Gedanken und Grüße zum Abschied

Symbolische Darstellung der PG Gersthofen. Blau ist die Farbe Marias und rot steht für den Apostel Jakobus. Die gemeinsame Mitte, die alle zusammenhält, ist Christus.
  • Symbolische Darstellung der PG Gersthofen. Blau ist die Farbe Marias und rot steht für den Apostel Jakobus. Die gemeinsame Mitte, die alle zusammenhält, ist Christus.
  • hochgeladen von Ralf Gössl

Liebe Gersthoferinnen und Gersthofer,

aus gesundheitlichen Gründen habe ich unseren Bischof gebeten, meinen Dienst in Gersthofen beenden zu dürfen. Mit dem Ablauf des 14. März wird er meinen Amtsverzicht annehmen. Ein normales Abschiednehmen ist zurzeit wegen der Corona-Pandemie nicht möglich. Deshalb habe ich darum gebeten, auf eine eigene Feier zu verzichten. Schließlich gibt es heute auch viele andere Möglichkeiten, um Dank zu sagen und Abschied zu nehmen.

Da ich ein Mensch bin, den nüchterne und schlichte Kirchengebäude sehr beeindrucken, haben mich die beiden Pfarrkirchen unserer Pfarreiengemeinschaft immer stark angesprochen. St. Jakobus ist ganz auf den gekreuzigten Jesus im Altarraum ausgerichtet, hinter dem symbolisch die Ostersonne aufgeht. In Maria, Königin des Friedens öffnet sich im Osten eine große Fensterwand dem Licht und weitet dadurch ohne eine zusätzliche bildliche Darstellung den Blick auf Christus, das Licht der Welt. In dieser Konzentration beider Kirchen auf Jesus Christus wird sichtbar, was mir als Priester in meiner eigenen Spiritualität und auch bei meinem Dienst immer wichtig war und ist: selber aus der Beziehung zu Jesus zu leben und den Menschen dabei zu helfen, ihren eigenen Weg mit Jesus zu gehen.

Es ist schön, dass unsere Kirchengebäude Räume sind, die Menschen zum Gottesdienst, zum persönlichen Gebet oder ganz einfach zu einer Verschnaufpause einladen. Gleichzeitig aber hängt der Glaube selber nicht an diesen Bauwerken. Der Glaube lebt vielmehr in den Herzen der einzelnen Menschen und er kann durch diese Menschen hindurch sichtbar, hörbar und erlebbar werden. In Dankbarkeit denke ich an alle, die in unseren Kirchen die Gottesdienste mitfeiern und das Leben der Gemeinde mittragen. Mir war es immer wichtig, den einzelnen Leuten und Gruppen unserer Pfarreiengemeinschaft eine große Freiheit zu lassen, damit möglichst viel und bunt wachsen kann. Schließlich brauchen wir keine eintönige Kirche, sondern eine vielfarbige und lebendige Gemeinschaft um Jesus. Ich habe mich immer darüber gefreut, wenn ich sehen durfte, dass nicht alles am Pfarrer hängt und möglichst viele Leute von selber Initiative ergreifen und ihre Begabungen entfalten. Genauso dankbar bin aber auch für ganz viele Menschen, die in den Statistiken nicht oder nur selten auftauchen, die ihre ganz persönlichen Glaubenswege gehen oder auf ihre Weise auf der Suche sind. Es war mir immer wichtig, auch die Menschen, die mit den „offiziellen“ Wegen der Kirche nicht mitgehen können oder wollen, zu sehen und für ihre Glaubens- und Lebenswege offen zu sein.

