. Hat sich dadurch die Zusammenarbeit im Stadtrat verändert? Wie sehen Sie Ihre Chancen für Ihre erneute Wiederwahl als Bürgermeister, wenn Sie 2014 als parteiloser Kandidat antreten werden?

Jürgen Schantin: Mein Austritt aus der CSU war in gewisser Hinsicht eine Befreiung für mich, da ich mich sehr oft solidarisch mit der CSU-Meinung verhalten habe, auch wenn meine persönliche Ansicht eine andere war. Ich kann heute meine Positionen sehr viel deutlicher vertreten, was sich auch an den von mir gestellten Haushaltsanträgen zu den Themen Barrierefreiheit, sozialer Wohnungsbau, öffentlicher Personennahverkehr und integrative Kinderbetreuung zeigt. Die Zusammenarbeit im Stadtrat hat sich nach einer sehr schwierigen Phase inzwischen wieder versachlicht.

Was die Wahl betrifft, ist festzustellen, dass es sich um eine Persönlichkeitswahl handelt. Ich bin überzeugt, dass die Gersthoferinnen und Gersthofer auch die positiven Entwicklungen der letzten Jahre gerade im sozialen und gewerblichen Bereich sehen und würdigen.
Zudem hat mich meine Wählergruppierung W.I.R. mit einem großartigen Ergebnis zum Bürgermeisterkandidaten nominiert, so dass ich gestärkt in den Wahlkampf ziehen kann.

mh bayern: Mitten in Gersthofen klafft nach wie vor ein großes Loch. Warum ging 2013 an dieser Stelle nichts vorwärts? Wurde sonst für die Entwicklung von Gersthofens Mitte in diesem Jahr etwas erreicht?

Jürgen Schantin: Das angesprochene Grundstück im Zentrum von Gersthofen ist in Besitz eines privaten Investors. Ende 2012 fanden zuletzt Gespräche zwischen Politik und Investor statt, die aber zu keinem Ergebnis führten. Aufgrund eines noch gültigen Eckdatenbeschlusses des Stadtrats vom Februar 2012 sieht der Investor derzeit keine wirtschaftliche Umsetzung seines Projektes. Stadtrat und Investor müssen sich aufeinander zubewegen, um das für Gersthofen wichtige Projekt voranzubringen. Ich rege hier eine Mediation an, damit die Beteiligten wieder miteinander ins Gespräch kommen.

Die Verwaltung der Stadt Gersthofen entwickelte die Planungen für das Zentrum, basierend auf den Ergebnissen der Mehrfachbeauftragung des Jahres 2012, zur Stadtmitte weiter. Unterstützt wird das Stadtbauamt hier durch den Gewinner der Mehrfachbeauftragung, dem Büro Morpho-Logic aus München. Darüber hinaus finden auch Gespräche mit den Eigentümern des City-Centers über die bauliche Entwicklung entlang der Bahnhofstraße statt. Konkrete Ergebnisse liegen aber derzeit nicht vor.

mh bayern: Ein Dauerbrenner ist auch das Thema Bahnhof. Der Bau für den Park-and-ride-Platz hat begonnen, 2014 soll es weitergehen mit der Umgestaltung des Areals. Wie dringlich ist für Sie diese Angelegenheit und was soll im nächsten Jahr angepackt werden?

Jürgen Schantin: Die Fertigstellung des Park-and-ride-Platzes bis Mitte Dezember 2013 und der darauf folgende weitere Bauabschnitt eines behindertengerechten Zugangs zu den westlichen Bahnsteigen sind die ersten baulichen Maßnahmen im Bereich des Bahnhofs. Die Geschwindigkeit, in der der Park-and-ride-Platz fertiggestellt wurde, zeigt, wie wichtig dieses Thema für mich ist.

