"Das Gutscheinheft fand reißenden Absatz": Ein Interview mit Friedbergs Citymanagerin Bianca Roß

Friedbergs Citymanagerin Bianca Roß auf dem Weg zu ihrem Arbeitsplatz | Foto: Stadt Friedberg
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myheimat: Frau Roß, bereits seit über 1,5 Jahren konnten pandemiebedingt kaum Veranstaltungen und frequenzbringende Events in der Innenstadt realisiert werden, eigentlich eines der Kernthemen im Citymanagement: die Innenstadt beleben. Wie unterstützt man Unternehmen im Lockdown, wie fördert man Umsätze bei hygienebedingten Einschränkungen?

Roß: In der Tat eine knifflige Herausforderung. Mein Fokus lag darauf den zeitweise sehr beschränkt möglichen Umsatz in der Stadt zu behalten. Die Buy-local Kampagne „Ich kauf vor Ort“ konnte dank großartiger Vorarbeit von Herrn Grzabka direkt neu aufgelegt werden und die lokale Kaufkraftbindung und Kundentreue unterstützen. Im Weihnachtsgeschäft 2020 bewarben wir den langjährig bewährten Cityscheck als Mitarbeitergeschenk und um das To-go-Angebot der Gastronomen im harten Lockdown zu bewerben, schickten wir den hochwertigen „Friedberg Becher“ aus Tagen der Landesausstellung mit ins Rennen bei Anzeigenkampagnen und Socialmedia-Beiträgen.

myheimat: Der Umbau der Bahnhofstraße wurde nach jahrelangem Aufschub nun 2021 endlich angepackt. Im Fokus waren nicht nur die Vorfreude auf die Neugestaltung, sondern neben verkehrlichen Einschränkungen auch die Anliegerbelastung durch Schmutz und Lärm. Insbesondere die Gewerbetreibenden litten unter Baustellenbelastung und Corona-Auswirkungen doppelt, haben Sie Verständnis für den geäußerten Unmut?

Roß: Selbstverständlich habe ich Verständnis dafür, dass die verkehrlichen Einschränkungen, Geräusch- und Schmutzauswirkungen für viele Anlieger zur Belastung werden. Bedrohlich wurde die Situation besonders für Gewerbetreibende, die neben Schwierigkeiten bei Be- und Entladetätigkeiten vor allem die fehlende Kundenfrequenz beklagten. Das allein wäre schon schwer gewesen, dazu noch ein pandemiebedingter, monatelanger Lockdown mit Einnahmenausfällen verschärft die Situation kleiner Unternehmen extrem. Gerade deshalb haben wir uns bereits im Vorfeld um einen Fördertopf bei der Städtebauförderung beworben, um durch baubegleitende Maßnahmen zur Frequenzsteigerung und Umsatzförderung den betroffenen Gewerbetreibenden unter die Arme greifen zu können.

myheimat: Das von Ihnen angesprochene Baustellenmarketing zusammen mit dem Aktiv Ring umfasst zahlreiche Aktionen. Dazu zählten 2021 unter anderem Infoflyer, Infoschaufenster, Videospots zum Baufortschritt, ein Kinderbaustellenfenster, Qualifizierungsangebote für Unternehmer, ein Gutscheinheft und umfassende Anzeigenkampagnen. Welche Bilanz dieser Aktionen ziehen Sie am Ende des Jahres?

Roß: Ich bin davon überzeugt, dass nicht viele Baustellen mit so umfangreichen Aktionen für Gewerbetreibende begleitet werden. 80% der Maßnahmen sind bereits umgesetzt, bis auf ein ursprünglich geplantes Baustellenfest konnten alle Maßnahmen realisiert werden oder kommen noch in den nächsten Monaten. Freilich können die Aktionen des begleitenden Baustellenmarketings die Auswirkungen der Bauarbeiten nicht in Gänze ausgleichen.

myheimat: Ein Instrument, das nicht nur den direkt betroffenen Unternehmen zu Gute kam, sondern die Frequenz und den Umsatz bei allen teilnehmenden Händlern und Gastronomen in der Innenstadt wieder ankurbeln sollte, war die Neuauflage des bewährten Gutscheinheftes. Haben sich Ihre Hoffnungen diesbezüglich erfüllt?

