Die Mäschkerle vom Schmuttertal

brotschaufel böhmen
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Die Mäschkerle vom Schmuttertal - eine Faschingsreise in die Biedermeierlichen Stauden.

Die Winter waren kalt. Versetzt man sich heute zurückgelehnt im gemütlichen Ledersofa mit ein bisschen Punsch vor sich im Glas und dem leisen Schnurren der Ölzentralheizung im Hintergrund in Gedanken in diese Zeit zurück, lässt´s einen gleich gar wohlig schauern.
Ist Fastnacht heute mit den rauschenden Bällen und überfüllten Saalveranstaltungen mit Konsumlust und Zwang zur Ausgelassenheit eher was für die Erwachsenen, so war es früher im 19. Jhdt. bei uns wohl ein sehr unspektakuläres und in unseren Augen wohl recht ärmliches Ereignis kurz vor der Fastenzeit und mehr auf die älteren Kinder zugeschnitten.
Die Tage beginnend mit dem gumpaden Donnerstag, dem ruasigen Freitag, dem schmalzigen Samstag, dem Herren-Sonntag, der Knecht- und Baurafasnacht waren nach der langen entbehrungsreichen Winterszeit, wo die letzten Klaubäpfel als Bratäpfel schon zu St. Niklas und spätestens Weihnachten verschenkt worden waren, wo Dörrpflaumen und Nüss zu Nussmärtel nur noch eine schöne Erinnerung waren, jetzt für die Kinder ärmerer Bauern und Taglöhner eine kurze Verschnaufpause beim Frieren und Hungern im Winter. Ohne frisches Gemüse war das gestampfte Kraut und die Reste des zu Barbara geschlachteten Schweins aber auch für den etwas reicheren Bauern die einzige Vitaminspritze im Winteralltag von Haferschleim und Gerstengrütze. Und jetzt drohte noch die Fastenzeit: also schnell alles Geräucherte und Gepökelte noch auf den Abendbrotteller aufgelegt, das Schmalz ausgelassen für die Küachle und Krapfen, Eier, Butter und Mehl zum Teig für ´d Auszogene zwischen Daumen und Hand zum runden Schiffchen geformt und ins heisse Fett gegeben. Beim Tagelöhner machten sich die Kinder fertig zum Heischegang, sollten was zusammen betteln, denn schon allzu köstlich wehte der lockende Geruch nach süss Gesottenem draussen durch die klirrende Winterluft . Wie die Bauersleut aber gar so erfreuen, dass sie auch ein paar Schmalzkücherl, einen Schluck Milch und vielleicht auch a Stückerl Fleisch mit für ´n Vater und die Mutter mit geben würden? Die Verserln und Fasnetslieder waren schnell von der Oma gelernt. Auch den Dreh beim Tanzen hatten sie schnell raus. Macht´s halt a paar Späß´ , hatte der Opa gesagt. Aber wie, wenn man Hunger hat und der Magen knurrt? Der große warme Mantel, den der Franzos dagelassen hatte, als er verwundet bei Ihnen im Hause lag, war schnell umgedreht, das groß karierte Futter nach draussen, wie beim Zirkusclown, den sie einmal zu Augsburg auf einem bunten Plakat gesehen hatten. Das war was für die gertenschlanke hochgeschossene Ann! Der kleine Hansi sollte sich den französischen Dreispitz aufsetzen, ein Holzschwert umhängen und mit seinem Steckenpferd, das er sich mit einem Weidenring und ein paar Bändel umgehängt hatte, als fescher Kavalier vorreiten und laut rufen: Platz da für ihre Majestäten die allerliebsten Fasnetsrübenundschmalzkönige. Das alte blaubedruckte Kleid der Tante Babette mit den vielen Mottenlöchern, das die Mama nicht mehr anziehen wollte, weil ihr da immer die Tränen kamen, sollte der Hansi anziehen. Das Gesicht konnte er sich ja mit dem Taubenblut einschmieren, wo er doch schon die Taube mit seiner Schleuder erlegt hatte, s Kopftuch drauf, dann war er die alte Hex. Die Zwillinge wollten als Bär und Bärentreiber losziehen. Der Treiber