Wunder der Natur: Schmetterlingsraupe mit Fremdsprachenkenntnissen

Dass die Natur ganz Großartiges zustande bringt und oft auch als Vorbild für innovative technische Entwicklungen der Menschheit dient (Beispiel Bionik), dürfte nicht nur mir bekannt sein. Und teilweise sind die „Erfindungen“ der Natur so faszinierend, dass sie schon fast unglaublich sind.

So etwas beinahe Unglaubliches habe ich heute in der Zeitschrift „Die NRW-Stiftung“ gelesen.

Haben sie schon mal etwas vom Kreuzenzian-Ameisenbläuling gehört? Ich bisher nicht, aber ich kann ja auch nicht alles kennen, was da in der Natur so kreucht und fleucht. Nun, der Kreuzenzian-Ameisenbläuling ist ein Schmetterling und heißt so, weil er ein extrem wählerischer Esser ist. Er mag nämlich als Raupe nur die zarten Teile eines bestimmten Enzians.

Diese vegetarische Ernährung stellt die Raupe im Spätsommer plötzlich ein. Und hier beginnt das wirklich Erstaunliche. Die Raupe lässt sich von den Blüten auf den Boden fallen – ausgerechnet dort, wo die gefräßigen Knotenameisen ihr Tagwerk verrichten. Diese Ameisen haben nicht gerade die Angewohnheit, lange zu fackeln, sondern zerteilen mit ihren Kieferzangen normalerweise jedes weichhäutige Insekt, dessen sie habhaft werden können und verfüttern es an ihre Brut.

Klingt nach einem Todesurteil für die Raupe, ist es aber nicht. Denn diese Raupe wird von den Ameisen nicht als Beute betrachtet, sondern als hilflose Ameisenlarve, und in den Bau getragen, um sie zu hegen und zu pflegen. Die Raupe besitzt nämlich eine chemische Tarnkappe, durch die sie in der Lage ist, ein betörendes Duftsekret zu verbreiten, das die Ameisen völlig kirre macht. So gelingt es ihr, nicht nur mitten im Heer der potentiellen Todfeinde zu leben, sondern sich auch noch fürstlich mit Nahrung versorgen zu lassen.

Die Ameisen sind ganz wild darauf, ihren vermeintlichen Artgenossen mit einem nahrhaften Proteinbrei zu versorgen. Dies geht sogar so weit, dass diese Fütterung ohne Einschränkungen weitergeht, wenn für alle anderen - also echten – Ameisenlarven strengste Diät angesagt ist, weil die Nahrung knapp wird.

Selbst, wenn Gefahr droht, bringen die Ameisen nicht etwa erst ihre Artgenossen in Sicherheit, sondern zunächst die Schmetterlingsraupe und dann erst ihre eigenen Nachkommen. Die Raupe besitzt Privilegien, wie sie sonst nur die Ameisenkönigin genießt.

Wissenschaftler haben nun herausgefunden, wie die ausgefuchste Raupe das anstellt: Sie kann perfekt knotenameisianisch. Sie beherrscht diese Sprache so gut, dass sie die Stimme der Ameisenkönigin imitiert. Denn die Knotenameisen verständigen sich untereinander nicht nur mit chemischen Botenstoffen, sondern unterhalten sich auch durch bestimmte Laute, die durch gerippte Chitinleisten an ihrem Hinterleib erzeugt werden.

Der Befehlston der Ameisenkönigin klingt anders als das normale Geschnatter der Ameisen und wenn der ertönt, stehen alle Ameisen im Bau sozusagen Gewehr bei Fuß. Durch ihr Sprachtalent gelingt es der kleinen Schmetterlingsraupe, sowohl im Raupen –als auch im Puppenstadium die Ameisen herumzukommandieren. Es ist noch nicht erforscht worden, wie sie das macht, aber es klappt vorzüglich. Und offensichtlich merkt die Ameisenkönigin auch nicht, dass da eine Konkurrentin zugange ist.

Heikel wird es für die Raupe erst, wenn sie sich nach der Verpuppung in einen Schmetterling verwandelt hat, denn dann verliert sie schlagartig sowohl ihre chemische Tarnkappe als auch ihr Sprachtalent. Da heißt es dann schnell sein, denn in der Höhle des Löwen (sprich: der Ameisen) wird es nun brandgefährlich für den neuen Schmetterling. Er muss den Ameisenbau verlassen haben, bevor die rechtmäßigen Bewohner Lunte riechen, denn sonst dient der nun fertige Kreuzenzian-Ameisenbläuling als willkommenes Festmahl.

Recherchequelle:
Zeitschrift „Die NRW-Stiftung“, Nr. 2/2012, Seiten 15 bis 17

Bürgerreporter:in:

Horst-Peter Horn aus Erkrath

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