Netzwerker zwischen Vereinen, Stadt und Wirtschaft - Interview mit Gerardo Olita, Max Poppe und Florian Weiß vom Verein Lebendige Innenstadt Gersthofen

Gerardo Olita, Florian Weiß und Max Poppe (v.l.) (Foto: Verein Lebendige Innenstadt Gersthofen)
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  • hochgeladen von Tanja Wurster

Mit kulturina verbinden sicherlich viele Gersthofer schöne Erinnerungen. Welches Fazit die kulturina-Macher, Gerardo Olita, Max Poppe und Florian Weiß vom Verein Lebendige Innenstadt Gersthofen, ziehen und was sie darüber hinaus für das Wirtschafts- und Kulturleben in Gersthofen in diesem Jahr beitrugen, erzählten sie und im Interview.

mh bayern: Im Jahrbuch-Interview 2011 erwähnten Sie, dass Sie an einem neuen Konzept zum Gersthofer Fasching und zur Kirchweih arbeiten. Im Fasching hat sich mit der Narrenhalle in diesem Jahr ja bereits einiges getan. Wie waren die Reaktionen der Gersthofer? Wird die Narrenhalle eine feste Institution im Gersthofer Fasching?

Max Poppe: Gersthofen war und ist eine Faschingshochburg, Veranstaltungen wie die Kol-la-Sitzungen und der Bürgerfaschingszug sind feste Größen in der Region. Für letzteren galt es, eine gewisse Erneuerung durchzuführen, um den rückläufigen Anmeldungen entgegenzuwirken. So sind im Rahmen der Überlegungen zum Zugvogelball, der ja vor allem für die Aktiven des Umzuges ausgerichtet wird, ein ganzes Faschingsfest und eben auch die Narrenhalle selbst entstanden. Die Resonanz war hervorragend, auch Besucher aus dem Umland haben das Konzept und die Atmosphäre sehr gelobt. Erfreulichstes Signal für uns war definitiv der eingetretene Anstieg bei den Anmeldezahlen für den Umzug. Und eben aus diesem Grund wollen wir auch 2013 wieder die Gersthofer Narrenhalle errichten mit einen noch vielfältigerem Angebot für Jung und Alt, von Kinderbällen bis hin zum traditionsreichen Kehraus der Lechana.

mh bayern: Wird nächstes Jahr dann auch die Umgestaltung der Kirchweih in Angriff genommen?

Max Poppe: Eine sanfte Modernisierung der Kirchweih wollen wir ebenfalls forcieren, auch hier war in den letzten Jahren ein deutlicher Besucherrückgang zu verzeichnen. Wir wollen uns gemeinsam mit den Schaustellern und der Festwirtsfamilie ehrenamtlich an diese Aufgabe heranwagen. Allerdings hat sich die Mehrheit des Finanzausschusses vor kurzem gegen einen einmaligen Sonderzuschuss für dieses Vorhaben ausgesprochen, die Möglichkeiten sind dadurch natürlich deutlich eingeschränkt. Man wird sehen, was erreicht werden kann.

mh bayern: Stehen Sie auch mit anderen Gersthofer Vereinen in Kontakt? Dürfen sich die Gersthofer Bürger künftig über andere gemeinsame Aktionen freuen?

Gerardo Olita: Wir haben durch unsere bisherigen Projekte bereits ein umfangreiches Netzwerk zu anderen Vereinen aufbauen können. Aber Hand aufs Herz - weitere Aktionen in dieser Größe sind durch uns nicht mehr zu stemmen, denn der Großteil der Arbeit bleibt, wie so oft, an einigen wenigen hängen. Wir liebäugeln längerfristig noch mit einer kleinen Aktion, die eher im Frühjahr angesiedelt sein soll. Mehr können und wollen wir allerdings noch nicht verraten. Somit wäre mit dem Faschingstreiben, dieser Aktion, kulturina und der Kirchweih im Oktober über das ganze Jahr hinweg ein ansprechendes, kostenfreies Programm für alle Bürgerinnen und Bürger in unserer Stadt geboten.

mh bayern: Das wichtigste Projekt Ihres Vereins war auch in diesem Jahr wieder kulturina. Die Kritiken fielen auch bei der zweiten Auflage überaus positiv aus. Welches Fazit ziehen Sie?

