" Küche Verkehrt": Geniessen zwischen Euphorie und kontrolliertem Chaos

Die Polonaise beginnt
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Fürstenfeldbruck - Es war alles ganz anders. Was die Gäste des Wirtshauses Klosterstüberl in Fürstenfeldbruck sonst in dem behaglichen Ambiente vom Service und vor allem von der Küche gewohnt sind, wurde komplett auf den Kopf gestellt. "Küche - Verkehrt" war das Motto des Abends und das stellte sich so dar: Die Bedienungen hatten ihren Platz mit den Köchen getauscht und so nahmen die Mitarbeiter einmal die Position des anderen ein. Die Köche waren für den Service zuständig und die freundlichen Bedienungen tummelten sich am Herd, um spezielle Gerichte ihres Geschmacks oder ihrer Heimat zuzubereiten.

Soweit so gut. Die extra für dieses Ereignis angefertigte Speisekarte begann gleich mit der Anmerkung, dass keiner um sich schlagen solle, der keinen Scherz verstehe. Als dieses ungewöhnliche Ereignis noch im Stadium der Überlegungen war, bewegten sich die Meinungen der unmittelbar Beteiligten in den Bereichen "Entsetzten, Resignation, Euphorie, Selbstbewusstsein und Skepsis". Als dann aber die Gäste eintrafen, um einen etwas anderen Abend zu erleben, schien die erste Aufregung einer erwartungsvollen Spannung zu weichen.

Der Koch Volker hatte sich zur Begrüßung der Gäste in ein schmuckes Dirndl geworfen und begrüßte mit einem waffenscheinpflichtigen Vorbau und einer platinblonden Perücke die Gäste. Mike assistierte ihm im Eingangsbereich. Martin Peter, der Chef des Hauses, hatte die Aufgabe übernommen, als erfahrener Eheknochen und mit stoischer Ruhe die Damen aufzuheitern, während die Junggesellen Mike und Thomas keinen Hehl daraus machten, vom Servive nicht die Bohne zu verstehen. Trotzdem schlugen sie sich wacker. Jörg, ledig und sehr verliebt, war in die Küche abkommandiert, wo er sein Jägerlatein anbringen konnte. Dort traf er auf Rosi, Heike, Amira, Ulli und Dana. Maxi, der designierte Juniorchef, hatte nicht nur im grünen Zimmer zu bedienen, sondern sollte auch nach dem Fest den Junggesellen beratend zur Seite stehen, wenn Etablissements gefragt wären, die zur späteren Stunde noch zu besuchen sich lohnen würden. Mit Handschellen an die Kasse gefesselt waren im Wechsel Sabine und Luljeta, denn die bedienenden Köche konnten nicht auch noch ein kompliziertes System am Computer erlernen.

Die hohe Kompetenz des Bedienungspersonals dokumentierte sich zunächst darin, dass die Anordnung des Bestecks auf den eingedeckten Tischen von der kniggeschen Norm abwich. Man bemerkte zwei Messer, zwei Gabeln oder nur eines dieser notwendigen Schanzgeräte locker neben den Servietten drappiert. Sollten sich die Gäste doch selbst um ihr Besteck kümmern. Die Speisenkarte enthielt Spezialitäten, welche die Servicecrew dann am Herd zu lukullischen Gerichten erblühen lassen wollten. Teils waren es Gerichte ihrer Heimat oder auch solche, die sie besonders gut beherrschten - meinten sie. Da gab es gegrillte Kasslerscheiben mit dicken grünen Bohnen oder ein mit viel Liebe ausgebackenes Surschnitzel aus der Steiermark. Königsberger Klopse mit eleganter Kapernsoße wetteiferten mit mit einem Schnitzel Wiener Art, dass mit einem großen Anteil von Chili nur die Härtesten zu echten Liebhabern machte. Ochsenhuftmedallions konnten sich mit einem Filet aus heimischem Zander messen und ein "Coq au Vin" zeugte von der Internationalität des Feinschmeckerabends.

Zum Augen- und Gaumenschmaus geriet aber die vom Chef Martin Peter höchstpersönlich am Tisch zubereitete Tomatensuppe. Träge lief sie aus der Dose in eine Terrine und verschwand für kurze Zeit in der mobilen Mikrowelle. Mit einem beachtlichen Schuß Gin, Sahne und Kräutern verfeinert wurde sie zum Leckerli des Abends. Wegen der großen Nachfrage traten bald Lieferengpässe auf, die aber vom einschlägigen Fachhandel prompt beseitigt werden konnten. Man raunte schließlich hinter vorgehaltener Hand, dass Michelin dieser Suppe schon für eine Sternevergabe hart auf den Fersen sei.

Nach ersten Koch- und Serviererfolgserlebnissen geriet alles dann plötzlich ins Stocken. Um die Wartezeiten zu überbrücken, brachten einige in der lauen Abendluft des Novembers ein Rauchopfer dar oder trösteten sich mit einem weiteren Bier. Oder man orderte Veltliner oder Merlot. Zum nächsten Spaßfaktor kam es, als die Chefin Birgit Bartels-Peter über das Hausmikrofon einige Gäste bat, ihr Essen doch in der Küche selbst in Empfang zu nehmen. Zur Auflockerung und unter frenetischem Applaus machten dann Köche und Bedienungen noch eine Polonaise durch die Gasträume, um sich mutig den Gästen zu stellen, was jedoch ohne Blessuren abging.

Der Abend verlief schließlich so, wie er geplant war. Jeder der Akteure, wenn auch nicht am angestammten Platz, spielte das muntere Spiel mit. Und das taten letztlich auch die amüsierten Gäste, selbst wenn man in Einzelfällen die Suppe erst nach dem Hauptgericht genießen konnte. Fazit: Es war ein Heidenspaß!

Bürgerreporter:in:

Klaus Kriesbach aus Fürstenfeldbruck

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