Wir spüren, dass wir in einem großen gesellschaftlichen Veränderungsprozess stehen, der sich natürlich auch auf die Kirche auswirkt. Deshalb ist es wichtig, dass die Frohe Botschaft nicht an den Kirchenmauern Halt macht oder in den Schränken der Sakristeien eingesperrt wird. Der Glaube soll mitten im Leben der Menschen sichtbar und spürbar werden. Im Hinblick auf unsere Pfarreiengemeinschaft erfüllt mich ein großes Vertrauen. Es gibt hier so viele Frauen und Männer, Kinder und Jugendliche, die ihre Berufung als Christinnen und Christen leben und dadurch das Leben der Gemeinde bereichern. Neben den altbewährten Ausdrucksformen des Glaubens ist auch ganz viel Phantasie da, für neue Formen und ungewohnte Wege offen zu sein. Zusätzlich zu den normalen Wegen der Seelsorge tun sich heute auch über die modernen Kommunikationsmittel und sozialen Netzwerke viele neue Möglichkeiten auf. Deshalb war ich seit über zehn Jahren gerne auf myheimat tätig und habe mich auch darüber gefreut, wenn einzelne Artikel in der Printausgabe veröffentlicht wurden. Für mich ist das wie ein moderner Marktplatz, auf dem ich die Chance habe, unterwegs zu sein und von dem zu erzählen, was mir selber vom Glauben her wichtig ist. Ich hoffe, dass ich damit einzelnen Leuten helfen und sie über die Angebote unserer Pfarreiengemeinschaft informieren konnte.

Nicht verschweigen möchte ich, dass mein Weg nicht immer leicht gewesen ist. Ich bin ein zurückhaltender, sehr sensibler und konfliktscheuer Mensch. Deshalb ging mir auch vieles sehr nahe und ich tat mich schwer, zu sagen, wenn mir was zu viel wurde. Da ich meinen Dienst immer sehr gerne tat, ignorierte ich zu lange mehrere Warnzeichen von Körper und Seele. In den letzten beiden Jahren spürte ich aber immer deutlicher, dass ich nicht mehr die nötige Kraft habe, Pfarrer einer großen Pfarreiengemeinschaft zu sein. Gleichzeitig wurde auch die Sehnsucht nach einem Dienst stärker, bei dem ich nicht „Chef“ sein und Leitungsverantwortung tragen muss, einem Dienst, in dem ich einfach Seelsorger sein darf. In den nächsten Monaten werde ich eine Sabbatzeit machen und darauf schauen, dass ich gesundheitlich wieder in eine bessere Richtung komme. Erst danach werde ich zusammen mit den Verantwortlichen unserer Diözese überlegen, wo und wie ich wieder als Priester für die Menschen da sein kann.

Es ist mir ein wichtiges Anliegen, Danke zu sagen. Ich danke allen, die im Gebet und im persönlichen Einsatz unsere Pfarreiengemeinschaft mittragen und unterstützen. Ebenso danke ich allen, die sich in unserer Stadt in den verschiedenen Bereichen des sozialen, gesellschaftlichen und politischen Lebens engagieren. Dabei denke ich auch an alle, die für ihre Mitmenschen in den unterschiedlichsten Notlagen da sind und oft fern vom Rampenlicht der Öffentlichkeit Hilfsbereitschaft und Nächstenliebe leben.

Ich denke beim Abschied auch an alle, deren Erwartungen ich nicht erfüllt habe. Als Priester bin ich Gott sei Dank auch nur ein normaler Mensch, der nicht aus seiner Haut herauskann und der auch seine Grenzen hat. Wenn ich aber jemand verletzt habe oder etwas schuldig geblieben bin, bitte ich dafür um Entschuldigung!

Es freut mich, dass am 15. März Pfarrer Markus Dörre seinen Dienst in unserer Pfarreiengemeinschaft beginnen wird. Ihm und allen in Gersthofen wünsche ich viel Vertrauen, alles Gute und den Segen Gottes für den Weg in die Zukunft.

Im Gebet werde ich weiterhin an die Menschen in unserer Pfarreiengemeinschaft und in unserer Stadt denken.

Herzliche Grüße

Pfarrer Ralf Gössl

Bürgerreporter:in:

Ralf Gössl aus Gersthofen

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