Florian Weiß: Ein durchweg positives. Das Feedback war erneut phänomenal und die Besucher kamen bei bestem Sommerwetter in Heerscharen, wenngleich wir uns unterm Strich mehr freiwillige Spender erhofft hatten. Wir werden dies im kommenden Jahr noch optimieren. Klar ist dabei aber, dass keine Bereicherung für den Verein stattfindet, sondern alle Gelder wieder zu 100 Prozent in unsere Angebote einfließen.

mh bayern: Gab es bei der kulturina Veränderungen gegenüber dem Vorjahr und planen Sie im nächsten Jahr etwas zu verbessern?

Gerardo Olita: Wir werden immer wieder leichte Korrekturen vornehmen, zum einen um auftretende Fehler abzustellen und andererseits natürlich immer wieder interessante Akzente für unsere Besucher zu setzen. Natürlich können wir dabei nicht jährlich das Rad neu erfinden, dennoch soll es immer wieder Ergänzungen und Umstellungen im Programm geben. So z.B. 2012 der neu eingerichtete Chill-Hill zum Ausspannen, der vor allem auch von Kindern begeistert angenommen wurde. Oder auch die Kletterwand des Alpenvereins und das Improvisationstheater „Copacabana“ im Ballonmuseum. Für kommendes Jahr haben wir ebenfalls wieder einige solcher Neuerungen eingeplant - das Publikum darf gespannt sein.

mh bayern: kulturina war zweifelsohne wieder ein Erfolg, Kritik gab es dennoch. Albert Heckl, der bis vor zwei Jahren das Bürgerfest organisierte, bemängelte, dass kulturina ein Minus von 2.500 Euro machte. Wie wurde das Defizit ausgeglichen und was halten Sie von Heckls Vorschlag, künftig „kleinere Brötchen zu backen“?

Max Poppe: Er behauptet vollmundig, dass wir außer der neuen Örtlichkeit nicht viel Neues zu bieten hätten und alles dank ihm schon einmal da gewesen sei. Dazu soll sich einfach jeder selbst sein Bild machen, wir werden das nicht weiter kommentieren. Auch sehen wir derzeit keinen Bedarf, auf seine professionellen Ratschläge einzugehen. Das Defizit, und wir reden hier über 2.500 Euro für ein Fest mit einem Finanzierungsvolumen von über 100.000 Euro, ist für uns kein Weltuntergang und konnte durch Nachverhandlungen dank vieler Unterstützer abgefangen werden.

mh bayern: Herr Weiß, Sie erwähnten, dass kulturina langfristig trag- und zukunftsfähig und nicht auf massive Subventionen angewiesen sein solle. Welches Konzept für die Zukunft stellen Sie sich vor? Möchten Sie künftig auf den städtischen Zuschuss von 6.000 Euro verzichten?

Florian Weiß: Unser Finanzierungskonzept hat sich bereits im ersten Jahr etabliert und wurde lediglich um die Komponente freiwilliger Spenden erweitert. Letztere werden aber auch zukünftig nicht in die Finanzierung des laufenden Events einkalkuliert, sondern im Nachgang für Folgeaktionen verwendet, da sie im Vorfeld ja nie zweifelsfrei planbar sind. Wir wollen am jetzigen Stand festhalten und das gilt auch für die 6.000 Euro der Stadt Gersthofen, die wir übrigens nicht als Zuschuss, sondern als Sponsoring verstehen. Denn die Stadt erhält wie alle anderen Werbepartner eine hochwertige Plattform, zum Beispiel in unseren Printmedien und den Inseraten. Darüber hinaus stellen wir kostenfrei die Bühne für die städtische Veranstaltung „Klingendes Gersthofen“. Und unseres Erachtens profitiert gerade die Stadt überproportional von der positiven Strahlkraft der kulturina ins Umland.

mh bayern: Bisher wird der Verein Lebendige Innenstadt Gersthofen insbesondere mit kulturina in Verbindung gebracht. Welchen Aufgabenfeldern haben Sie sich darüber hinaus verschrieben und können Sie uns einen kleinen Überblick über Ihren Verein geben?

