Der kleine Bär: Neu erzählt eine alte Geschichte vom frühen Glauben an die Auferstehung 1

Bärentänzer-aufsatz Ostrumänien
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„Dort weit droben am Himmel, wo uns bei fast klarem Wetter das Sternbild des großen und kleinen Bären in die Weiten des Sternenhimmels entführt, lebten auf den großen weißen Wolken, die wie große Watte-felder durch die dunkle Nacht schweben, die Familien der Bären. Anders als bei ihren Brüdern, den Menschen, unten auf der Erde, die sterblich waren, und durch Ihre Taten aus dem himmlischen Paradies verstoßen worden waren, gab es dort oben kein Leid und keine Nahrungssorgen. Hatten die Bären Hunger, bissen sie nur ein Stückchen von den Wolken ab, die köstlich nach Milch und Honig schmeckten. Alle Bärenfamilien lebten auch weit aus einander, so dass sich auch sonst keine Konkurrenz entwickeln konnte.
Gerade für die unternehmungslustigen Jungbären war dies aber doch so ganz ohne größere Abenteuer, so ganz ohne Spielgefährten in der Nähe, ein wenig langweilig, auch wenn sie noch so wild auf dem weichen Wolkenteppich herum tollten. Bei diesem wilden Spiel geschah es dann. Einer der jüngsten Bären war mit seiner Pfote durch den Wolkenschirm unter sich hindurch gebrochen. Als er seine Pfote wieder zurück gezogen hatte und auf dem Bauch liegend durch das kleine Guckfenster nach unten schaute, sah er weit darunter und klein diese Anderen, diese seltsam unruhigen Wesen.
Fast immer liefen sie auf nur zwei Beinen nur um ja schneller vorwärts zu kommen, in den Augen und in Gier gleich der nächsten Sache, der sie habhaft werden wollten,den nächsten Level, den sie erreichen wollten, so ganz anders als ihre Brüder die Bären, die sich nur auf zwei Beine stellen, um mit ihrem Gegenüber Aug in Auge ruhig und im ernsten Gespräch zu sein. Kaum konnten die Augen des kleinen Bären etwas richtig erfassen, dann war schon wieder ganz woanders etwas Interessantes passiert, das die Aufmerksamkeit auf sich zog. Heute würde man vielleicht sagen, das ist so ähnlich, wie wenn man durch alle Fernsehkanäle hintereinander zappt, in wilder Folge auf die Tasten der kleinen Tastatur des I-phones einhackt, hoch und runter, links und rechts und doch nichts wirklich erfassen kann.
Kaum konnte der kleine Bär sich von dem ganzen Trubel weg reißen. Aber das musste er seinem Vater dem großen Bären unbedingt gleich erzählen. Als der alte Bär davon erfuhr, brummte er nur sehr bedächtig, und fast ein wenig missmutig vor sich hin, schnaubte einmal tief in sich hinein und wollte sich dann wieder in seine gemütliche Schlafkoje aus watte-weichen Wolken zurück ziehen. Der kleine Bär lies aber nicht locker und bettelte solange, bis ihm der Alte erlaubte, dort zu den Menschen hinunter zu steigen. Dabei war er aber sehr traurig geworden und erzählte dem kleinem Bär von dem größten Übel bei den Menschen, eben jener Sterblichkeit, die man unweigerlich auf sich nehmen müsste, wenn man aus dem Paradies über den Wolken hinuntersteigen würde.
Sicher nachdem man dort unten ein wenig gelebt und dann gestorben war, würde man nach der ganzen Prozedur ja wieder für eine kleine Weile bei den Unsterblichen hier oben zubringen und könnte über seine vielen Erlebnisse und Erfahrungen berichten. All der Trubel da unten würde unter den weitsichtigen Augen der Bären im Himmel, dann aber vielleicht auch etwas nichtig und klein erscheinen, zum anderen gewiss aber auch die himmlische Langeweile aufmuntern. Kaum war ein Jahr vergangen, müsste man aber dann schon wieder zur Erde zurückkehren, um irgendwo in der Ruhe des Waldes als kleiner brauner  Petz wieder geboren zu werden . So ein Stress wegen der bisschen Abwechslung!!
Anders als es von hier oben zu vermuten wäre, sei es aber doch trotz der vielen neuen Gesichter um einen jungen Bären herum, doch wider Erwarten sehr sehr einsam dort unten auf der Erde. Denn wenngleich man selbst ja als himmlisches Wesen alle Sprachen der Welt gut verstehen könnte, würde man unter den Menschen aber auch nur wenig Freunde finden, weil bis auf wenige Ausnahmen die Sterblichen ja die Sprache der Bären erst gar nicht verstehen könnten.

Trotz all dieser Mahnungen, war der junge Bär aber überzeugt, den Weg nach unten gehen zu wollen…. .......und er war dort unten dann aber nicht der einzige Bär , der missmutig und einsam durch die Wälder strich und nach einiger negativer Erfahrung nun leider doch die erhoffte Geselligkeit bei den Menschen letztlich lieber meiden wollte.“

So oder ähnlich erzählen viele ursprüngliche Völker weit über den Erdkreis verteilt diese Geschichte von den himmlischen Bären. Dazu gehören die Völker am Jeniseji in Sibirien wie die Keten und Wogulen, die Ainu im Norden Japans, die rentierzüchtenden Samen in Finnland, die Ungarn (finno-ugrisch) und die Basken und Sarden in Europa, die durch Ihre alte Sprache wohl miteinander verwandt sind und vielleicht früher auch die Bärensprache verstehen konnten.
Bei vielen von diesen Völkern hat sich auch heute noch ein Ritual erhalten, das möglicherweise bis in die Zeit der Jäger und Sammler, bis in die Steinzeit hinein zurück geht, und auch heute noch so ausgeführt wird.

