„Um 2 Prozent“

Vor einigen Tagen hat die EZB (Europäische Zentralbank) verkündet, dass ihr Inflationsziel nicht mehr „knapp unter 2 Prozent“ sei, sondern jetzt laute: „um 2 Prozent“. - Was bedeutet das?

Eine „Währung“ ist, oder soll es wenigstens sein, etwas „Währendes“, etwas Dauerndes, etwas Beständiges – und der Euro der EZB will doch eine Währung sein. Eine Währung, einfacher gesagt: das Geld, hat nach Meinung der Geldtheoretiker und Volkswirte diese drei Grundfunktionen: 1. Recheneinheit, 2. Zahlungsmittel, 3. Wertaufbewahrungsmittel. Ich habe bereits als Kind nach dem Zeiten Weltkrieg erlebt, dass diese Lehre falsch ist, denn die offizielle Währung war die „Mark“ aber im praktischen Leben galt die Zigarettenwährung, eine Zigarette, ein Schachtel Zigaretten, eine Stange Zigaretten war das tägliche Geld, Recheneinheit, Zahlungsmittel und Wertaufbewahrungsmittel. Wenige Jahre später, 1954, lernte ich im Stasiknast die „Lullenwährung“ kennen, „Lulle“ war nur ein anderes Wort für Zigarette. Geld ist also immer das, was das Volk gerade verfügbar hat und zum Geld macht – nicht zwingend das, was der jeweilige Staat dazu erklärt.
Von meinen Großeltern wurde die „Goldmark“ gepriesen, sie siechte im Ersten Weltkrieg dahin und starb dann in der Inflation, es war „Die Inflation“ vom Jahr 1923, die dem deutschen Volk noch heute als Schrecken im Gedächtnis ist – nur dem deutschen Volk, andere sehen die Inflation anders. Nach der Goldmark kam die „Rentenmark“, sie endete nach dem Zweiten Weltkrieg in der Währungsreform von 1948, die in kurzem Abstand, erst in den drei westlichen Besatzungszonen, dann in der sowjetischen Besatzungszone zur Einführung der „D-Mark“ (Westmark) beziehungsweise Ostmark führte. Dreißig Jahre später erlebten die Einwohner der nun DDR (Deutsche Demokratische Republik) mit dem Untergang ihres Staates die nächste Währungsreform: Die Ostmark wurde durch die Westmark ersetzt. Und weitere zehn Jahre später, um 2.000, folgte die Einführung des Euro.
Die im Gedächtnis so starke Westmark hatte in ihrem rund vierzig Jahren dauernden Bestand eine mittlere Inflationsrate von deutlich über zwei Prozent. Der Euro hatte durch äußere Umstände und ganz gegen den Willen der EZB bisher eine geringere Inflationsrate, das soll nun endlich anders werden.
Inflation ist Entwertung, Wegnahme von Wert, also praktisch Diebstahl an meinem Vermögen. Inflation mag ein Unfall sein, ungewollt, ja sogar gegen den Willen der Währungsmächtigen, eintreten, schlecht: Pech gehabt. Aber Inflation vorsätzlich von den Währungshütern zu planen, als Ziel auszugeben, zu verursachen, das ist kriminell.
Wer heute dem Zwanzigjährigen empfiehlt, ihn geradezu nötigt, für seine Rente mit Siebzig zu sparen, der sollte ihm auch gleich offen dazu sagen, dass bei diesen Inflationsraten er für jeden Euro seiner Ersparnisse in fünfzig Jahren bei zwei Prozent Inflation nur noch den Wert von (0,98^50=) 0,364 Euro bekommt; bei einer Inflationsrate von 2,5 Prozent es sogar nur (0,975^50=) 0,282 Euro sind; und wenn sich die EZB in ihren Bemühungen vor Eifer überschlägt und es drei Prozent Inflation werden, dann bleiben nur noch (0,97^50=) 0, 218 Euro. Also, für Sparzwecke ist der Euro bei dieser Zielpolitik der EZB in keinem Fall zu brauchen.
Anmerkung: Mathematisch ist meine Rechnung nicht genau, denn der Aufzinsungs- oder Wachstumsfaktor „r“ ist als „1+i“ definiert, wobei „i“ der Prozentsatz ist. Beispiel Zinssatz 2 Prozent: Aufzinsungsfaktor „r=1+0,02“ gleich „1,02“. Der Abzinsungsfaktor ist aber nicht (1-0,02=0,98), sondern „1/r“, gleich „1/1,02“= 0,980392156! Beweis: Wenn ich ein Kapital „K“ von 1 erst um zwei Prozent aufzinse und dann gleich wieder um zwei Prozent abzinse, muss das Kapital „K“ von 1 unverändert bleiben, die Rechnung also ((K*r)/r)=1, denn der Aufzinsungsfaktor und der Abzinsungsfaktor kürzen sich weg.
Für alle, denen das zu viel Mathematik ist, noch einmal:
1.) Der Euro taugt nicht zur Wertaufbewahrung, also zum Sparen.
2.) Wer Vermögen ansammeln oder aufbewahren will, muss in Sachwerte gehen – in sichere Sachwerte!
Wie das geht? Vielleicht in einem weiteren Beitrag.
21.07.2021
Hermann Müller
Bentierode
Bentieröder Bruch 8
D-37574 Einbeck

Bürgerreporter:in:

Hermann Müller aus Einbeck

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