Derzeit ist die Verwaltung durch den Rat der Stadt beauftragt, die Planungen des Architekten Wunderle sowie der Freiraumplaner Keller-Damm-Roser aus München weiter zu verfolgen. Hierzu wird eine naturschutzfachliche Beurteilung sowie eine Stellungnahme für das Areal vorbereitet. Ebenso wird der Abriss des Bahnhofsgebäudes in die Wege geleitet.

mh bayern: Gersthofen verfügt über Rücklagen in Höhe von rund 50 Millionen Euro, gleichzeitig stehen viele Großbauprojekte an. Der Neubau der Mittelschule ist nur eines davon. Wie hoch sind voraussichtlich die Kosten bei diesem Projekt? Soll das Geld in weitere Projekte, zum Beispiel in die Bädersanierung, investiert werden?

Jürgen Schantin: Die Kosten für den Neubau der Mittelschule werden mit 22,5 Mio. Euro veranschlagt. Hinzu kommen 6,6 Mio. Euro für eine neue Dreifachturnhalle mit Tribüne, die insbesondere unseren Sportvereinen ganz neue Möglichkeiten bieten wird. Die Kosten für die neuen Proberäume der Musikvereine, die wegen des Wegfalls der bisherigen Proberäume in der alten Mittelschule notwendig sind, werden 2,5 Mio. Euro betragen.

Bei der Bädersanierung gibt es mehrere Denkmodelle. Für eine Sanierung der bestehenden Bäder werden rund 6,1 Mio. Euro veranschlagt. Bei einer Sanierung des Freibades und des Hallenbades mit einer Attraktivitätssteigerung der Bäder fallen 7,4 Mio. Euro an Kosten an. Wenn ein Hallenbad auf dem Gelände des Freibades verwirklicht wird (Kombibadlösung), fallen je nach Ausführung 13 bis 14 Mio. Euro an. Ein Bau eines Kombibades an einem neuen Standort würde Kosten von 23 Mio. Euro verursachen.

Ich rechne mit einem konkreten Ergebnis bzw. Vorschlag für ein Bäderkonzept aus dem dafür gegründeten Arbeitskreis bis Ende des 1. Quartals 2014.

mh bayern: Gersthofen ist ein Wirtschaftsstandort. Was macht Gersthofen in Sachen Gewerbepolitik richtig? In welchen Punkten können die umliegenden Kommunen von Gersthofen noch lernen? Können Sie eine Prognose für 2014 geben?

Jürgen Schantin: Es steht mir nicht zu, andere Kommunen zu belehren.
Wir sehen uns in Gersthofen als Dienstleister, der Unternehmen optimale Standortbedingungen bietet und die Unternehmen von der ersten Anfrage an intensiv begleitet. Dadurch stellen wir sicher, dass ansiedlungswillige Unternehmen die erforderlichen Genehmigungen sehr schnell bekommen. Hier werden wir auch durch die Landkreisverwaltung optimal unterstützt. Selbstverständlich haben wir für die bereits bei uns ansässigen Unternehmen immer ein offenes Ohr, was sicher auch zur Zufriedenheit mit dem Gewerbestandort Gersthofen beiträgt und Unternehmen in Gersthofen hält.

Für 2014 bin ich sehr optimistisch, dass wir unsere Position als der Wirtschaftsstandort im Landkreis Augsburg nicht nur behaupten, sondern sogar ausbauen werden.

mh bayern: Der Gersthofer Müllberg soll dauerhaft geöffnet werden und zum Freizeitgelände werden. Gibt es schon konkrete Pläne?

Jürgen Schantin: Mit der Öffnung des Müllberges für die Öffentlichkeit geht ein lang gehegter Wunsch vieler Bürgerinnen und Bürger aus Gersthofen und Augsburg in Erfüllung. Der Stadtrat wird sich am 18. Dezember mit dieser Frage beschäftigen. Konkret geht es darum, die bereits renaturierten Bereiche der Deponie zu öffnen. Hierfür sind einige Sicherheitsmaßnahmen in baulicher Hinsicht erforderlich, die Geld kosten. Im Haushaltsplanentwurf für 2014 sind hierfür 225.000 Euro vorgesehen. Eine Nutzung für Mountainbiker oder Skifahrer ist allerdings aktuell nicht möglich.

