Unser Geld

Als vor rund zwanzig Jahren der Euro eingeführt wurde und unsere alte vertraute Mark ablöste, war der höchste Wert eines Geldscheins 500 Euro. Diesen Schein gibt es zwar heute auch noch und die ausgegebenen Scheine haben auch heute noch ihre Gültigkeit, nur die Europäische Zentral (EZB) druckt seit Jahren keine neuen Scheine mit diesem Wert und zieht die vorhandenen Scheine mit diesem Wert sogar ein, wenn sie bei ihr eingeliefert werden. Angeblich, so die offizielle Begründung, werden Scheine mit diesem Wert nicht gebraucht, außer von Kriminellen und Drogenhändlern, und die wolle man doch selbstverständlich nicht unterstützen. Gleichzeitig wird uns Bürgern versichert, dass niemand das Bargeld abschaffen wolle, denn: „Bargeld bedeutet Freiheit“.
In den letzten Jahren kommt immer wieder die Diskussion auf, die kleinsten Münzen, die 1-Cent-Münzen und die 2-Cent-Münzen, abzuschaffen, denn sie werden nicht gebraucht. So immer wieder die auch von halb-offizieller Seite vorgetragene Begründung. Münzen werden im Gegensatz zu den Geldscheinen, den „Banknoten“, nicht von der EZB, sondern von den Regierungen der einzelnen Staaten geprägt, der Prägegewinn, der Unterschied zwischen den Produktionskosten und dem aufgeprägtem Nominalwert, wandert in die jeweilige Staatskasse, nur bei den kleinen Werten entsteht hier oft ein Verlust, den die Regierungen gern vermeiden wollen. Diese Tatsache spielt bei den Überlegungen zur Abschaffung der kleinen Münzen sicher auch eine Rolle. Und wieder wird den Bürgern versichert, dass niemand das Bargeld abschaffen wolle, denn: „Bargeld bedeutet Freiheit“.
Fragen wir doch die Wissenschaft, die muss es doch wissen.
Die Volkswirte und unter ihnen die Geldtheoretiker erklären schön abgehoben von derart kleinlichen Diskussionen, dass „Geld“ diese drei Funktionen habe:
a) Recheneinheit: Um den Wert verschiedener Güter zu bestimmen und dann zu vergleichen benutze man das „Geld“. „Geld“ kann, also der Euro, die gute alte DM (Deutsche Mark), der USA-Dollar, die Zigarette, eine Tüte Zucker oder sonst irgend etwas sein, man muss sich nur darauf verständigen. Als Recheneinheit braucht mithin niemand den Euro. So die Geldtheoretiker und Volkswirte – und in diesem Punkt haben sie ausnahmsweise einmal Recht.
b) Zahlungsmittel: Ein Tausch: „Biete Sack Kartoffeln, suche Handy“ ist schwierig. Der Verkauf von einem Sack Kartoffeln gegen einige Euro und der Kauf eines alten Handy für ein paar Euro ist hingegen einfach. Geld ist das vielleicht nicht notwendige aber zweckmäßige Schmiermittel, um den Austausch von Gütern zu erleichtern, Geld ist das Schmiermittel in der Wirtschaft. Diese Funktion erfüllt der Euro, aber dafür braucht man kein Bargeld, und jedes andere, auch nur gedachte Ding, tut es auch, es muss nur von allen anerkannt werden. Nach dem Krieg hatten wir die „Zigarettenwährung“: man rechnete und zahlte mit Zigaretten, im Ostknast zeitweise mit „ein Schnapsglas Zucker“.
c) Wertaufbewahrungsmittel: Man spricht von der „Währung“ des Geldes, „Währung“, weil es währen, also dauern soll. Nun gab es zu allen Zeiten die Geldentwertung, die Inflation, und seitdem man „Geld“ drucken kann – ein Euroschein beliebigen Nominalwertes verursacht rund 10 Cent Herstellungskosten – ist die permanente Inflation sogar das Ziel der EZB, die fordert zwei Prozent Inflation jährlich. Geld, das erklärter Maßen ständig an Wert verlieren soll, ist kein empfehlenswertes Wertaufbewahrungsmittel. Dieses Geld ist eine permanente Enteignung. Der Euro erfüllt diese von den Geldtheoretikern und den Volkswirten geforderte Funktion als Wertaufbewahrungsmittel also eindeutig nicht.
Hat uns die Wissenschaft weiter gebracht? Nicht wirklich. Nur eins wissen wir jetzt, „Geld“ muss nicht der Euro sein, auch nicht der USA-Dollar oder sonst eine der bestehenden, von Staaten verordnete „Währung“. „Geld“ kann auch eine der gerade aufkommenden „digitalen Währungen“ sein.
Geld ist Macht. Die digitalen Währungen sind von Staaten und Zentralbanken unabhängig, sie entmachten beide – und darum fürchten auch die Banken und Staaten diese neuen digitalen Währungen. Die von den Geldhäusern, den Banken, vorgetragene Behauptung, die digitalen Währungen seien nicht sicher, man könne damit sein gesamtes Vermögen verlieren, ist richtig, aber mit dem offiziellen Geld der Banken und Staaten verliert man sein Vermögen auch.
Noch ein Wort zur Abschaffung des Bargeldes. Bargeld ist, rechtlich gesehen, ein „Inhaber-Wertpapier“: wer es besitzt, gleichgültig ob ehrlich erworben, gestohlen, gefunden, kann es benutzen. Bargeld schafft Freiheit, weil es anonym gehortet und weitergegeben werden kann, Bargeld verhindert Kontrollen, was staatliche Stellen als entscheidenden Nachteil ansehen. Der Nachteil von Bargeld ist: es kann verloren, gestohlen, vernichtet werden und seine Aufbewahrung, Zählung, Transport macht Kosten. Man kann Bargeld ersetzen durch eine Geld-Chipkarte, auf deren Chip lediglich eine einzige positive Zahl gespeichert wird, diese Zahl entspricht dem gegenwärtigen Inhalt meines Portmonees. So wie heute jeder ein Portmonee hat, hat dann jeder eine (oder mehrere) Geld-Chipkarten. Jetzt brauchen wir noch ein Lesegerät für diese Geld-Chipkarten mit zwei Schächten, in den roten Schacht kommt die Geld-Chipkarte, auf die etwas übertragen werden soll, die Empfänger-Karte, in den grünen Schacht kommt die Geld-Chipkarte, von der etwas abgebucht werden soll. Das Lesegerät lässt nur die Eingabe einer Zahl zu, den zu übertragenden Betrag, der maximal dem Guthaben auf dieser Geld-Chipkarte entsprechen kann, und es überträgt immer vom grünen Schacht auf den roten Schacht. Damit haben wir die anonyme Übertragung wie heute beim Bargeld. Wer die Geld-Chipkarte in der Hand hat, kann von ihr Geld übertragen, genauso wie heute, wer das Portmonee in der Hand hat, kann Bargeld herausnehmen. Die Geld-Chipkarten werden am Geldautomat der Bank mit einem neuen Guthaben aufgefüllt, so wie heute Geldscheine ausgegeben werden. Der bargeldlose Zahlungsverkehr mit genauso verwendbaren Geld-Chipkarten ist kostenlos, technisch jederzeit leicht und anonym möglich – und wegen dieser Anonymität ist der Staat mit seiner Kontrollwut dagegen.
20.02.2020
Hermann Müller
Bentierode
Bentieröder Bruch 8
D-37574 Einbeck

Bürgerreporter:in:

Hermann Müller aus Einbeck

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