Roß: Unsere Erwartungen wurden sogar übertroffen. Das Gutscheinheft fand reißenden Absatz und so mancher auswärtige Kunde bedauerte, dass er nicht im Verteilgebiet - 16.000 Hefte im Friedberger Stadtgebiet - ansässig ist. Auch das Feedback der teilnehmenden Händler und Gastronomen ist durchweg positiv und bestätigt einmal mehr, dass die bereits 3. Auflage des Gutscheinheftes trotz immensen Aufwands absolut gerechtfertigt war.

myheimat: Bei den meisten dieser Projekte arbeiten Sie Hand in Hand mit dem Aktiv Ring Friedberg. Wie würden Sie Ihre Zusammenarbeit beschreiben?

Roß: Das erfolgreiche Zusammenspiel zwischen Aktiv Ring (Renate Mayer) - im Baustellenmarketing vertreten durch Manuel Weindl als Teilprojektkoordinator - und dem Citymanagement wurde in zahlreichen Teilprojekten unter Beweis gestellt. Das Erfolgsrezept liegt in der gelungenen Mischung aus Tradition und Innovation, Handelsvertretung und Stadtverwaltung, Kreativimpuls und Projektstruktur.

myheimat: Inwieweit konnten Sie in Ihren eineinhalb Jahren als Citymanagerin bereits ein Netzwerk in Friedberg aufbauen? (Kontakt zu Geschäftsleuten, Einzelhändlern, etc.?)

Roß: Neben intensiver Begleitung einiger Neugründungen im Stadtgebiet, konnte ich vor allem durch die erfolgreich umgesetzten Teilprojekte und vier Qualifizierungsangebote einen persönlichen Kontakt zu Geschäftsleuten, Gastronomen und Händlern aufbauen. Der Aktiv Ring als wichtige Kontaktschnittstelle erklärt sich von allein. Durch die jetzt endlich wieder möglichen Netzwerktreffen intensiviert sich der persönliche Austausch mit diversen Akteuren und Interessensvertretern nun seit Beginn der Lockerungen.

myheimat: Können Sie zum gegenwärtigen Zeitpunkt schon ungefähr abschätzen, welche Auswirkungen die Coronakrise auf die Friedberger Geschäftswelt und die Unternehmen haben wird?

Roß: Die Coronakrise an sich haben die meisten Unternehmen in der Innenstadt einigermaßen unbeschadet überstanden – Dank Kundentreue, findiger und schneller Lösungen im Bereich Lieferservice, telefonischer Beratung und To-go-Angeboten. Ein wichtiges Instrument an der Schnittstelle zwischen Kunde und Unternehmer - als der übliche Weg verwehrt blieb – ist die lokale Onlineplattform https://einkaufen-in-friedberg.de gewesen. Hier zeichnet sich auch ein Überbleibsel aus der Krise ab – die Lernfähigkeit, sich in digitale Spielwiesen vorzuwagen und daran zu wachsen.

myheimat: Der stationäre Einzelhandel befand sich schon vor der Coronakrise in einer schwierigen Situation. Die Pandemie hat nun bestimmte Entwicklungen noch beschleunigt und verschärft. Was würden Sie lokalen Händlern als Strategie für die Zukunft empfehlen?

Roß: Profil schärfen, digital sichtbarer werden und vor Ort mit Beratung und Service überzeugen. Letzteres ist ja bereits eine Stärke der meisten Friedberger Unternehmen. Was die Pandemie gezeigt hat, ist, dass der Kunde - wenn nötig - mehrdimensionaler agieren kann, hier muss der Einzelhandel mithalten können und die eigenen Wettbewerbsfähigkeit steigern.

myheimat: Die Aufgabe einer Citymanagerin beschränkt sich ja nicht ausschließlich auf den innerstädtischen Einzelhandel. Sie kündigten an, künftig den Bereich „Wirtschaftsförderung“ stärker bespielen zu wollen. Welche Schwerpunkte wollen Sie da setzen?

Roß: Mein Tätigkeitsfeld erstreckt sich bei Weitem nicht nur auf die Innenstadt, sondern fordert im Rahmen der Wirtschaftsförderung auch den Auf- und Ausbau von Netzwerkplattformen für die Gewerbetreibenden im ganzen Stadtgebiet. Mein Wunsch ist eine noch stärkere Vernetzung der Friedberger Unternehmen untereinander und zu Wissensnetzwerken im ganzen Wirtschaftsraum – diesen Bonus bringe ich ja schließlich aus vorherigen Tätigkeiten mit.

myheimat: Frau Roß, vielen Dank für dieses Gespräch.

myheimat-Team:

Joachim Meyer aus Friedberg

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