DDR 1989 – Aufstand gegen die kommunistischen Kader – Teil 3 (Zeitgeschichte) 

Aus SED-Zeitung DAS VOLK, Erfurt
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In der DDR gärte es im Jahr 1989. Die Bürger ließen sich nicht mehr alles gefallen. Doch die SED hielt noch immer in ihrer Parteizeitung DAS VOLK dagegen.

Immer wieder gab es Berichte über die miserablen Zustände in der „BRD“: Den Arbeitslosen ginge es immer schlechter und die Preise stiegen enorm an. So berichtete ein DDR-Journalist über seine Erlebnisse im Westen unter „Kennzeichen BRD“:

„Einerseits Stichwort Gaststättenkultur. Die Zahl der einladenden Lokalitäten ist schier unübersehbar. Lange Öffnungszeiten, kaum Ruhetage. Unfreundlichkeit in der Bedienung widerfuhr mir nicht einmal …

Andererseits: Aber gepfefferte Preise … 2,50 DM für eine Selters ….Gaststätten-Steak für 25 DM. Nur wer Arbeit hat, kann sich eine 3-Zimmer-Wohnung für 1.100 DM Kaltmiete leisten. … Und das Arbeitslosenheer, die Sozialhilfeempfänger, Schlangen in den Korridoren der Arbeitsämter.“

An anderer Stelle heißt es: Der saarländische Ministerpräsiden und stellvertretende SPD-Vorsitzende Oskar Lafontaine habe sich für eine „Begrenzung des Zuzugs deutschstämmiger Aussiedler aus dem Osten“ ausgesprochen. So auch Johannes Rau und der DGB-Vorsitzende Ernst Breit. In Bayern fehlten 85.000 Wohnungen usw. usw.

Nicht zu verhindern war jedoch durch massiven Druck die Veröffentlichung von kritischen Bürgervoten: So verlautete es aus einem Gespräch im Weimarer Klub „Erich Wendt“:

Der Schriftsteller „Ulrich Völkel erklärte sich nicht einverstanden mit der Formulierung Egon Krenz´ in Moskau, daß die 9. Tagung des ZK die Wende eingeleitet habe. Dies sei eine Lüge. Entweder die Dreieinigkeit dieses Mannes habe immer noch nicht begriffen und besitze die Stirn, so etwas zu erklären, oder er habe es gewußt und wolle der Welt etwas anderes einreden; dann könne er nicht das Land regieren. Es werde jetzt immer gesagt, die tieferen Ursachen für die Krise seien nicht bekannt. Das stimme nicht. Sie seien bekannt. Die DDR sei ein positives und notwendiges Ergebnis der Nachkriegsentwicklung nach 1945, und die Amme habe Stalin geheißen. Und solange wir nicht die Auswirkungen des Stalinismus aus dem Wege geräumt hätten, würden auch nicht die Ursachen für die Fehlentwicklungen beseitigt.“

Am 6. November berichtete die SED-Parteizeitung DAS VOLK (Erfurt) von einer großen Demonstration auf dem Alexanderplatz in Berlin mit 500.000 Teilnehmern. Drei Stunden hätte die Veranstaltung gedauert mit vielen Rednern. Keiner der Redner wird mit dem Namen erwähnt.

Zudem wird der Entwurf der neuen Reisegesetze veröffentlicht. „Die Bürger der Deutschen Demokratischen Republik haben das Recht, in das Ausland zu reisen.“ Die Genehmigungen seien mindesten 1 Monat und frühestens 3 Monate vor Reiseantritt formgebunden zu beantragen.

Dies sollte nur weinige Tage später durch die Wirklichkeit überholt werden.

Zwei Berichte (nebenstehend als Foto wiedergegeben) geben die schwierige Lage wieder, in der sich offenbar die Redaktion von DAS VOLK befand. Einerseits die fest auf der Linie der SED stehenden Genossen darzustellen und andererseits die deutliche Kritik und schon Folgerungen aus einigen Kreisen zu veröffentlichen:

Beispiel 1:

Kreisleitung der SED Heiligenstadt beriet:

… eingetretene Fehler zu korrigieren. Der 2. Sekretär, Egon Gerhardt, bat die Kreisleitung, ihn von seiner Funktion zu entbinden, da er sich den Anforderungen nicht mehr gewachsen fühle. Die Kreisleitung folgte seiner Bitte einstimmig.“

Beispiel 2:

„Ein Leser zur Demo in Berlin:

Da wäre aus meiner Sicht zu fragen … Wer aber meint, er müßte Sicherheitsorgane wie das MfS abschaffen, der begibt sich bewußt auf das Gleis der Anarchie und des Chaos - auch, wenn er die Worte Sozialismus und Demokratie noch so strapaziert. Vielleicht sollte man in diesem Zusammenhang diesen Rednern mal die Frage stellen, ob sie bereit wären, das Schloß aus ihren Wohnungstüren zu entfernen …
Eine Frage bewegt mich ganz besonders. Was haben die Veranstalter dieser Demonstration bezweckt, die Genossen Schabowski und Wolf als Redner einzuladen. … Waren es die Gründe, um die Meinungsvielfalt, dem Pluralismus zu huldigen, oder wollte man ihnen beweisen, daß sich die Kommunisten in Zukunft auf die letzte Reihe zu setzen haben?“

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Bürgerreporter:in:

Karl-Heinz Gimbel aus Marburg

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