Ein junger Bär wird in der Natur gefangen… vielleicht ist es ja gerade jener Bär unserer Geschichte, der gerade enttäuscht von den Menschen sich in die Natur zurück gezogen hat.
Dieser Jungbär wird wie ein guter Freund, ein Spielgefährte der Kinder, mitten in einer Familie aufgezogen, verwöhnt und liebevoll gehätschelt, um ihn von der Freundlichkeit der Menschen zu überzeugen.
Am Ende eines Vegetationsjahres, nachdem sich viele der anderen Bären in die Erdhöhlen zurück ziehen, wird ein großes Fest veranstaltet, bei dem viel gegessen, getrunken und gelacht wird und der kleine Bär im Zentrum der Aufmerksamkeit steht. Jeder erzählt ihm wie beiläufig seine Sorgen und Wünsche, überreicht ihm die besten Leckerbissen, nicht ohne ausdrücklich auch immer dazu seinen eigenen Namen fortwährend in Erinnerung zu bringen. Freundlich mit dem Bären plappernd und in lustiger Gemeinschaft kann das Fest über Tage fortlaufen.

Am Ende des Festes wird der Jungbär hinaus in den Wald geführt. Mit schlichten Masken aus Birkenrinde verkleidete Männer brechen unerwartet aus dem Unterholz hervor, verhöhnen , ärgern und beleidigen den Bären, erklären sich als die Angehörigen eines fremden Volkes weit weg von diesen Gefilden und … erschlagen den Bären mitleidlos, zerfetzen ihn blutig. Von den anderen Begleitern wird der junge Bär unter lautem Wehklagen zurück ins Dorf gebracht, dort aufgebahrt, nach einer Weile lauten Klagens, bei dem sich Frauen und Männer im Rollenspiel gegeneinander immer wieder die Schuld am Tode des Bären zu schieben, wird der zerfetzte Leichnam des Bären abseits von den Männern zerlegt und die Einzelstücke von den Frauen gekocht und an alle Anwesende gleichermaßen verteilt. Auch die mittlerweile wieder ohne Maske dazu geeilten Bärentöter bekommen Ihren Anteil.

Alle hoffen, dass sich der Getötete oben im Himmelreich an die guten Taten erinnert und den dann später auf der Erde Verstorbenen den Zugang zum Paradies ermöglicht.
Über viele Zwischenstufen und ihn vielen unterschiedlichen Ausprägungen reicht diese Geschichte und dieser damit verbundene Kult sicher bis auf den Schamanismus der Steinzeit zurück.
Bei vielen noch mit der Natur verbundenen Völkern, so bei den First Nations in Nordamerika wird das Tier als Bruder erlebt, dessen Tod das Überleben der Sippe sichert. Es wird selbst bei der Jagd geehrt und im Tode um Verständnis und Verzeihung gebeten. Höhlenmalereien und Petroglyphen mit Schamanen, die Tiermasken tragen, das Jagdwild personifiziert zur Kommunikation verfügbar machen, durch guten Zuspruch zum Opfertod vorbereiten und auch die Hemmungen und die Angst beim „Brudermord“ bewältigen helfen, sind vielfach und weltweit bekannt.

In vielen älteren Religionen als bei den drei großen monotheistischen Männereligionen (Judentum, Christentum, Islam) muss ein Tiermensch, ein sterblicher Gott den Opfertod sterben, um anderen die Erlösung zu bringen. So wie in der Natur beobachtet beim Bären, der sich im Kälte und Tod bringenden Winter scheinbar wie tot in der Erdhöhle zum Schlafen legt, und dann  wie neugeboren wieder in die wiedererwachende Natur zurück kehrt, hoffen auch die Menschen seit urigen Zeiten auf eine Wiedergeburt. Der Bär, das nach Aussterben von Höhlenlöwe und Höhlenbär und den Eiszeitkolossen stärkste Tier, scheint damit auch als König der Tiere prädestiniert und ist auf zwei Beinen zum Angriff erhoben, dem Menschen ähnlich, dabei aber weit imposanter. Seine Kraft ist im Blutopfer im gemeinsam quasi kannibalischen Verzehr des "Bruder"-fleisches für das Wiederaufleben der Natur im Glauben der Urvölker von scheinbar großer Bedeutung.

Inwieweit der spätneolithische, bronzezeitliche Brauch des östlichen Mittelmeeres, den amtierenden Gottkönig nach einem Jahr Herrschaft in Saus und Braus zu töten und durch einen jungen neuen König zu ersetzen, Vor- oder  Nachläufer (wahrscheinlicher) des Bärenkultes war, soll nicht geklärt werden. Viel interessanter ist, dass die oberste Matriarchatspriesterin , in Verkörperung der "großen Muttergöttin", den jungen Königsnachfolger stets "unbefleckt" empfing, mit Ihm dann wieder unbefleckt zeugte, nie als wirkliche Mutter in Erscheinung trat ,sondern das Kind /die Kinder anonym von allen Frauen im Rat aufgezogen wurde. " Unbefleckt" empfangen zu  sein, das heisst zumindest auch keinen Vater unter den Lebenden zu haben, war quasi auch Voraussetzung für göttliche Herkunft aller vorgeschichtlicher und antiker Gotthelden und Götter, und damit auch der Eignung als Menschenopfer, Bote und Vermittler.
Vor dem Hintergrund von all diesem Inzest und wildem Meucheln und Morden erscheint das Bärenopfer noch relativ harmlos.

Bürgerreporter:in:

Maskenmuseum Michael Stöhr aus Diedorf

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