Asyl; ein Plot

Der Autor war im Sommer 1970 für einige Wochen in Portugal, Lissabon, und traf dort zufällig als Gast in einem Haus einen Attaché der dortigen deutschen Botschaft. Er fragte ihn:
„Was würde die deutsche Botschaft in Moskau tun, wenn sich dort deutsche Bürger der DDR meldeten und um Hilfe zur Ausreise in die Bundesrepublik bitten würden?“
Antwort des Attachés sinngemäß:
„Wir hoffen, dass das nie geschieht!“ - die weitere Geschichte kennen wir alle.

1. Kneipe, Gäste, Fernseher läuft, zeigt eine Debatte im Deutschen Bundestag, Thema Asyl.
Es wird öfter hin und her geblendet zwischen der Bundestagsdebatte und den Kneipengesprächen.
Die Politiker leiern das Bekannte der jeweiligen Standpunkte daher.
Die Kneipenbesucher machen dazu ihre, teils drastischen, Bemerkungen.
Ein Besoffener plärrt gelegentlich dazwischen: „Tor!“

2. Nachrichten, Kommentar
China sei dazu übergegangen, Regimegegner in der Weise abzuurteilen, dass ihnen die chinesische Staatsbürgerschaft für die Dauer der Strafzeit, meist zwanzig Jahre, aberkannt wird und sie unter Androhung der sofortigen Hinrichtung ausgewiesen werden.
Wütende Proteste des Auslands, insbesondere Deutschlands, sowie der Menschenrechtsorganisationen.

3. Alter Öltanker, etwas umgebaut, auf hoher See, fährt unter chinesischer Flagge.
Emsiges Treiben an Deck. Gruppen von Chinesen stehen in guter, fast militärischer, Ordnung. Sie werden unterrichtet, wie ein großes Schlauchboot zu bedienen ist. Sie lernen, nach Kompass zu navigieren. Sie werden anhand einer Karte – nur undeutlich deutsche Nordseeküste – über bestimmte Örtlichkeiten informiert.
Alle Chinesen tragen helle rotgelbe Signalkleidung, Schwimmwesten, eingeschweißt in schützender Plastik eine Kopie ihrer Verurteilung, Personalangaben und den großen Aufdruck: „ASYL“.

4. Deutsche Nordseeküste.
Lustiges Ferienleben.

5. Alter Öltanker, ein anderes Schiff als unter 3.
Sehr ähnliche Abläufe.

6. Nacht, Flut, ruhige See.
Der erste Öltanker ist in der Nordsee in internationalem Gewässer aber dicht an der deutschen Hoheitslinie vor Anker gegangen.
Ausbooten der gut geschulten Chinesengruppen, je 20 in einem Schlauchboot mit Motor, eine Flottille von rund 100 Schlauchbooten fährt in südöstlicher Richtung auf die deutsche Küste zu.

7. Deutsche Nordseeküste, Morgendämmerung.
Die ersten Urlauber sind am Strand, sehen die Schlauchboote landen. Die Chinesen gehen an Land, zerstechen die Schlauchboote und halten ihre eingeschweißten Dokumente mit der großen Aufschrift „ASYL“ vor sich und rufen laut „ASYL“.
Die ersten Polizisten tauchen auf, sind hilflos.
Pressevertreter erscheinen, Rundfunk, Fernsehen.

8. Die Presse berichtet.
Man weiß inzwischen, dass eine ganze Armada so umgebauter alter Kisten auf den Weltmeeren von China nach Deutschland unterwegs ist.
Ein Kommentator, der sich als Chinakenner ausgibt, rechnet vor:
1.300 Millionen Chinesen gibt es.
130 Millionen = 10 Prozent sind „Regimegegner“ (mindestens).
13 Millionen = 10 Prozent der Regimegegner werden in Schnellverfahren abgeurteilt und – aus humanen Gründen zusammen mit ihren Familien - ausgewiesen.
Diese 13 Millionen mit ihren Familien soll Deutschland kurzfristig aufnehmen, denn alle sind aus offensichtlich und erwiesen politischen Gründen verurteilt und bei Rückkehr in ihre alte Heimat explizit mit der Todesstrafe bedroht. Sie kommen auch direkt nach Deutschland, nicht über ein „sicheres Drittland“, keine Abschiebung möglich! Keine Möglichkeit den Transporteur in Haftung zu nehmen – chinesische Flagge, staatliche Schiffe.
Deutsche Politiker denken laut nach: Aufhalten der chinesischen Asyltanker auf offener internationaler See?
China kommentiert: Bedenkt die Folgen: Wir könnten ja auch statt der Asyltanker Kriegsschiffe, statt der Asylanten Soldaten schicken ...

9. Kneipe, Gäste, Fernseher läuft, wie bei 1.
Die Politiker streiten, das übliche dumme Gewäsch.
Die Gäste kommentieren: „Alle ins Meer schmeißen!“ „Erschießen!“ „Aus dem Land jagen!“ ...
Die Menschenrechtsverfechter werden kleinlaut.
Mitten drin, Sondermeldung: Die nächste Welle mit Asylanten ist an Land gegangen ...
Und auf den Weltmeeren fahren mit hoher Geschwindigkeit die nächsten „Asyltanker“ heran und alle in die deutsche Bucht.
Der Besoffene plärrt: „TOOOR!“ - und fällt unter den Tisch.

Geschrieben: 24.10.2005

02.09.2013
Hermann Müller
Bentierode
Bentieröder Bruch 8
D-37574 Einbeck

Bürgerreporter:in:

Hermann Müller aus Einbeck

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