Beamte – Beihilfen - Pensionen

In Deutschland tun rund zwei Millionen Beamte täglich ihren Dienst. Das sind zunächst die Berufsbeamten, die Facharbeiter in Verwaltung; dann Wahlbeamte, zum Beispiel Bürgermeister, Beamte auf Zeit; eine Minderheit sind politische Beamte, zum Beispiel Staatssekretäre, Minister. Nach ihren Dienstherren gegliedert bilden die Landesbeamten mit rund 1,3 Millionen die größte Gruppe; beim Bund (einschließlich Bundeswehr) werkeln knapp 0,4 Millionen; an dritter Stelle stehen die Kommunen mit rund 0,2 Millionen; den Rest bilden die Beamten in den verschiedenen öffentlichen Körperschaften. Diesen rund zwei Millionen aktiven Beamten stehen noch rund 1,5 Millionen Versorgungsempfänger, also Pensionäre, Witwen, Waisen die Haushalte belastend zur Seite - und das ist das Beamtenproblem.
Die historischen Wurzeln des Beamten (Beamter = der, der ein Amt innehat; ein Amt, eine Aufgabe ausfüllt) gehen einige tausend Jahre zurück. Es waren die, die dem jeweiligen Fürsten, Herrscher, in der jeweiligen Zeit dienten, ihm seinen Besitz verwalteten, später dann den Staat (oder dessen Vorläufer) verwalteten. Aus dieser Aufgabe ergab sich, dass der Herrscher seine Beamten schützte und sie unterhielt, die Beamten wurden alimentiert. Aus dieser Alimentierung, die sich ja zu einer Zeit entwickelte, als es noch keinen Sozialstaat, keine allgemeine Altersversorgung gab, entstammt die Philosophie des heutigen Beamtenrechts, der heutigen Beamtenalimentierung, der Beamtenversorgung, praktisch also das System der Beihilfen und der Pensionen.
Die Tatsache, dass heute in unseren Amtsstuben neben den Beamten auch Angestellte, die nach den allgemeinen Regeln des Arbeitsrechts beschäftigt werden, die gleichen Arbeiten machen, zeigt, dass für eine moderne funktionierende Verwaltung Beamte nicht zwingend erforderlich sind. Das Beispiel der DDR zeigte sogar, dass eine ganze Staatsverwaltung ohne einen einzigen Beamten funktioniert, denn in deren Herrschaftsbereich (die sowjetisch-besetzte Zone) war mit dem Einmarsch der Roten Armee das Beamtentum abgeschafft worden.
Während die Angestellten im öffentlichen Dienst nach Tarifvertrag eine „Vergütung“ bekommen, erhalten die Beamten eine „Besoldung“. Die allgemeinen Besoldungsgruppen laufen von A1 bis A16; die „einfache Laufbahn“ wird nach A1 bis A4 besoldet; die „mittlere Laufbahn“ von A5 bis A8; die „gehobene Laufbahn“ von A9 bis A12; die „höhere Laufbahn“ von A13 bis A16. Die einfache Laufbahn ist kaum besetzt, Arbeiten in diesen gering bezahlten Bereichen werden nur von Angestellten ausgeführt. Auch die mittlere Lauflahn ist auffallend dünn besetzt, auch hier werden vorwiegend Angestellte eingesetzt. Dagegen sind in den höher bezahlten Tätigkeiten die Beamten überproportional vertreten, die Spitzenstellen werden praktisch durchgehend von Beamten eingenommen. Nach oben schließen sich an die A-Gruppen die B-Gruppen an, die gehen von B1 bis B12, wobei die Gruppen B1 und B2 nur in Einzelfällen zum Einsatz kommen, im Normalfall folgt auf A16 als nächste Stufe B3. Die C-Gruppen betreffen den Wissenschaftsbereich (Professoren); die R-Gruppen betreffen die Richter.
Während in den Tarifverträgen die Zahlbeträge innerhalb einer Gruppe mit dem Lebensalter steigen, steigen innerhalb einer Besoldungsgruppe die Zahlbeträge mit dem „Dienstalter“; das Dienstalter zählt die Jahre vom Eintritt in den Beamtenstatus an, also unabhängig vom Lebensalter des Beamten.

