Armenien - zu Gast im Land am Ararat

Platz der Republik in Jerevan
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"Was, Armenien, was macht man denn da"? - So oder ähnlich lauteten die Fragen all meiner Bekannten auf die Antwort nach meinem Urlaubsziel für das Jahr 2014. Somit scheint mir ein wenig Information über dieses offensichtlich weitgehend unbekannte Land von allgemeinem Interesse zu sein:

Fr. 06.06. Anreise
Um 15:10 Uhr Transfer zum Flughafen München, um 16:20 Uhr am Terminal 2, ab 16:40 Uhr Check-In. Boarding mit 20 min. Verspätung, Maschine hoffnungslos überbucht: 150 € für jeden, der freiwillig später fliegt. Abends 18:40 Uhr Flug über Wien, dort Aufenthalt 19:45 – 22:20 Uhr, den wir für ein kleines Abendessen mit Bier und Gulaschsuppe nutzen. 21:15 Treffen mit der 15 Personen umfassenden Reisegruppe zum gemeinsamen Weiterflug nach Jerevan (für 6 Nächte).

Sa. 07.06. Ankunft in Jerevan (Sommer-Ortszeit = Deutschland + 2 Stunden, sonst + 3)
Am frühen Morgen um 03:35 Uhr erreichen wir Jerevan, sind um 04:30 Uhr im Bus, mit dem uns Fahrer Aschot zum Hotel bringt, das wir etwa eine halbe Stunde später erreichen. Etwa um 06:00 Uhr sind wir im Bett. Nachdem die Klimaanlage die 28 ° Raumtemperatur in den erträglichen Bereich gebracht hatte, können wir sogar noch ein wenig schlafen, ehe wir uns ab 08:00 Uhr fürs Frühstück frisch machen. Um 11:00 Uhr lernen wir dann bei der Abfahrt von unserer lokalen Führerin Sona die ersten armenischen Worte: „bari luis“ (guten Morgen). Während einer Stadtrundfahrt erkunden wir die Hauptstadt Armeniens und besuchen die moderne Kathedrale. Sehr nachdenklich stimmt uns die Genozid-Gedenkstätte Zizernakaberd: Wann endlich stellt sich die Türkei ihrer unrühmlichen Vergangenheit und erkennt den Völkermord an den Armeniern als solchen an? Doch auch dem christlichen Abendland waren damals seine guten Beziehungen zu den türkischen Freunden wichtiger als die Leben von mehr als einer Million armenischen Mitchristen. So wird das wohl leider weiter bleiben, wann immer unsere Politiker zwischen Menschen und Moneten entscheiden müssen. Anschließend besuchen wir das Historische Museum mit wirklich großartigen Fundstücken, z.B. gibt es hier den ältesten Lederschuh der Welt. Dann bestaunen wir die Kaskade mit ihren Kunstobjekten und den ihr vorgelagerten Park. Haben wir irgendwann „Radio Eriwan“ gesehen? Im Prinzip ja, aber es war weitgehend durch Büsche und Bäume verdeckt. Armenien – Land des vielleicht bekanntesten Radiosenders der Welt.

So. 08.06. Ins Zentrum des armenischen Christentums
Unser um 9:00 Uhr beginnender Vormittagsausflug führt uns nach Edschmiatsin, dem religiösen Zentrum des armenischen Volkes. Hier besuchen wir die Hauptkathedrale und die nahegelegene Kirche Surb Hripsime, beides Meisterwerke der klassischen armenischen Baukunst. Meine Gattin Ulrike hatte das Glück, vom Katholikos gesegnet zu werden, als er an uns vorbeizog. Auch hier gibt es, wie an vielen anderen Orten, ein Genozid-Denkmal. Auf dem Rückweg nach Jerevan statten wir der Kirchenruine von Zvarthnots aus dem 7. Jh. einen Besuch ab. Der Nachmittag steht zur freien Verfügung und wird erst einmal zur Stärkung in einem Straßenkaffee verbracht; eine gute Entscheidung, denn hierdurch werden wir von einem kurzen aber heftigen Gewitterschauer verschont. Danach, bei wieder sonnigem Wetter, machen wir eine Rundwanderung um den Stadtkern. Mittlerweile können wir uns auch auf armenisch bedanken: „schnorhakaludjun“. Am Abend besuchen wir eine Aufführung des "Armenian State honored Ensemble of Dance & Song", danach Abendessen und Rückfahrt zum Hotel. Armenien – Land der uralten Kirchen und Klöster und erstes Land, in dem das Christentum Staatsreligion wurde, vor mehr als 1.700 Jahren.

