Mödlareuth-„Little Berlin“

Mahnung an die Gegenwart
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Politische Geschichte:
»Little Berlin«, das 50-Einwohner-Dorf am Ende der Welt nannte man diesen Ort, an der ehemaligen Grenze zwischen Bayern und Thüringen. Nach dem Ende des 2. Weltkrieges begann der „Kalte Krieg“ zwischen den beiden politischen Systemen des demokratischen „Westens“ und des sozialistisch-kommunistischen Systems des „Ostens“. Der durch den Ort führende „Tannbach“ wurde zum Symbol der Teilung. Wie im 300km entfernten Berlin, markierte hier das Flüsschen die Demarkationslinie zwischen den beiden Systemen, der amerikanisch besetzten Zone (Mödlareuth-West/Bayern) und der sowjetischen Zone (Mödlareuth-Ost). 1949 mit der Gründung Bundesrepublik Deutschland, und der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) erfolgte die politische Teilung des Ortes, und somit gehörte der thüringische Teil nunmehr zum Territorium der DDR, der bayerische zur Bundesrepublik.

Diese Trennung hatte bereits im Jahre 1810 seine Wurzeln, als entlang des Tannbachs Grenzsteine gesetzt wurden. Die eingemeißelten Initialien „KB“ (Königreich Bayern) auf der westlichen, sowie „FR“ (Fürstentum Reuß) markierten damals die Zugehörigkeit zu den verschiedenen Fürstentümern. Nach dem ersten Weltkrieg ging dann der westliche Teil von Mödlareuth in den neu gegründeten Freistaat Bayern, der östliche nach Thüringen über. Eine reine „Verwaltungsgrenze“ die die Bewohner des Ortes kaum beeinträchtigte. Wirtshaus und Schule waren auf „thüringischem Territorium“, Kirchgottesdienst feierte man im benachbarten „bayerischen TÖPEN“.

Nach Kriegsende 1945, wurden von den Alliierten Streitkräften die ehemaligen Landesgrenzen des damaligen Deutschen Reiches von 1937 weitgehendst festgelegt und so bekam der „Tannbach“ als Grenzflüsschen seine Bedeutung als Demarkationslinie in Mödlareuth zwischen der östlichen und westlich besetzen Zone der politischen Systeme. Nachdem die US Streitkräfte am 15.April 1945 Mödlareuth kampflos besetzten um die Truppen weiter nach Thüringen zu führen, zogen sich diese aufgrund der vereinbarten Besatzungszone („Londoner Protokolle“) dann aber im Juli 1945 zurück, und räumten damit auch den bayerischen Teil von Mödlareuth, der sich in der amerikanischen Besatzungszone befand, was dann die sowjetischen Truppen sofort nutzen und den westlichen Teil Mödlareuth besetzten. Die Verhandlungen zogen sich dann über 1 Jahr hinweg, bis dann sich endgültig die Fronten klärten und West/Ost des Ortes entsprechend politisch zwischen den Besatzungszonen eingeteilt wurden.

Mit 1952 errichtete man dann einen übermannshohen Holzzaun, der die endgültige Teilung für 37 Jahre lang teilte. 1966 wurde dieser dann durch eine 700m lange Betonsperrmauer ersetzt, die exakt 1 Monat nach dem Fall der „Berliner-Mauer“ am 9.Dezember 1989 durch einen offiziellen Grenzübergang ihre Bedeutung verlor, sowie ½ Jahr später am 17.Juni 1990 zum Großteil abgerissen wurde. Seit diesem Zeitpunkt ist der Ort erstmals wieder als gemeinsamer Ort zugänglich, obwohl der östliche Teil nach wie vor zu Thüringen, der westliche verwaltungspolitisch zu Bayern gehört.

Ergänzend ist hier zu erwähnen, dass an dieser Grenze nur eine einzige Flucht am 25.Mai 1973 gelang. Dies schaffte ein 34-jähringer Kraftfahrer aus dem Kreis Schleiz/Thüringen, der unter Ausnutzung seiner Ortskenntnisse und Passierscheines an die Betonmauer heranfahren, und mit Hilfe einer selbstgebauten Leiter, die er auf das Autodach stellte, überwinden konnte.