Beamtenrecht

Das Grundgesetz (GG) spricht an vielen Stellen von Beamten. Die Suche mit der Zeichenfolge „Beamte“ ergibt diese Stellen:
Art. 33 Absatz 5; dies ist die wichtigste Vorschrift: „Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.“ Auf diese Vorschrift beziehen sich die Verfechter der Meinung, dass irgendeine bestimmte Arbeit nur von einem Beamten verrichtet werden dürfe, Stichwort dann häufig: „Hoheitsaufgabe“.
Art. 36 Absatz 1
Art. 60 Absatz 1
Art. 74 Absatz 1 Ziffer 27
Art. 85 Absatz 2
Art. 108 Absatz 2
Art. 131 (wegen Zeitablauf praktisch gegenstandslos geworden)
Art. 132 (wegen Zeitablauf praktisch gegenstandslos geworden)
Art. 137 Absatz 1
Art. 143a Absatz 1
Art. 143b Absatz 3.
Wegen der konkurrierenden Gesetzgebung gibt es neben den Bundesgesetzen noch in den Bundesländern eigene insbesondere die Besoldung und Versorgung regelnde Landesgesetze.

Beihilfe
Ein Teil der Beamtenversorgung ist die „Beihilfe“. Die Beihilfe übernimmt vor allem die Krankenkosten, und zwar wie in der gesetzlichen Krankenversicherung auch für die Familienangehörigen, also Ehepartner und Kinder. Ursprünglich wurden die Kosten voll übernommen, da gleichzeitig der Beamte auch eine private Krankenversicherung haben durfte, die nun ihrerseits ebenfalls die gleichen Kosten ein zweites Mal bezahlte, verdiente der Beamte an jeder Krankheit („Wenn noch Geld gebraucht wurde, schickte der Beamte seine Frau zum Arzt.“). Als dies in der Öffentlichkeit bekannt wurde, wurden die Bestimmungen geändert: Die Beihilfe zahlte nur noch einen Teil der Kosten und für den anderen Teil sollte sich der Beamte privat versichern. Die Aufteilung war für den Normalfall fünfzig zu fünfzig; waren unterhaltsberechtigte Kinder vorhanden, dann übernahm die Beihilfe siebzig Prozent. Da die geforderte private Krankenversicherung nur maximal den Differenzbetrag zwischen den Kosten und der Beihilfe abdecken durfte, entstand die Krankenkostenteilversicherung, und zwar angepasst auf die jeweilige Beihilfe zu dreißig oder fünfzig Prozent wie die übrigen Besonderheiten der Beihilferegelungen. Die Versicherungsbeiträge waren entsprechend geringer. Dies konnte zu Vorteilen bei den Sonderausgaben in der Einkommensteuer führen. Die unterschiedliche Beihilfehöhe führt für den Beamten dann zu Nachteilen, wenn er wegen der Kinder zunächst eine Versicherung nur über die geringere Differenz von dreißig Prozent abschließt und diese, wenn die Kinder erwachsen sind, nun auf fünfzig Prozent erhöhen muss, denn jetzt muss er für die zwanzig-Prozent-Erhöhung einen seinem jetzt höheren Alter entsprechenden höheren Versicherungsbeitrag zahlen.
Im Ergebnis führt die Beihilferegelung dazu, dass die Beamten und ihre Angehörigen als – angeblich besser behandelte – Privatpatienten auftreten und für die Dienstleister im Gesundheitsbereich, vor allem Ärzte, damit den Vorteil bringen, dass höhere Gebühren abgerechnet werden können als in der gesetzlichen Krankenversicherung zulässig. Der Beamte hat gegenüber einer Versicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung eindeutig einen deutlichen finanziellen Vorteil. Der Dienstherr rechnet sich ebenfalls einen Vorteil aus, weil angeblich die Aufwendungen für die Beihilfe geringer seien, als die Ausgaben für den Arbeitgeberanteil in einer alternativen Pflichtversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung.

