Energiegipfel oder Tal der Tränen?

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Zur Abschlußveranstaltung am 30. September 2019, des von Minister Aiwanger einberufenen Energiegipfels, waren über 100 Interessensvertreter aus Wirtschaft, Politik, Umweltschutz und Bürgervertretern gekommen. Ich durfte als Sprecherin der Bürgerinitiative Megatrasse-VG-Nordendorf die Bürgerschaft vertreten. In 4 Arbeitsgruppen wurden innerhalb eines halben Jahres die Themen Ausbau der Erneuerbaren Energien, Energieeffizienz und Energieeinsparung, Speicher und Stromnetze diskutiert. Die Ergebnisse dieser Sitzungen präsentierten die jeweiligen Gruppenleiter dem geladenen Publikum im Anschluß.

Zu Beginn begrüßte Hubert Aiwanger seine Gäste und wies darauf hin, dass wir die Energiewende entweder gemeinsam schaffen oder aber auch gemeinsam an die Wand fahren könnten. Leider sprach er nur von den bei Weitem nicht ausreichenden CO2 Minderungszielen von 50% bis 2050. Stolz erwähnte er den vermiedenen Netzausbau der P44 und wies aber auch gleichzeitig auf die hohen Kosten für den geplanten Netzausbau mit 65 Milliarden Euro ++ hin. Auch wenn die letzten AKW´s 2022 abgeschalten würden, bestünde für Bayern keine Gefahr der Versorgungssicherheit. Er wolle neue Windräder trotz 10 H bauen und dies mit mehr Bürgerbeteiligung tun. Thorsten Glauber wies in seiner Begrüßungsrede auf die vermittelnde Position der Politik hin. Es wäre eine Addition vieler Schritte, bei dem die Bürgerinnen und Bürger eine wichtige Rolle spielten. 

Nachdem aus der Arbeitsgruppe 1, die erarbeiteten Ziele für den Ausbau der Erneuerbaren Energien vorgestellt wurden, konnte man sich an der anschließenden Diskussion beteiligen. Die Arbeitsgruppe hatte für den Bereich Photovoltaik ein technisches Potential von 30-200 TWh/a für Bayern errechnet. Als Zielvorschlag bis zum Jahr 2030 hatte sie allerdings nur 30 TWh/a aufgeführt. Dies war für mich ein wichtiger Grund mit in die Diskussion einzusteigen. Schon vor Beginn der Veranstaltung war ich vor die Türen des Ministeriums gegangen, als ich gehört hatte, dass dort die Fridays for Future mit einem Plakat standen. Ich bedankte mich bei ihnen für Ihr Kommen und fragte sie nach Ihrem Grund, auch an einem Montag aktiv zu werden. Sie waren unzufrieden mit den Ergebnissen-auf ihrem Plakat stand: "Klimakosmetik reicht nicht". Dies führte ich auch bei der Diskussion auf, denn das 1,5 Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens kann mit diesen unambitionierten Zielen sicher nicht erreicht werden. Unsere Dächer sind vielfach leer. Wir müssen nicht wertvolles Ackerland verbauen, wenn wir es nicht einmal schaffen unsere Dächer voll zu machen. Herr Mergner, der Vorsitzende des BUND Naturschutz schloß sich dem an und forderte endlich ein Gesetz zum verpflichtenden Bau von PV-Anlagen auf Schulen und Gebäuden. Aiwanger sagte dazu nur: Ja, wir können und wir müssen. Herr Mergner bezweifelte die Ernsthaftigkeit der Politik an der Energiewende. Er war schon bei mehreren "Energiedialogen" dabei-verändert habe sich dadurch nichts-die Zahlen sind unverändert schlecht. Das ist reine Zeitverschwendung.

Die Arbeitsgruppe 2 hatte errechnet, dass ein technisches Einsparpotential bei Privathaushalten von 23% der Endenergie und bei der Industrie von 18% möglich wäre. Allerdings wird auch der Stromverbrauch durch Produktionssteigerung, Wirtschaftswachstum und Bevölkerungswachstum, sowie durch weitere Elektrifizierung( z.B. Wärmepumpen, E-Mobilität) und Reboundeffekte wieder wettgemacht werden. Die Arbeitsgruppe kam auch zu dem Ergebnis, dass es keine Verringerung des Netzausbaus geben könnte. Hier wurde von den Trassengegnern wehement widersprochen, denn die Trassen verursachen schon seit vielen Jahren eine zunehmende Gefährdung des sozialen Friedens. Die Anzahl der Bürgerinitiativen steigt wieder an und auch die geschätzten Planungskosten erinnern so manchen an den Berliner Flughafen. Ich monierte die mysteriöse Zusammensetzung der Arbeistgruppen, denn es gab Organisationen, die in allen 4 AG´s vertreten waren und andere Organisationen in keiner einzigen AG. Auch die Gewichtung der verschiedenen Vertreter in den AG´s war nicht ausgewogen, daher können Abstimmungen nicht als neutral gewertet werden. Auch sollte beim Thema Netzausbau immer zwischen dem Ausbau des Verteilnetzes und dem Übertragungsnetz entschieden werden. Die Erzeugerstruktur hat sich schon stark verändert und wird das auch weiterhin zun. Daher wird eine Verstärkung des Verteilnetzes auch von Seiten vieler Trassengegner befürwortet. 

