Kurze Einführung in die Bevölkerungsprognose – Teil 5

Die Kenntnis der vorherigen Teile wird vorausgesetzt. Dieser Teil bringt die Geburtenwahrscheinlichkeiten. Die Geburten bringen Dynamik in die Bevölkerungsprognoserechnung.

Der 1. Teil brachte eine kurze Einführung und Übersicht.
Der 2. Teil brachte das Geschlechterverhältnis bei der Geburt.
Der 3. Teil brachte die einjährige Sterbewahrscheinlichkeit und die Sterbetafel Deutschland, BRD 1986/1988.
Der 4. Teil brachte die „stationäre Bevölkerung“ und Berechnungen der Last der Kinder und Rentner.
Der 5. Teil bringt nun das dritte Element der natürlichen Bevölkerungsbewegung: die Geburtenwahrscheinlichkeiten.
Das Statistische Bundesamt liefert uns die „Geburtenziffern“, das sind die Zahlen der Geburten je 1000 Frauen, sortiert nach dem Alter der Mutter. Wir dividieren diese Geburtenziffern durch 1000 und erhalten so die Wahrscheinlichkeit, dass eine Frau in dem betreffenden Alter ein Kind zur Welt bringt.
Die Rechnung mit den Geburtenwahrscheinlichkeiten setzt eine Bevölkerung voraus. Diese schaffen wir uns wie im vorherigen Teil dieser Reihe dargestellt als eine stationäre Bevölkerung, diese ist die Basis unserer Modellbevölkerung im Zeitpunkt (Jahr) 0 (allgemein: Jahr n). Ausgehend von dieser Basis-Bevölkerung wird dann mit den Geburtenwahrscheinlichkeiten für das Rechnungsjahr 1 (allgemein: n+1) die Zahl der Null-Jährigen errechnet. Alternativ einer von uns geschaffenen Modellbevölkerung ist eine reale Bevölkerung, die wir vom Statistischen Bundesamt für ganz Deutschland bekommen, oder – kleinräumiger – einem Bundesland (Statistische Landesämter); Vorsicht bei noch kleineren Gebieten, denn da ist leicht die Masse für statistische Berechnungen zu klein.
Die Rechenformel zur Errechnung der Kinderzahl des Rechnungsjahres n+1 ist für ein Alter y: {n}l{y}*g{y}={n+1}K{x}; dabei bedeutet „g{y}“ die Geburtenwahrscheinlichkeit des Alters y und „{n+1}K{x}“ die Zahl der Geburten der Frauen in dem Alter y und {n}l{y} die lebenden Frauen im Alter y des Rechnungsjahres n, also des Vorjahres, für das wir die Kinderzahl berechnen wollen. Die Summe aller {1}K{x}, also die Summe der Kinder aller Frauen, ist die Gesamtzahl der Kinder; diese teilen wir entsprechend der Geschlechterverteilung bei der Geburt auf in l{0;männlich}=0,515*(Summe)K{x} und l{0;weiblich}=(Summe)K{x}-l{0;männlich}. Beispiel: Die Summe der K{x} (Gesamtzahl der Geburten) sei 150.000; dann ergibt das (150.000*0,515=) 77.250 Jungen und (150.000-77.250=) 72.750 Mädchen.
Stabile Bevölkerung.
Wir erinnern uns: die stationäre Bevölkerung war definiert als die Bevölkerung, die nur von der Sterbetafel abhängt; die Zahl der Null-Jährigen, die Geburten, wurde von uns einfach festgesetzt mit 103.000 männlich und 97.000 weiblich, um damit die Geschlechterverteilung bei der Geburt bereits einzubauen.
Die Definition der stabilen Bevölkerung verlangt nun den Einbau der Geburten und zwar mit der Bedingung, dass stets gerade genau so viele Kinder geboren werden, dass sich an der Gesamtzahl und der Altersstruktur der Bevölkerung nichts ändert.
