"Ich verstehe mich vorrangig als Dienstleister" - Ein Interview mit Merings Bürgermeister Hans-Dieter Kandler

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Seit 1996 leitet Hans-Dieter Kandler die politischen Geschicke des Marktes Mering. Bei der Bürgermeisterwahl 2008 konnte Kandler 64,36 % der Stimmen auf sich vereinigen. Damit bleibt das Marktgemeindeoberhaupt für weitere sechs Jahre im Amt. myheimat unterhielt sich mit dem Rathauschef über sein Amtsverständnis, eine vorausschauende Gewerbepolitik, die Auswirkungen der Wirtschaftskrise auf die Finanzen der Marktgemeinde und den Kunst- und Kulturfrühling mit Marianne Sägebrecht.

myheimat: Herr Kandler, wie würden Sie Ihr Amtsverständnis beschreiben: Vorstandsvorsitzender der Mering AG, Chef der Marktgemeindeverwaltung oder kundenorientierter Dienstleister?
Kandler: Ich verstehe mich vorrangig als Dienstleister. Die Anliegen der Bürger müssen schnell und fachlich kompetent bearbeitet werden. Darüber hinaus habe ich als Bürgermeister zusammen mit dem Marktgemeinderat durchaus Gestaltungsmöglichkeiten innerhalb des gesetzlichen Rahmens. Alles können wir nicht lösen, aber wir waren uns immer einig, dass wir auf die Bedürfnisse der Bürger reagieren müssen. Letztes Beispiel ist die Einführung einer Ferienbetreuung im August für die Kindergartenkinder. Hier haben wir erkannt, dass durch den starken Zuzug viele Familien die gesetzlich vorgesehenen 31 Schließtage im Jahr nicht mit ihrem Jahresurlaub abdecken können.

myheimat: Kommen wir zu den einzelnen Politikfeldern und beginnen mit der Gewerbepolitik. Welche Möglichkeiten hat ein Kommunalpolitiker überhaupt, auf die Gewerbepolitik Einfluss zu nehmen?
Kandler: Unsere Hauptmöglichkeit ist die Ausweisung von Gewerbegebieten. Danach beginnen die Vermarktung und die größeren Schwierigkeiten. Wir sind vielfach Zwängen ausgesetzt, die die Wirtschaft oder Investoren auf uns ausüben. Leider ist seit Jahren das Investitionsklima in Deutschland so, dass wir einen Käufermarkt haben, d.h. wir müssen uns – sofern wir das für richtig halten – nach den Wünschen der Investoren richten.

myheimat: In den Gewerbegebieten Nord und Süd ist eine "geballte" Ansiedlung größerer Märkte und Handwerksbetriebe zu beobachten. Der Trend geht auch deutschlandweit zu einer Verlagerung großflächiger Einzelhandelsflächen auf die „grüne Wiese“. Wie wollen Sie verhindern, dass Fachgeschäfte und Dienstleister im Meringer Ortskern „aussterben“?
Kandler: Es ist richtig, dass in den Gewerbegebieten Nord und Süd die Einzelhandelsbetriebe, landläufig als Supermärkte bezeichnet, entstanden sind. Wie Sie richtig sagen, ist dieser Trend deutschlandweit seit mehreren Jahrzehnten zu beobachten. Wir in Mering sind in der glücklichen Lage, dass es gelungen ist, im Zentrum einen vorhandenen Supermarkt zu verlagern und eben im Ortszentrum zu halten. Das ist eher die Ausnahme, weshalb wir uns darüber freuen. Im Übrigen wird von Seiten der Kommune der Meringer Einzelhandel bei Aktionen, die den Bekanntheitsgrad steigern, aktiv unterstützt.

myheimat: Welche Auswirkungen wird die aktuelle Wirtschafts- und Finanzkrise auf die Finanzen der Marktgemeinde Mering haben?

Kandler: Dieses Jahr wird der Marktgemeinderat noch einen gesunden und soliden Haushalt beschließen können. Im Finanzplanungszeitraum ist sogar ein weiterer Schuldenabbau um ca. 2 Millionen Euro vorgesehen. Dies ist allerdings eine Prognose für die nächsten Jahre, von der wir nicht wissen, ob sie tatsächlich so eintritt. Der Wille zum Schuldenabbau ist vorhanden. Ob es gelingt, hängt eben von der Wirtschaftskrise und deren Auswirkungen ab, die selbst hochrangige Experten heute noch nicht abschätzen können. Eines ist jedoch klar, dass hochrangige Bankmanager mit Millionengehältern sich bis auf die Knochen blamiert haben und deshalb als Experten ausscheiden.

myheimat: Ist für das Jahr 2009 mit einem Rückgang der Gewerbesteuern zu rechnen?
Kandler: Für den Entwurf des Haushaltsplanes 2009 plane ich mit unserem Kämmerer einen Rückgang der Gewerbesteuer von 25% ein.

myheimat: Sie gehören der SPD an. Im Marktgemeinderat sind Sie auf die Zusammenarbeit mit allen Fraktionen angewiesen. Ist in der Kommunalpolitik überhaupt Platz für kleinkarierte Parteipolitik?
Kandler: In der Kommunalpolitik gibt es keinen Raum für Parteipolitik. Ist ein Kanal oder eine Straße kaputt, muss dies repariert werden. Gibt es zu viele Schüler, muss eine Schule erweitert werden. Dies sind Sachprobleme, die wir im Marktgemeinderat lösen müssen. Ich empfinde es als äußert angenehm, dass in dieser Amtsperiode keine Gruppierung eine Mehrheit hat. Dies erhöht den Zwang zur Zusammenarbeit.

myheimat: Wo soll die Marktgemeinde Mering im Jahr 2014 stehen?

Kandler: Am Ende der Amtsperiode ist es unser gemeinsames Ziel, die Verschuldung des Marktes Mering unter 10 Millionen Euro gedrückt zu haben. Gleichzeitig soll bis dahin die Sporthalle, die Bücherei und mehrere Straßen gebaut bzw. saniert werden. Dies sind ehrgeizige Ziele, aber wo ein Wille ist, ist sicherlich auch ein Weg.

myheimat: Nennen Sie uns ein Highlight aus dem Meringer Veranstaltungskalender, auf das Sie sich jedes Jahr freuen!
Kandler: Ich kann Ihnen kein einzelnes Highlight nennen, sondern mehrere Veranstaltungen, da Mering mittlerweile so groß ist, dass ständig irgend etwas zu Gange ist. Ich freue mich auf den demnächst stattfindenden Kunst- und Kulturfrühling mit Marianne Sägebrecht, das Volks- und Heimatfest mit dem 125-jährigen Jubiläum des Spielmannszuges, auf die Sonderausstellung im Heimatmuseum zu 111 Jahre Ammerseebahn, die Freibadsaison, die verschiedenen Sommerfeste der Vereine, das Candle-Light-Shopping und den Christkindl-Markt der Meringer Geschäftsleute.

myheimat-Team:

Joachim Meyer aus Friedberg

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