Schmerzlich

Arko
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sind die Erfahrungen, die man weiss, dass sie passieren können, man aber immer hofft, dass sie nie passieren werden.
Als ich das Tagebuch übernommen habe, war mir immer bewusst, dass es auch Erlebnisse gibt, die ich sehen werde, die ich selbst erfahren werde oder die mir zu Ohren kommen werden, auf die ich in der Tat verzichten könnte. Und es war mir auch klar, dass ich werde dennoch darüber schreiben müssen.
Doch hin und wieder wäre es einfach schöner, wenn ich die Augen zu machen könnte und versuchen könnte zu vergessen, anstelle in Worte fassen zu sollen.
Ja, ich muss über einen Todesfall schreiben und an und für sich sollte er mir garnicht so nahe gehen, denn ich kannte diesen Bewohner noch nicht wirklich. Aber seine Geschichte hat mich bewegt, sie hat mich richtig getroffen. Sein Blick ging mir durch und durch und ich werde ihn sicherlich lange nicht vergessen. Natürlich erlebe ich jeden Tag neue Dinge, ich spüre jeden Tag neue Gefühle oder alte Gefühle neu interpretiert, ich sehe so oft neue Bewohner zu uns kommen und Gott sei dank auch sehr viele ausziehen und immer wieder wird man intensiv berührt und mitgenommen - mitgerissen. Doch als Arko zu uns kam, bin ich wirklich zu tiefst erschüttert gewesen. Ich habe in dem Jahr in dem ich hier lebe schon viel gesehen und gerochen, aber Arko war der erste neue Bewohner, der reglos bei uns eingezogen ist - fast als wäre es ihm egal. Er wirkte so teilnahmslos, als erwarte er einfach alles und doch nichts mehr vom Leben. Es gab kein Knurren, kein Winseln, kein Wedeln, kein Bellen, kein Zögern - dieser Hund hatte mit sich und seinem Leben abgeschlossen und das scheinbar schon vor sehr langer Zeit. Es war ihm nur noch egal, was mit ihm passieren würde, er hätte alles was unseren Menschen eingefallen wäre, hingenommen und über sich ergehen lassen. Arko war bereit weiter zu atmen, aber interessiert hat es ihn nicht. Wie unfassbar schlimm muss sein Leben vor seinem Einzug bei uns gewesen sein? Wie weit kann man einen großen und hübschen Hund seelisch misshandeln, bis er derart gebückt und gebrochen ist. Das erste Streicheln, die ersten Leckerli, ich konnte es förmlich spüren, dass er nicht glauben wollte, dass er gut behandelt wurde. Dieser Hund hat gewartet - er hat auch Schmerz und Leid, auf Einsamkeit und Vergessenwerden gewartet. Ich weiß, ich habe auch nicht so wirklich zu meiner damaligen Famlie gehört, aber sie haben sich doch irgendwie gekümmert. Bei Arko war das wohl nicht der Fall. Ich will seine Menschen nicht verurteilen, ich kenne seine Geschichte nicht wirklich, ich kann nur schreiben, was ich gesehen, gerochen und gespürt habe und das war eine einsame Hundeseele, die nicht mehr mit menschlicher Liebe gerechnet hat.
Hier kann ich nur sagen, wie gut es ist, dass es unsere Menschen gibt! Sie haben sich gekümmert, sie haben gekuschelt und er wurde endlich beachtet. Arko durfte auf eine Pflegestelle, da er ganz offensichtlich bisher keine Fell- oder Hautpflege erfahren hat und daher tägliche medizinische Bäder brauchte. Hier durfte er mit anderen Hunden in einem Haus leben, er durfte mit Menschen leben und es hat ihm gefallen. Ich habe gehört, dass er auch angefangen hat, sich um sein Futter zu kümmern und endlich mal ein bißchen aus sich herausgegangen ist, Nicht nur diese schreckliche abwartende Haltung - nein, Arko hat Ansätze von Hund zeigen können. Rasen unter den Pfoten ist etwas ganz Tolles, das sollte jeder Hund erfahren dürfen.
Bei einer Untersuchung unserer Tierärztin kam dann die schreckliche Nachricht: Milztumor. Arko konnte nicht mehr gerettet werden. Der Tumor war zu groß, die Leber befallen, dieser wundervolle Hund konnte nur noch erlöst werden. Ein Schock für alle! Krankheiten kommen meist unerwartet, aber dass es so gar keine Chance mehr für ihn gegeben hat ... ein großer Schock. Ich weiß, ich habe das sicherlich schon öfter geschrieben, aber in diesem Fall ist es so wahr wie es nur sein kann: das hat Arko nicht verdient.
Und genau aus diesem Grund habe ich beschlossen ihm und ihm alleine heute den Eintrag ins Tagebuch zu widmen. Für Dich Arko und es schmerzt mich, dass ich Dich nicht besser kennen lernen durfte. Das Leben ist einfach manchmal nicht fair genug. Es tut mir leid.
Dein
Pino

Tierheim Höchstädt - Homepage

Bürgerreporter:in:

Sabine Pollok aus Dillingen

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