Um diese Bedingung zu erfüllen, müssten bei der im früheren Teil gegebenen Sterbetafel BRD 1986/1988, wenn alle Kinder nur von einem Alter der Mütter geboren werden würden, die Frauen dieses Alters soviel Kinder gebären:
Alter 0: (200.000/97.000=) 2,062 Kinder;
Alter 20: (200.000/95.879=) 2,086 Kinder;
Alter 30: (200.000/95.494=) 2,094 Kinder;
Alter 40: (200.000/94.756=) 2,111 Kinder.
Im Alter 0 geht es nur um das Geschlechterverhältnis bei der Geburt. Für die Alter 20, 30 und 40 sind auch die Verluste durch Tod, errechnet mit der verwendeten Sterbetafel, berücksichtigt: Je höher das Alter, um so weniger Frauen sind vorhanden, um so viel mehr Kinder müssten diese Frauen in diesem Alter zur Welt bringen.
Diese Zahlen sind zugleich die viel zitierte Zahl der „Kinder je Frau“, die zum Bestandserhalt erforderlich sind. Gibt es weniger Kinder, dann schrumpft die Bevölkerung, gibt es mehr Kinder, dann wächst die Bevölkerung. In Deutschland liegt diese Zahl seit Jahrzehnten deutlich unter dem erforderlichen Wert. Dieser Wert rechnet in Köpfen; da aber etliche Frauen aus irgendeinem Grund nicht in der Lage sind, Kinder zu bekommen, müssen die anderen noch mehr und damit über diesem Wert Kinder haben. Und da noch viel mehr Frauen zwar Kinder haben könnten, dies aber nicht wollen, müssen die, die Kinder bekommen können und wollen, noch mehr Kinder haben. - Über diese Problematik sagt aber die Bevölkerungsprognoserechnung nichts aus.
Das Tabellenblatt.
Mit Einführung der Geburten wird die Bevölkerungsprognose dynamisch, denn spätestens nach fünfzehn Jahren greifen zunehmend stärker die zuvor von uns prognostizierten Frauen in die Geburtenzahlen ein, es entsteht ein Rückkopplungseffekt und die Bevölkerungszahlen verändern sich nach Gesamtzahl und Altersstruktur dynamisch – für dynamische Berechnungen ist aber die Tabellenkalkulation, die nur statisch arbeitet, denkbar ungeeignet. Wir versuchen es trotzdem durch eine Folge statischer Bilder. Dafür gliedern wir unsere Tabelle in Spaltengruppen, die jeweils durch die Wiederholung der Spalte A mit dem Alter „x“ - in fett und etwas größerer Schrift – getrennt werden.
Spaltengruppe „Basis“ oder „Jahr n“.
Spalte A: „x“; Alter, es läuft von 0 bis zum höchsten Alter.
Spalte B: „q{x}“; Sterbetafel, männlich.
Spalte C: „q{y}“; Sterbetafel, weiblich.
Spalte D: „g{y}“; Geburtenwahrscheinlichkeiten nach Alter der Mutter; läuft von = 46 (größer oder gleich 46); die nicht benutzten Felder dieser Spalte werden auf 0 (Null) gesetzt. Achtung: Die Altersgrenzen werden in den Tabellen des Statistischen Bundesamtes unterschiedlich angegeben, zum Beispiel mit 15 bzw. 45, dann sind diesen Grenzaltern die Geburten jenseits dieser Grenzen diesem Grenzalter zugeschlagen worden; Hintergrund: Datenschutz bei zu geringen Fallzahlen.
Spaltengruppe „Jahr 0“ - allgemein: Basisjahr oder „Jahr n“;
Die Jahreszahl setzen wir als Index vor das Formelzeichen: {0}l{x} sind die Lebenden des Jahres 0.
Spalte E: = Spalte A (Alter x).
Spalte F: „{0}l{x}“; Lebenden männlich, Basis; wir setzen {0}l{0} = 103000; die restlichen Werte dieser Spalte werden durch Alterung {0}l{1}={0}l{0}*(1-q{x;0}) errechnet.
Spalte G: „{0}l{y}“; Lebenden weiblich, Basis; wir setzen {0}l{0} = 97000; die restlichen Werte dieser Spalte werden durch Alterung {0}l{1}={0}l{0}*(1-q{y;0}) errechnet.