war nicht das Problem, alt und verbittert sollte er halt aussehen und so wie die böhmischen Wanderhändler, scharfe Slavennase aus einer Gelberrübe und etwas gelben Schmutterlehm ins Gesicht: Fertig! Aber wie kriegt man einen Bärenkopf? Ihren felligen Muff wollte die Oma dafür nicht hergeben. Den braucht sie, wenn sie ´s wieder bei der Fasteneröffnung in der Kirche gar so friert, hat sie gesagt. Dann mußte halt eine alte speckige Lederhose herhalten. Haut ist Haut und Fell ist Fell, auch wenn keine Haare drauf sind. Wenn man die kurze Krachlederne verkehrt auf den Kopf setzt und durchs Hosentürl rausschaut kann man gar grimmig brummen und die Zunge rausstrecken und dabei die Zähne fletschen. Das wirkt, da müssen sie alle lachen, sogar der Papa, der immer so traurig schaut, weil er nicht genug Geld verdient, um die ganze große Familie satt zu machen. Und? Wurde sonst noch was für den Mummenschanz, zum Vermummen gebraucht? No dann konnte ja der Augustin, dem ´s sowieso immer so kalt war, weil man bei ihm gleich die Ripp`n durch sah ,sich in einer Fuhre Stroh hinein wickeln und mit Strohschnüren zam binden lassen. Zwei längere dicke Schnüre am Kopf und fertig war die Strohschab´. Ein paar mal um sich selbst gedreht und die Kakerlaken tanzen! Der Sepp hat sich erinnert, dass da hinten auf dem Misthaufen noch dieser alte halb verrottete Ziegenbockschädel lag - ohne Unterkiefer zwar , aber da konnte er ja so ein Stück Brett hin binden und den Schädl auf den Eschenstiel des alten Rechens festmachen. Das wäre ein Spaß, da konnte er dann auch gleich heftig laut klappern .Rasch in eine alten Kartoffelsack geschlüpft und wenn er die Schnur lange genug ein zöge, dann hätte er vielleicht sogar eine Möglichkeit, wie mit einer langen Zange den Kiefer von weit weg zu bewegen und wie ein Viech nach allem Möglichen zu schnappen. Ob das da nicht sogar möglich wäre, ein paar Würschte von der Leine im Räucherschuppen heraus zu holen, wollte er schon in Erfahrung bringen. Die anderen sollten nur recht viel Spass und Lärm machen, dass die Bauers- und Wirtsleut abgelenkt wären. Der Benedikt hat sich gar keine Mühe gemacht und sich einfach mit schwarzem Ruß angeschmiert. Dabei war er doch auch jetzt genauso schmutzig wie halt auch sonst immer. Dann hat er aber immmer HU, Hu gerufen und dann war er eben der Räuber, oder vielleicht doch eher das Gespenst?. Und weil die kleine Maria als Einzige aber zuletzt doch noch gar keine Maschgera hatte, hat ihr der Opa beim Gemischtwarenhändler für 10 Heller eine echte Papierene gekauft. Das war zwar noch lange keine Bergamesker Maske, so eine echte aus Wachs und Gaze, wie sie die richen Damen aus Berlin und München trugen, weil man die ganz so schön rosa pudern konnte und man dann mit Zigarettenspitze und roten Lippen zur Femme fatal wurde. Trotzdem: Mordsteuer hat die Oma gemeint, aber die kam den ganzen langen Weg ja auch fast bist aus Berlin. Na ja aus Thüringen halt, aus Manebach, wo sie jetzt ja ganz so neumodische Sachen herstellen. Da hat die Maria vielleicht über s ganze tränenverschmierte Gesicht gestrahlt und alle Trauer war wieder vergessen. Lustig isch die Fasenacht, weil mei Muata Küchle bacht. Des hat zwar net so gstimmt, weil Sie ja wegen dene Küachla jetzt no zum Bauern und au no zum Müller und ins Wirtshaus gehen müssen, aber des haben sie dann dort au glei zu singen angefangen.

Bürgerreporter:in:

Haus der Kulturen michael stöhr aus Diedorf

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