Das Leben auf die Kirche ausgerichtet

Hieler vor "Maria Königin des Friedens"
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Als „Opfer“ haben wir Friedrich Hieler, Mesner der Kirche „Maria Königin des Friedens“ (MKdF) auserkoren. Der rüstige Endfünfziger betreut seit einem Jahr die Kirche. Wenn erforderlich unterstützt er den Mesner von St.Jakobus und auch bei der Kapelle St. Emeram kann man ihn zuweilen antreffen. Ehepaar Hieler, seit 24 Jahren wohnhaft in Gersthofen, bewohnt mit einem der beiden Söhne eine Doppelhaushälfte im Westen Gersthofens. Dort trifft man sich zum Interview.

Die erste Frage zielt auf den Arbeitsumfang eines Mesners ab. Er ist überraschend groß. Am besten ließe sich ein Mesner –mit eigenem Berufsbild- als „Mädchen für alles“ umschreiben. Angefangen von der Mitwirkung an Gottesdiensten, deren Vorbereitung, Instandhaltung des Kirchengebäudes und dazugehöriger Außenanlagen, Säubern der Kirche, Herrichten der Bestuhlung bis zur Pflege der Messgewänder; das alles und noch anderes mehr umfasst das Arbeitsspektrum eines Mesners. Für Menschen mit zwei linken Daumen nicht unbedingt das Richtige. Auch Spätaufsteher sollten diesen Beruf meiden. An Kirchenfesten wie Ostern, Pfingsten und Weihnachten hat Hieler Hochsaison. Er ist zumeist der Erste, der die Kirche betritt und der Letzte, der sie verlässt. Dazu gehört schon eine gehörige Portion Idealismus und natürlich eine starke Beziehung zum katholischen Glauben. Hier war die frühe Ministrantentätigkeit sehr hilfreich. Eine gute technische Einweisung durch den früheren Mesner Reinhold Harder, intensive Schulung durch den St. Jakobus-Mesner Erwin Groß und ein 3-wöchiges Praktikum bei der Pfarrei St. Georg in Augsburg gaben das nötige Rüstzeug mit. Im Übrigen war „Learning by Doing“ angesagt.

Apropos St. Jakobus. Wie kommt Hieler mit der Großpfarrei zurecht? Er meint, dass die beiden Pfarreien gut zusammen gewachsen sind, obgleich es immer noch einige kritische Stimmen gibt. Er lobt ausdrücklich die gute Zusammenarbeit mit dem Pfarrbüro. Trotzdem kann er sich noch eine Verbesserung zwischen Kirche und „Kirchenvolk“ vorstellen. Die Gottesdienstbesucher sollten die Messe intensiver mitfeiern, wie z. B. kräftig mitsingen und mehr Aufmerksamkeit den sakralen Handlungen widmen. Ein besonderer Dorn im Auge sind ihm kaugummikauende Gläubige. Der Mesner würde sich auch sehr freuen, wenn einige Helfer bei der Pflege der MKdF-Außenanlagen mitmachen würden.

Die zeitweise Betreuung von bis zu drei Kirchen und der flexible Einsatz für Vorbereitung und Durchführung von sakralen Handlungen wie z. B. Beerdigungen - da bleiben nicht viele Spielräume für persönliche Belange. “Unser Leben ist wirklich auf die Kirche ausgerichtet“, räumt der Mesner ohne eine Spur des Bedauerns ein. Er sieht sich selbst als ein KEM, auf neudeutsch „Katholischer Event-Manager“. Wenn das Bischof Mixa liest (Anmerkung des Interviewers...). Trotzdem bleibt noch Zeit für ein „Leben ohne Kirche“. Hieler liest gerne russische Literatur. Surfen im Internet macht ihm Spaß. Der gläubige Katholik kommt aber auch in seiner Freizeit nicht ohne Blick auf den Himmel los: er interessiert sich für die Astronomie. Außerdem fährt er gerne mit dem Fahrrad – man wird ihn allerdings nie im schwarzen Talar radeln sehen. „Da wäre die Nähe zu Don Camillo zu groß“, lacht er. Bei dem Interview wird übrigens viel gelacht. Das passt auch gut zu seinem Lebensmotto „Fröhlich sein, Gutes tun und die Spatzen pfeifen lassen“, das von dem Heiligen Don Bosco stammt. Dabei hört er die Spatzen am liebsten in seinem eigenen Garten; dort findet er Entspannung. Das Ehepaar ist gerne zuhause und verlässt ungern die heimischen Gefilde. Der Spruch „my home is my castle“ hat für beide große Bedeutung.

Wie organisiert der „Kirchenmann“ Hieler nun seine Arbeit? Kaum zu glauben – er kommt ohne Terminkalender aus, lebt dafür aber mit einer „Zettelwirtschaft“. Lediglich von seinem Chef, Monsignore Heinrich Weiß, kommt ein gut übersichtlicher Wochenplan. Ansonsten ist flexibles Reagieren angesagt, wenn z. B. eine plötzliche Beerdigung ansteht. Außerdem: ohne die tatkräftige Mithilfe seiner Frau Ilse würde nichts „gehen“. Sie hilft mit bei der Kirchenreinigung, Gartenpflege, Pflege der Messgewänder und und ....Hieler revanchiert sich dafür als Helfer im Haushalt. Mit Kochen hat er allerdings nichts im Sinn. Wie lange will er noch den „Job“ machen? „So lange es geht“, antwortet der rüstige Mesner. Er hofft nicht mehr arbeitslos zu werden. Er kennt das bittere Gefühl von seinem früheren Berufsleben als Lagerist in einem Elektrogroßhandel. Plötzlich stand er ohne Arbeit da. Nach langer Arbeitslosigkeit bewarb er sich als Seiteneinsteiger auf ein Stellenangebot in der Zeitung und ist nun mit Leib und Seele Mesner.

Das Interview neigt sich dem Ende zu. Hieler packt seinen Einsatzkoffer –Inhalt schwarzer Talar- und fährt zur Kirche MKdF Für den nächsten Gottesdienst gibt es noch was zu tun. Der Mann vom „gersthofer“ dankt für die Bereitschaft und freut sich, dass er „Kirche“ mal aus einem anderen Blickpunkt betrachten durfte.

Bürgerreporter:in:

Gerhard Fritsch aus Gersthofen

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