Spaltengruppe „Jahr n+1“, das zu berechnende Jahr.
Spalte H: = Spalte A (Alter x).
Spalte I: „{1}K{y}“; Hilfsspalte zur Berechnung der Kinder des Jahres 1.
Spalte J: „{1}l{x}“; Lebenden männlich, wir setzen {0}l{0} = 103000; die restlichen Werte dieser Spalte werden durch Alterung {1}l{1}={0}l{0}*(1-q{x;0}) errechnet.
Spalte K: „{1}l{y}“; Lebenden weiblich, wir setzen {1}l{0} = 97000; die restlichen Werte dieser Spalte werden durch Alterung {1}l{1}={0}l{0}*(1-q{y;0}) errechnet.
Bitte beachten: Die Lebenden des Jahres 1 – allgemein des aktuellen Jahres n+1 – werden aus den Lebenden des Jahres 0 – allgemein des vorhergehenden Jahres n berechnet! Die allgemeine Alterungsformel für das aktuell zu berechnende Jahr n+1 ist also: {n+1}l{x+1}={n+1}l{x}*(1-q{x}) männlich und {n+1}l{y+1}={n}l{y}*(1-q{y}) weiblich.
Für das Jahr 2 und alle weiteren Jahre wiederholt sich die Spaltengruppe „Jahr n+1“.
Berechnung der Kinderzahl und der Lebenden im Jahr 1.
Wir rechnen für alle Alter: {n+1}K{y} = g{y} * {Jahr n}l{y}. Da wir das Feld g{0} auf 0 gesetzt hatten, ist auch {n+1}K{0} = 0; Wir summieren die Spalte {n+1}K{y}; diese Summe ist die Gesamtkinderzahl. Entsprechend dem Verhältnis männlich/weiblich bei der Geburt muss diese Gesamtkinderzahl noch aufgeteilt werden. Wir rechnen: {n+1}l{0};männlich) = {n+1}K{0} * 0,515 und {n+1}l{0};weiblich) = {n+1}K{0} - {n+1}l{0};männlich). Die restlichen Werte werden normal durch Alterung errechnet; bitte beachten: gealtert werden die Lebenden des Jahres n, das Ergebnis sind die Lebenden des Alters n+1.
Geburtenwahrscheinlichkeiten BRD 1993.
Und hier zum Üben eine ältere Tabelle der Geburtenwahrscheinlichkeiten nach dem Alter der Mutter, die ich noch auf dem Rechner hatte. Die Tabellen werden vom Statistischen Bundesamt für jedes Jahr herausgegeben. Die hier gegebene zweispaltige Liste (Feldtrennzeichen ist „;“) kann in LibreOffice ins Tabellenkalkulationsprogramm CALC übernommen werden (Liste markieren und in Writer übernehmen; in Writer Liste markieren, dann Tabelle – umwandeln – Text in Tabelle; ergibt eine Tabelle im Writer; diese Tabelle markieren und in CALC übertragen.) Achtung :Das Alter läuft hier vom 15. Lebensjahr bis zum 45. Lebensjahr; die nicht belegten Alter unter 15 und über 45 Jahren sind auf 0 zu setzen.
Die höchste Einzelwert liegt in dieser Tabelle beim Alter y=28 mit 0,1074; dies ist zugleich das Alter, das die Länge einer Generation angibt. Dieser Wert verschiebt sich nach oben oder unten (schon ein Jahr später liegt dieser Wert im Alter y=29 bei 0,1035).
Geburtenwahrscheinlichkeiten nach Alter der Mutter für das Jahr 1993
x;1993

15;0,0009
16;0,0030
17;0,0078
18;0,0167
19;0,0291
20;0,0410
21;0,0482
22;0,0542
23;0,0619
24;0,0700
25;0,0807
26;0,0909
27;0,1014
28;0,1074
29;0,1058
30;0,1034
31;0,0929
32;0,0800
33;0,0685
34;0,0568
35;0,0463
36;0,0364
37;0,0279
38;0,0204
39;0,0148
40;0,0103
41;0,0067
42;0,0041
43;0,0026
44;0,0013
45;0,0000
Summe;1,3914

24.02.2018
Hermann Müller
Bentierode
Bentieröder Bruch 8
D-37574 Einbeck

Bürgerreporter:in:

Hermann Müller aus Einbeck

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