Historische Aufbereitung:
Mit dem Fall der Mauer wurde dann die Idee zur Errichtung eines geschichtlichen Museums geschaffen, das am 03.September 1990 durch den Verein „Deutsch-Deutsches Museum Mödlareuth e.V.“ gegründet wurde. Ziel war es die Geschichte der deutschen Teilung als gesamtheitliche Mahnung darzustellen. Die Gründung eines länderübergreifenden Zweckverbandes des Landkreises „Hof“/Bayern", sowie „Saale-Orla/Thüringen“ und des „Vogtlandkreises/Sachsen“, ermöglichte dann unter Mithilfe des Bundes, der beiden Freistaaten Bayern und Thüringen sowie Oberfranken die Realisierung dieses Zieles. Mauer, Stacheldraht, gesellschaftspolitische Aspekte, aber auch Erinnerung an die Tausenden Opfer, die an der gesamten ehemaligen deutsch/deutschen Grenze starben, sollen dem Besucher durch Sonderausstellungen, Vorträge/Seminare anhand von Führungen anschaulich vermittelt werden.

Neben dem Museumsgebäude vermittelt das Freigelände (ca. 10.000m²) diverse Gliederungen – u.a. die

  • Rekonstruktion des ehemaligen DDR-Grenzgebietes mit Sperrzone, Schutzstreifen, verschiedener Sperranlagen, sowie eines Teiles der 

  • ehemaligen „Original“-Beton-Sperrmauer auf einer Länge von 100m, als auch eines Beobachtungsturmes aus dieser Zeit. 

  • Ein Geschichtslehrpfad auf diesem Freigelände bringt dem Besucher diese Eindrücke ausführlich nahe. Außerdem kann dieser Bereich auch für die Mediennutzung (Dokumentar-/Spielfilm-Produktionen) genutzt werden, was zahlreiche existierende Reportagen bislang nutzen konnten.

Im Museumsgebäude (Halle 1) werden dem ankommenden Besucher eine 20minütige Filmvorführung über den historischen Hintergrund von Mödlareuth präsentiert. Für den/die Interessierten, gibt's entsprechendes Buch-/Videomaterial und sonstige Accessoires an der Kasse. Weiter geht's in den 1. Stock, wo in der großen Halle, anhand Schautafeln, Ausstellungsobjekten, Pressedarstellungen verschiedener Alltagsbereiche, Dioramen anhand Modellen des Ortes, das ehemalige Alltagsleben dem Besucher nähergebracht wird. In einer weiteren Halle (2) befindet sich eine tw. eine Dauerausstellung (nicht für tgl. Besucher zugänglich) entsprechende  Archive und Objektausleihen, die die Möglichkeit der Mediennutzung für Dokumentationen gut abrunden.

In der großen Ausstellungshalle (Halle 3) gegenüber entdeckt der Besucher einen Fuhrpark von ca. 30 historischen Grenzfahrzeugen, Hubschrauber, Panzerspähwagen, Funkwagen, LKW's und PKW's von ehemals Ost und West.

Auf dem Freigelände erblickt der Besucher auf einer Spazierroute - Mauerfragmente, Grenzbefestigungsanlagen, Stacheldrahtzaun, PKW-Strassensperren, Beobachtungs- türme, Erdbeobachtungsbunker, ehemaligen Todesstreifen/Minengelände, und Hundelaufanlagen. Diese vermitteln dem Besucher einen realistischen Eindruck aus des ehemaligen DDR-"Todesstreifen".

Im Jahre 2015 vermittelte der ZDF-Dreiteiler "Tannbach - Schicksal eines Dortfes" eine mediale Darstellung der historischen Ereignisse, und damit verbunden die einzelnen Schicksale der Menschen aus dieser ehemals geteilten Dorfgemeinschaft. Gedreht wurde dieser Fernsehfilm jedoch an anderen Orten u.a. in Tschechien und Thüringen.Der heutige Ort erfreut sich heutzutage aufgrund der errichteten Gedenkstätte durch den Verein „Deutsch-Deutsches Museum Mödlareuth e.V.", dem Engagement des Zweckverbandes, sowie der medialen Aufbereitung“, großer Besucherzahlen.

Als Gedenkstätte und Zeugnis der SED-Diktatur, sowie Erinnerungsort der Teilung in der Nachkriegsgeschichte, dient dieses Museum vor allem zur historisch-politischen Bildung der zukünftigen Generationen, und reiht sich damit ebenso in die politische und gesellschaftliche Aufbereitungsarbeit des konfliktreichen und opfervollen 20. Jahrhunderts der deutsch/europäischen Geschichte zur Mahnung ein.

Weblinks:

Deutsch-Deutsches Museum „Mödlareuth“:

Mödlareuth -YouTube-Video/Empfehlung: (ca. 5Min.)

Dem "ermüdeten Museums-Wanderer" bietet sich am Abschluß ein Besuch des Gasthauses "Zum Grenzgänger"

Bildmaterial: A.Platschka
Gezeichnet: A.Platschka 
(http://www.lechrain-geschichte.de)

Bürgerreporter:in:

Alfred Platschka aus Igling

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