Mo. 09.06. Die „grüne“ Stadt Aschtarak
Auf der Fahrt in die „grüne“ Stadt Aschtarak mit Besichtigung der Kirchen Ziranawor und Kamrawor aus dem 6. Jh. kommen wir unterwegs zur "Allee der Buchstaben". Ulrike versucht mit zunehmender Verzweiflung ein "U" zu fotografieren, den Anfangsbuchstaben ihres Vornamens. Pech gehabt: Diesen Vokal gibt es im Armenischen anscheinend nicht! Weiter zur Festung Amberd aus dem 11. Jh. zu Füßen des 4090 m hohen Berges Aragaz. Unterwegs sehen wir immer wieder Zeltdörfer der Jesidi, Karl May Lesern als "Teufelsanbeter" bekannt. Hier benötigen wir zum einzigen Mal gute Wanderstiefel, zumal die Gegend reich an Schlangen ist. Wir haben jedoch nur eine ausgewachsene Ringelnatter beim Fischfang in einem größeren Tümpel zu sehen bekommen. Anschließend besuchen wir das Kloster Saghomsavank in der Khasach-Schlucht. Zurück in Jerevan lassen wir den Tag mit einer Verkostung des berühmten armenischen Cognacs ausklingen, der zwar seinem Ruf mehr als gerecht wird, allerdings auch sehr europäische Preise hat, während man im Lokal ein Bier schon für 500 Dram (ca. 0,90 Euro) bekommt. Armenien – Land der Steine und des Weinbrands (die Bezeichnung Cognac darf nicht offiziell benutzt werden, den Qualitätsvergleich braucht der armenische Brandy aber nicht zu scheuen).

Di. 10.06. Garni und Geghard
Zunächst fahren wir nach Garni, mit 5.000 Einwohnern eines der größten Dörfer Armeniens, mit dem einzigartigen römisch-hellenistischen Tempel im Kaukasus. Die direkt daneben liegende Schlucht wetteifert mit ihren natürlichen Basaltsäulen mit den von Menschenhand gehauenen Tempelsäulen und zieht mindestens gleich, wenigstens in meinen Augen. Danach geht es weiter nach Geghard, wo wir das berühmte Höhlenkloster erkunden und uns bei über 30 Grad gerne ein wenig Höhlenkühle gönnen. Ein italienischer Chor ist offensichtlich mehr an der Akustik der Höhlenkirche interessiert als an deren Baukunst und verschafft uns dadurch unverhofften doppelten Kunstgenuß. Auf dem Rückweg können wir in einem Privathaus bei der Herstellung des für Armenien typischen Fladenbrotes „Lawasch“ zuschauen, das noch immer in Erdöfen gebacken wird. Beim anschließenden Mittagessen lassen wir uns dieses mit verschiedenen Käsen und allerlei frischen Kräutern schmecken. Dabei geben Ulrike und ich, entgegen der Empfehlung der Reiseleitung, unsere Zurückhaltung gegenüber frischem Obst und Gemüse endgültig auf. Belohnt werden wir mit herrlichen Genüssen und nur Ulrike hat am letzten Tag einige Kohletabletten benötigt. Sie hätte wohl, wie ich, noch mehr von den scharfen Kirschpaprikas zur Desinfektion essen sollen. Nachmittags bewundern wir die großartige Sammlung alter Manuskripte (nicht nur armenischer) im „Matenadaran“, dem armenischen Wort für Bibliothek. Derartige „Namens“gebung scheint typisch zu sein, denn Geld heißt ebenso einfach „Dram“, wie die Währungseinheit. Die Führerin erzählt, die Armenier (bzw. die Uratäer) hätten unter anderem beinahe die ganze Bibliothek von Alexandria abgeschrieben, bevor diese verbrannte. Nun beginnen etwa 30 wissenschaftliche Mitarbeiter am Matenadaran man mit der Rückübersetzung der Werke. Und noch immer wachsen die Bestände um ca. 1 wertvolle alte Handschrift pro Monat, die reich gewordene Armenier auf der ganzen Welt ersteigern und ihrer Landesbibliothek schenken, um sie so für immer für die Nachwelt zu erhalten. Armenien – Land des Buches und des Alphabets.