Gerardo Olita: kulturina wird natürlich auch langfristig ein Programmschwerpunkt bleiben. Aber wie schon erwähnt, ergänzen wir durch weitere Aktionen im Fasching oder auch zukünftig im Frühjahr kontinuierlich das Freizeitprogramm im Stadtzentrum Gersthofens. Daneben sehen wir uns als Netzwerker zwischen den Gersthofer Vereinen, der Stadt und auch der Gersthofer Wirtschaft. Wie im Vereinsnamen verankert, verfolgen wir dabei als Ziel die Belebung der Innenstadt, und dies kann authentisch nur durch viel bürgerliches Engagement erfolgen. Auch deshalb mischen wir uns aktiv in den Gestaltungsprozess um die Neue Stadtmitte ein und bieten, wie etwa zuletzt mit einer Informationsfahrt nach Ulm, für alle Interessierten weiterführende Austauschmöglichkeiten. Der Verein zählt aktuell ca. 55 Mitglieder. Ganz besonders stolz sind wir darauf, dass wir all dies Aktionen und besonders kulturina mit einer sehr kleinen, aber hoch motivierten und engagierten Gruppe stemmen können. Auch auf diesem Wege ein großes Dankeschön an euch!

mh bayern: Auf der Homepage von kulturina steht unter Kontakt folgender Satz: „Seh uns also nicht als geschlossene Gesellschaft, sondern als einen freien Interessenskreis“. Wird das Angebot sich einzubringen von den Gersthofern genutzt?

Gerardo Olita: Unterdurchschnittlich. Natürlich treffen vereinzelt Vorschläge bei uns ein, aber die Ausführung und vor allem Finanzierung sollen dann meist wir bewerkstelligen. Aktive Neumitglieder sind wie überall im Ehrenamt rar, wir freuen uns aber auch über passive Mitglieder, die mit ihrem Vereinsbeitrag bewusst ein positives Signal der Unterstützung senden möchten.

mh bayern: Die Entwicklung der Stadtmitte war 2012 ein äußerst umstrittenes Thema. Aktueller Stand der Dinge ist, dass fünf Planungsbüros ihre Ideen im Rahmen einer Ausstellung veröffentlichten. Welcher Vorschlag gefällt Ihnen am besten und was erhoffen und wünschen Sie sich für die „Neue Gersthofer Mitte“ im kommenden Jahr?

Florian Weiß: Wir können der Fachjury im Grundsatz folgen, wenngleich natürlich auch die anderen vier Arbeiten teilweise sehr interessante Aspekte aufgreifen, die in einer endgültigen Planung mit übernommen werden sollten. Ein Mix aus den effizientesten Bausteinen gerade auch zum Thema Verkehr führt sicher zum besten Ergebnis, und diese Möglichkeit der Kombination hält die Stadt Gersthofen ja nach wie vor in der Hand. Zum Beispiel gefällt uns der Ansatz oberirdischer Parkplätze im Bereich Schulstraße, die getrennte Anbindung der neuen City-Center Tiefgarage und der Brahmsstraße an den Kreuzungsbereich oder auch der Minikreisel auf Höhe des Ballonmuseums. Wichtig ist hier einfach ein Konzept, welches durchdacht ist und alle möglichen „Gefahrenstellen“ und Belange aller Betroffenen Instanzen berücksichtigt.

mh bayern: Gersthofen will Mittelzentrum werden und erhofft sich dadurch Vorteile - auch beim Einzelhandel. Was halten Sie grundsätzlich von diesen Plänen? In Neusäß gibt es Überlegungen zusammen mit Gersthofen Mittelzentrum zu werden. Wie ist dazu Ihre Meinung?

Max Poppe: In unseren Augen wirkt Gersthofen bereits wie ein Mittelzentrum und sollte diesen Status auch verteidigen. Dafür spricht schon jetzt ein überdurchschnittliches Angebot in allen Bereichen, ganz gleich ob im Einzelhandel oder bei den Dienstleistungen. Unser Einzugsbereich erstreckt sich weit über die Stadtgrenzen hinweg, vor allem für den Landkreisbereich nördlich der Nachbarstadt Augsburg erfüllen wir eine Versorgungsfunktion. Auswärtige Besucher nutzen sehr häufig die gute verkehrliche Anbindung, etwa auf dem Weg von der Arbeit nach Hause. Die geforderte Einstufung als Mittelzentrum garantiert auch in Zukunft Entwicklungspotential für unsere Stadt.

mh bayern: Vielen Dank für das Interview!

myheimat-Team:

Tanja Wurster aus Augsburg

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