Der Mythos vom allgemeinen Rücktrittsrecht

In der anwaltlichen Praxis kommt es häufig vor, dass Mandanten sich mit folgendem Problem an uns wenden: Die Mandantschaft hat einen Kaufvertrag geschlossen und möchte sich von diesem Vertrag wieder lösen. Erst vor kurzem erschien eine Mandantin und teilte mit, sie habe in einem großen Möbelhaus umfangreich Einrichtungsgegenstände erworben. Sie teilte mit, dass sie vom Vertrag zurücktreten wolle, da sie nicht wie beabsichtigt kurzfristig in die von ihr vermietete Wohnung einziehen könne, da der Mieter sich geweigert habe, das gekündigte Mietverhältnis fristgerecht zu verlassen.

Ähnliche Fallgestaltungen sind, dass der erworbenen Gegenstand doch nicht gefällt oder, dass beispielsweise auf einer Messe ein Vertrag geschlossen wurde und man im Nachgang feststellt, dass das Angebot doch nicht so günstig war wie gedacht und das gleiche Produkt bei einem Konkurrenzunternehmen zu einem deutlich günstigerem Preis zu haben wäre.

Bei all diesen Fälle begegnet dem Anwalt häufig die Überzeugung des Mandanten, dass jeder Vertrag binnen einer Frist von zwei Wochen widerrufen werden könne bzw. ein Rücktritt erklärt werden könne und der Verkäufer den gezahlten Kaufpreis rückzuerstatten hätte.

Diese weit verbreitete Überzeugung entspricht nicht den Tatsachen.

Grundsätzlich ist darauf hinzuweisen, dass Verträge zunächst einmal bindend sind, ganz unabhängig davon, ob sie schriftlich, mündlich oder auch per E-Mail abgeschlossen werden. Nach Vertragsabschluss sind beide Vertragsparteien verpflichtet, sich an die Vereinbarungen des Vertrages zu halten. Es gibt gerade kein umfassendes Recht eines Verbrauchers, sich innerhalb einer bestimmten Frist von einem geschlossenen Vertrag lösen oder bereits erworbene Ware zurückgeben zu können. Dieser Irrglaube basiert wohl auf der ganz üblichen Praxis vieler großer Kaufhäuser, wonach mangelfreie Ware unter Vorlage des Kassenbons umgetauscht bzw. zurückgegeben werden kann. Dies ist jedoch als reine Kulanz zu werten. Ein Rechtsanspruch besteht insoweit nicht.

Ein Rücktrittsrecht besteht nur dann, wenn ein solches – sinnvollerweise schriftlich - vereinbart ist oder, wenn ein gesetzliches Rücktrittsrecht vorliegt. Ein solches greift dann, wenn vertragliche Vereinbarungen nicht oder mangelhaft erfüllt wurden und eine Nacherfüllung der vertraglich vereinbarten Leistung bzw. die Mangelbeseitigung fehlgeschlagen ist.

Es gibt jedoch einige Ausnahmen, bei welchen dem Verbraucher tatsächlich ein sog. Widerrufsrecht zusteht.
Hier kann innerhalb einer bestimmten Frist die einseitige Lösung vom Vertrag erfolgen.
Dies ist beispielsweise der Fall, bei Vertragsabschlüssen an der Haustür, am Arbeitsplatz und auf Freizeitveranstaltungen, da der Verbraucher vor einer sog. Überrumpelung geschützt werden soll.
In solchen Fällen spricht man von sog. Haustürgeschäften, die innerhalb einer Frist von 14 Tagen widerrufen werden können, wenn der Verbraucher spätestens bei Vertragsschluss eine Widerrufsbelehrung erhalten hat. Erhält der Verbraucher die Belehrung erst nach Vertragsschluss, verlängert sich die Widerrufsfrist auf einen Monat. Fehlt die Belehrung vollständig oder ist sie falsch, wird die Widerrufsfrist nicht in Gang gesetzt und ein Widerruf ist grundsätzlich zeitlich unbegrenzt möglich.
Dies gilt allerdings nicht für den Fall, dass der Verbraucher den Verkäufer, beispielsweise einen Vertreter, selbst zu sich ins Haus bestellt hat.

Ein weiteres gesetzliches Widerrufsrecht haben Verbraucher bei sog. Fernabsatzverträgen. Dies sind Verträge die ohne persönlichen Kontakt zwischen den Vertragsparteien durch Fernkommunikation geschlossen werden, also beispielsweise durch Brief, Fax, Internet oder Telefon. Auch hier besteht oftmals ein 14 – tägiges Widerrufsrecht ab Erhalt der Widerrufsbelehrung und Eingang der Ware. Hat der Verbraucher die Widerrufsbelehrung erst nach Vertragsschluss erhalten, verlängert sie sich auch hier auf einen Monat. Fehlt die Widerrufsbelehrung oder ist sie falsch kann der Vertrag auch hier zeitig unbegrenzt widerrufen werden. Bei den Fernabsatzverträgen gibt es allerdings zahlreiche Ausnahmen, die das oben dargestellte Widerrufsrecht ausschließen. Hierzu gehören insbesondere die nach den Wünschen eines Verbrauchers individuell angefertigten Waren.

Der Verbraucher muss also bei Abschluss eines Vertrages stets Vorsicht walten lassen. Soweit man sich die Option eines Rücktritts offen halten möchte, empfiehlt es sich jedenfalls, eine entsprechende schriftliche Vereinbarung zu treffen.

Bürgerreporter:in:

Greiner & Kollegen PartGmbB Rechtsanwälte aus Friedberg

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