Ebenso wichtig ist, dass wir noch in diesem Jahr die Grundlage für die Schaffung eines gemeinsamen Wertstoffhofes der Städte Augsburg und Gersthofen auf dem Gelände der Deponie Augsburg-Nord schaffen, der an sechs Tagen in der Woche geöffnet sein wird und damit ein landkreisweit einzigartiges Modell darstellt. Den Wertstoffhof an der Jenaer Straße können wir, was die Anwohner sicher freuen wird, aufgeben. Ich stelle mir als künftige Nutzung hier einen Generationengarten vor.

mh bayern: Anfang des Jahres schien es noch so, dass es in Gersthofen genug Krippenplätze gäbe. Überraschend war jedoch die sehr große Nachfrage nach Betreuungsplätzen in der Kindertagestätte am Ballonstartplatz. Wie ist die derzeitige Kinderbetreuungssituation in Gersthofen? Kann der Neubau am Ballonstartplatz wie geplant im Januar 2014 eröffnet werden?

Jürgen Schantin: Wir verzeichnen in Gersthofen erfreulicherweise einen stetigen Zuzug von kinderreichen Familien im Baugebiet „Am Ballonstartplatz“, womit eine steigende Nachfrage nach Kinderbetreuungsplätzen einhergeht.

Zum neuen Kindergartenjahr im September 2013 konnten wir allen Eltern, die einen Betreuungswunsch für ihre Kinder hatten, einen Platz anbieten. Wir haben aus diesem Grund vorausschauend auch nicht gewartet, bis der Neubau steht, sondern kurzfristig die Aufstellung von Containern organisiert.

Im Januar 2014 finden die Neuanmeldungen für das Kindergartenjahr 2014/15 statt. Die Anmeldezahlen werden zeigen, ob die Betreuungsplätze in Gersthofen mit dem Neubau am Ballonstartplatz ausreichen werden oder ob wir in diesem Bereich weiter reagieren und handeln müssen.

Aufgrund von Ausschreibungs- und Vergaberichtlinien sowie konjunkturabhängigen Faktoren können wir den für das Frühjahr 2014 geplanten Eröffnungstermin der neuen Kindertagesstätte nicht einhalten. Es wird allerdings mit Nachdruck daran gearbeitet, dass der Neubau am Ballonstartplatz so schnell wie möglich in Betrieb gehen kann.

mh bayern: W.I.R. und Sie wollen eine Realschule in Gersthofen. Ein Wunsch, der nicht wirklich neu ist. Pro Gersthofen möchte zwar auch eine Realschule, kritisiert jedoch den Zeitpunkt der Unterschriftenaktion kurz vor den Kommunalwahlen. Was sagen Sie zu dieser Kritik?

Jürgen Schantin: Diese Kritik weise ich entschieden zurück. Jede im Stadtrat vertretene Partei bzw. Fraktion hätte jederzeit die Möglichkeit gehabt, sich dieses Themas noch einmal aktuell anzunehmen. W.I.R. hat es eben zu diesem Zeitpunkt getan.

Am 14. November wurde unser Petitionsantrag im Bayerischen Landtag behandelt. Der Antrag auf Errichtung einer Realschule in Gersthofen wurde zuständigkeitshalber an den Landkreis Augsburg als Sachaufwandsträger weitergeleitet. Für unsere Gruppierung W.I.R. war es wichtig, dass uns in München von Vertretern des Bayerischen Kultusministeriums eine mögliche Lösung aufgezeigt wurde. Erfreulicherweise war sich auch der Stadtrat bei den Haushaltsplanberatungen für das Jahr 2014 einig, dass ein erneuter Vorstoß für eine Realschule in Gersthofen beim Landkreis Augsburg unternommen werden soll.
Die entsprechenden Beschlüsse sind zwischenzeitlich gefasst.

Mit dieser Geschlossenheit werde ich zuversichtlich in die Verhandlungen mit dem Landkreis Augsburg gehen.

mh bayern: Vielen herzlichen Dank für das Interview, Herr Schantin!

Bürgermeister Schantin vor seinem Büro im Rathaus (Foto: Stadt Gersthofen)
Als Bürgermeister hat man nicht nur viele Auswärtstermine und Besprechungen, auch die Schreibtischarbeit will gemacht werden (Foto: Stadt Gersthofen)
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Tanja Wurster aus Augsburg

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