Pensionen

Beamte bekommen keine Altersrente sondern eine „Pension“. Die Höhe der Pension hängt ab von der letzten (also normalerweise höchsten) erreichten Besoldungsgruppe und von der Dienstaltersstufe. Die Pension beginnt so um die dreißig Prozent und ist im normalen Beamtenleben um die siebzig Prozent, jeweils gerechnet von der letzten aktiven Besoldung. Im Gegensatz zur gesetzlichen Rente ist die Beamtenpension immer voll einkommensteuerpflichtig. Der Pensionär bekommt zwar nicht wie der aktive Beamte Urlaubsgeld wohl aber Weihnachtsgeld. Alle Pensionen werden aus dem laufenden Haushalt gezahlt. Nennenswerte Rückstellungen für die Pensionsverpflichtungen gibt es in den Haushalten nicht. Da die Pensionen als lebenslängliche Rente, gegebenenfalls auch an den überlebenden Ehepartner, gezahlt werden, sind Pensionslaufzeiten von über zwanzig Jahren häufig.
Diese aus den Laufzeiten der Pensionen folgenden langen Belastung der Haushalte führen zunehmend dazu, nach Entlastungsmöglichkeiten zu suchen. Da eine Änderung der Gesetze nicht durchsetzbar erscheint - die Gerichte würden (als Nutznießer der Beamtenvorteile) derartige Gesetzesänderungen nicht zulassen - bleibt nur eine sehr langfristig wirkende Verhaltensänderung: Wenn man heute weniger Beamte einstellt, entstehen in zwanzig bis vierzig Jahren weniger neue Pensionsansprüche, die dann in weiteren zwanzig bis dreißig Jahren durch natürlichen Abgang auslaufen.
In einigen Bundesländern wird dieser Weg bereits begangen, so in Berlin seit rund 20 Jahren. Andere Bundesländer und vor allem die Kommunen und letztlich selbstverständlich auch alle öffentlich-rechtlichen Körperschaften sollten diesen Beispielen folgen. Die Einführung der Beamten in den neuen Bundesländern war ein riesen Fehler, verursacht von den in den alten Bundesländern tätigen Beamten, die seinerzeit mit erheblichen finanziellen Vorteilen („Buschprämie“) dorthin geschickt worden waren.

Haushalte

Das Beamtenrecht ermöglicht etwa folgenden Lebenslauf: Nach dem Abitur Eintritt in eine Verwaltung im Alter von 20 Jahren als Beamter, Anfangsgruppe: A9, oder alternativ mit 25 Jahren nach dem Studium mit der Anfangsgruppe A13; in beiden Fällen Verbeamtung auf Lebenszeit mit 27 Jahren, danach mögen noch 40 Jahre treue Dienste für den Dienstherrn folgen. Spätestens dann beginnt die Pensionierung, zunächst für den Beamten selbst, der mag noch knapp 20 Jahre leben, dann folgen noch einmal gut 15 Jahre die Versorgung der Witwe, wenn die Regel gilt, dass einerseits die Ehefrauen um rund 10 Jahre jünger sind und weil Frauen um rund 5 Jahre länger leben als Männer. Auf die rund 40 Jahre aktive Zeit folgen also stets noch rund 20 bis 35 Jahre Pensionierung. Insgesamt belastet mithin ein jung eingestellter Beamter den öffentlichen Haushalt rund 80 Jahre lang.
Während der Bund und – eingeschränkt die Bundesländer – noch wenigstens die theoretische Möglichkeit haben, das Beamtenrecht und hier insbesondere die Versorgung zu ändern, ist den Kommunen selbst diese theoretische Möglichkeit verschlossen. Die Kommunen können nur durch Nichteinstellung von Mitarbeitern als Beamter ihre Haushalte entlasten, allerdings ist dies eine Reise, die Jahrzehnte dauert. Vorschriften, wie die, dass der Bürgermeister beziehungsweise Landrat als höchster Kommunalmitarbeiter formal Beamter sein muss – mindestens als Wahlbeamter Beamter auf Zeit – sind diesem Bestreben die Haushalte langfristig zu entlasten hinderlich.
Da aber auch für die Bundesländer und sogar den Bund die Änderung der Beamtenversorgung mindestens kurzfristig und in wesentlichen Teilen nicht möglich weil einfach nicht durchsetzbar ist – an den dreieinhalb Millionen aktive Beamte und Pensionäre hängen ja noch mindestens die gleiche Anzahl an näheren Angehörigen – und all diese sind Wähler! Erst wenn dieser Zusammenhang durch die breite Nichteinstellung von neuen Beamten durchbrochen wird, besteht die Möglichkeit auch formal rechtlich das Problem zu lösen. Es ist also erkennbar ein Jahrhundertproblem – es sei denn, es geschieht eine Revolution oder ein wiedereinmal verlorener Krieg schenkt uns eine kluge Besatzungsmacht, die die Verhältnisse in Deutschland ordnet, wozu die Deutschen selbst offenbar nicht in der Lage sind. (Die Neuordnung der Bundesländer ist ja auch so ein Problem – vor zweihundert Jahren hat ein gewisser Napoleon ja schon ganz gute Vorarbeit geleistet.)

30.08.2013
Hermann Müller
Bentierode
Bentieröder Bruch 8
D-37574 Einbeck

Bürgerreporter:in:

Hermann Müller aus Einbeck

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