Mi. 11.06. Zu Füßen des Ararat
Richtung Süden reisen wir zunächst nach Chor Wirab, wo Gregor der Erleuchter 15 Jahre in Gefangenschaft verbrachte. Die Gegend ist für Wein- und Aprikosenanbau bekannt. Der einzige, welcher es sich antat, durch ein enges Höhlenloch zu kriechen und die schmale Leiter ins dunkle 6 m tiefe Verlies hinunterzusteigen, war wohl wer? Unser Weg führt danach weiter durch eine schroff-pittoreske Landschaft zum Kloster Norawank, einst Sitz der Bischöfe von Sjunik. In Areni haben wir die Möglichkeit zu einer Weinverkostung; geschmeckt haben mir allerdings nur die Frucht- und Beerenweine und so landete schließlich eine Flasche Aprikosenwein im Reisekoffer. Trotz seiner 6.000-jährigen Tradition trinkt man so manchen armenischen Wein wohl besser erst nach der Destillation, siehe oben! Rückfahrt nach Jerevan. Armenien – Land am Ararat, dem höchsten Berg der Welt bezüglich der Höhe über Tal. Die Höhe über Null ist mit immerhin über 5.100 m auch noch ganz beachtlich, doch einen Berg, der seine Umgebung um mehr als 4.000 m überragt, kann man wohl nur dort bewundern. Nach dem Abendessen in Jerevan genießen wir die musikalischen Wasserspiele auf dem Platz der Republik.

Do. 12.06. Am Sevansee
Den Tag beginnen wir mit einer Fahrt zum Sevansee, der „Blauen Perle“ Armeniens, über 1900 m hoch gelegen. Vorbei an großen Lagerstätten von Perlite und Obsidian erreichen wir den See. Hier erleben wir einen halbstündigen Gewitterschauer mit Starkregen und feinkörnigem Hagel, dessen Ende wir im Bus abwarten. Dann besichtigen wir das Sevankloster aus dem 9. Jh. bei gutem Wetter. Bei der Weiterfahrt durch die "armenische Schweiz" zum Höhenkurort Dilishan und Kloster Hagharzin mitten im Nationalpark regnet es dann wieder, aber wir sitzen ja trocken im Bus. Bei der Ankunft grüßt uns nicht nur die Sonne, sondern auch ein prachtvoller Ausblick. Nur wenige hundert Meter vom Kloster entfernt liegt auch unser Hotel (1 Nacht, müßte „mek gisché“ heißen da „bari gischè“ gute Nacht bedeutet). Armenien – Land der Kreuzsteine. Es müssen abertausende sein – und keiner gleicht dem anderen.

Fr. 13.06.Tag Im Norden des Landes
Zunächst besichtigen wir bei erneut herrlichem Wetter das Kloster Hagharzin. Bei der Weiterfahrt betrachten wir nachdenklich die Kupferhütten von Alaverdi. Kurz vor der Grenze zu Georgien empfängt uns dann das Kloster Sanahin an der sogenannten „Klösterstraße“. Nach der Besichtigung des Klosters aus dem 9.-12. Jh. fahren wir weiter zum Klosterkomplex Haghpat, der als Weltkulturerbe unter dem Schutz der UNESCO steht. Anschließend Rückfahrt durch das Erdbebengebiet von Kirovakan mit seinen mindestens 25.000 Toten und 100.000 Invaliden nach Jerewan, wo uns wieder die gewohnten 34 Grad erwarten. Hier besuchen wir einen typischen Markt – letzte Einkaufsmöglichkeit für Reiseverpflegung und Souvenirs. Nach einer kurzen Pause im Hotel treffen wir uns dann zum Abschiedsessen, das wir wieder, wie jeden Abend (außer in Hagharzin), in einem der vielen guten Lokale Jerevans genießen. (1 Nacht). Armenien – Land der freundlichen Menschen, in dem man als Deutsche(r) überall willkommen ist.

Sa. 14.06.Tag Rückreise
Frühmorgens 01:15 Uhr Frühstück im Hotel, 02:00 Uhr Transfer zum Flughafen Zvarthnots (was passender Weise soviel wie „Ort der Engel“ bedeutet, immerhin wird hier ja viel geflogen). Gegen 05:00 Uhr (der Flieger hatte ½ Stunde Verspätung, aber ja, man muß ganze 3 Stunden früher da sein!) ist Boarding. Zum Abschied grüßt der Ararat dann erstmals völlig wolkenlos – welch großartiger Anblick! Rückflug über Wien (Aufenthalt 6:15 bis 09:00) nach Deutschland. Trotz verspäteten Starts und Aufenthalt in Wien schon etwa gegen 10:00 Uhr Ankunft in München (jetzt kommen uns die 2 Stunden Zeitverschiebung zugute!), wo schon der Fahrer des Augsburger Transferdienstes auf uns wartet – preiswerter als die DB, bringt er uns gegen 11:30 Uhr sogar direkt vor die heimatliche Haustür. Armenien – Land, das eine Reise wert ist!

Bürgerreporter:in:

Franz X. Köhler aus Gersthofen

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