Die Arbeitsgruppe 3 beschäftigte sich vor Allem mit Flexbilitätsoptionen und Speichern. Sie kam u.a. zu dem Schluß, dass eine Senkung der Stromsteuer auf das europarechtliche Mindestmaß als sinnvoll anzusehen wäre, sowie die Schaffung von Anreizen für netzdienliches Verhalten. Ebenso befürwortete sie die Überprüfung der Netzentgeldsystematik. Den Verteilnetzbetreiber sollte auch eine größere Rolle zukommen, da sie immer mehr Netzverantwortung übernehmen müßten. Leider sprach sich Minister Aiwanger lieber für Pumpspeicherkraftwerke, anstatt für größere Batteriespeicher, Gemeindespeicher oder der Nutzung des vorhandenen Gasnetzes aus. Würde man den Flächenverbrauch und die Umweltauswirkungen an 1. Stelle stellen, würde das sicher ganz Anders ausfallen. Auch propagierte Hubert Aiwanger, man müsse Wasserstofftankstellen und Wasserstoffautos fördern. Gott sei Dank korrigierte ein Gast diese unsinnige Vorstellung, denn Wasserstoff benötigt etwa 3x soviel Energie zur Herstellung, als die Elekromobilität. Zudem ist diese Technik wesentlich teurer als die E-Mobilität. Für die Schiffahrt oder den Schwerlastverkehr wäre Wasserstoff oder PTL aber denkbar. Auch nicht nachvollziehbar ist für mich, die derzeitige Förderung von Batteriespeichern, die man nur bekommt, wenn man gleichzeitig eine neue PV-Anlage baut. Was ist mit den Bürgern, die schon eine Anlage betreiben? Wenn diese einen Speicher nachrüsten wollen, gehen sie leer aus. Warum hat man diese Menschen beim Förderprogramm einfach ausgeschlossen? Jeder kleine Speicher ist wichtig, denn er erhöht die Eigenverbrauchsquote und verringert Netzausbau. 

Die Arbeitsgruppe 4 sorgte für die meisten Spannungen, denn das Thema Netzausbau, Netzentwicklungsplan und CO ist aktueller denn je. Ich wieß vor Allem die Industrie darauf hin, für die günstige Strompreis anscheinend das Wichtigste zu sein scheinen, welche Auswirkungen die bisher nur geschätzten Kosten für die Strompreise haben könnten. Und würde man den Netzausbau-vor Allem aber den HGÜ-Ausbau unter der Prämisse des Klimaschutzes sehen, so dürfte kein Meter gebaut werden-weder als Freileitung, noch als Erdverkabelung. Hier geht es um tausende von Metern Ausbaustrecke. Gerade bei der Erdverkabelung muß wertvoller Mutterboden abgetragen werden. Wald muß abgeholzt, riesige Gräben ausgebaggert und betoniert werden. Der Schwerlastverkehr zum Transport der Kabeltrommeln verursacht breite Wege und sorgt für viele Emissionen. Die CO2-Bilanz einer solchen Trasse, die keine einzige KWh produziert, sondern nur Strom transportiert, muß dringend hinterfragt werden. Angesichts dessen, dass weder beim Energiegipfel, noch bei der Bundesregierung ein genauer Plan existiert, wo und in welchem Umfang welche Energieerzeuger entstehen sollen, sind solche Ausbaupläne der Schritt 2 vor dem eigentlichen 1. Schritt. Erst wenn es einen Netzentwicklungsplan gibt, der die Kohle als Energiequelle komplett aus ihren Berechnungen hat, ein Klimaplan mit einer genauen Verteilung von regionalen, dezentralen Erzeugungsstrukturen existiert und Energiespeicher als primäre Überstromnutzung berücksichtigt sind, kann berechnet werden, ob und/oder wieviel Netzausbau nötig ist. Mit den 64 Milliarden Euro, mit denen der Netzausbau momentan beziffert wird, könnte man viele Photovoltaikanlagen und Batteriespeicher bauen! Minister Aiwanger sagte dazu: Es ist ein Spiel mit offenem Ausgang und man könne dieses Spiel mit beeinflussen.

Positiv fand ich bei diesem Gipfel, dass viel Zeit für Diskussionen eingeplant wurde und auch die Redezeit pro Wortmeldung gut eingehalten wurde.
Die Frauenquote war wie immer sehr schlecht und die Jugend wurde als Teilnehmer an dieser Veranstaltung leider nicht berücksichtigt.

Viele Organisationen forderten in der Enddiskussion viel ambitioniertere Ziele-vor Allem PV-Ausbau, um das 1,5 Grad-Ziel unbedingt einzuhalten zu können. Die Wissenschaft gibt uns dazu noch max. bis zum Jahr 2035 Zeit. Wir haben also gerade einmal 15 Jahre Zeit-nicht zum Diskutieren, sondern zum Handeln! Nicht das Ökonomische, sondern das Ökologische sollten bei allen Entscheidungen an 1. Stelle stehen. Was nützt uns Wirtschaftswachstum, wenn wir keine Rohstoffe mehr haben, wenn Flüchtlingswellen uns überrollen oder Klimakatastrophen uns heimsuchen. Hoffen wir, dass der Energiegipfel kein Energiehügel bleibt!

Die Ergebnisse des Energiegipfels 2018/2019 sind hier einzusehen:
https://www.stmwi.bayern.de/fileadmin/user_upload/...

Mit sonnigen Grüßen
Anita Dieminger
Sprecherin BI-Megatrasse-VG-Nordendorf

Energiegipfel Bayern
Bürgerreporter:in:

Knippsi Knippsilein aus Ellgau

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