Südseezauber- der wiedereröffnete Ausstellungsraum der pazifischen Inseln im Maskenmuseum Diedorf

moskitomaske sepik
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Ausstellungsraum: Ozeanien im Maskenmuseum Diedorf

Wie eine riesige Zigarre vom Boden bis an die Decke reicht eine riesige aber federleichte Feuertanzmaske der Baining in Neubritannien, die da mitten im Raum der pazifischen Inselwelten wohl als erstes den Blick auf sich zieht. Ebenso wie die anderen Masken dieses Volksstammes wurde Sie extra für die Initiationsfeiern dieses Volkes aus leichten Rotanstäbchen und Tapa ( Baumrindengewebe ) hergestellt.
Üblicherweise finden diese Feiern nach einem mehrjährig unregelmäßigen Zyklus dann statt, wenn genug Knaben zwischen 6 und 20 in die Nähe Ihrer Mannbarkeit gekommen sind und nach einer mehrwöchigen Einweisung durch die Dorfältesten zu Männern erklärt werden. Damit auch die Ahnen und Urwaldgeister an der Iniation teilhaben können, wird ein großes nächtliches Fest mit großem Feuer abgehalten .Die Onkel der Initianden müssen als Paten der Jugendlichen Ihren Mut unter Beweis stellen und bekrönt mit meterhohen Masken durch das Feuer springen. Hierbei werden Ihnen natürlich auch die in den Masken dargestellten Totemtiere (Eulen, Nachtschmetterlinge, Schlangen, Waldbienen ) hilfreich aber für Nichteingeweihte unsichtbar unter die Arme greifen. Nach dem Fest werden die Masken verbrannt oder verrotten nach einmaligem Gebrauch irgendwo schnell zersetzbar im Dschungel . Da die Feiern nur alle paar Jahre bei diesem kleinen Völkchen statt finden und vernichtet werden , sind die außer gewöhnlich ausdrucksstarken Masken hier bei uns aber recht selten.
Wir waren eingeladen worden, bei solch einer Zeremonie teil zu nehmen, zu filmen und die Masken evtl. sichern zu dürfen.
Glücklicherweise war auch der angesetzte Termin für einen aktiven Lehrer wie mich äußerst günstig auf die Weihnachtsferien gefallen . Der Flug – oder besser die vier Anschlussflüge( München-Frankfurt-Hongkong-Port Moresby-Rabaul) waren mit Flughafenwartezeiten nur in über 40 Stunden zu bewältigen. Natürlich waren wir bei Ankunft mehr als hundemüde. (Aber Achtung - sonst kommt der Jetlag besonders heftig - ja erst mit Dunkelheit ins Bett gehen!!) Nach einer längeren Fahrt im Geländewagen die Riesenenttäuschung: Das Fest ist um ein weiteres Jahr verschoben – Keine neuen Erfahrungen - keine Fotos - kein Film - und vor Allem - keine Masken! Soviel Geld für die Flüge, die ganzen Mühen –umsonst!! Natürlich war im Dschungel von früheren Festen nichts , nicht einmal klägliche Reste zu finden . Noch einmal dieses Zeitfenster der Ferien in so glücklicher Überdeckung mit Flugterminen und Festablauf –unmöglich nochmals zu kommen!
Natürlich wurden wir ein wenig versöhnt : die Kultur der Sulka auf dieser Insel wurde uns von einer lieben Gastgeberfamilie rührig erklärt – aber: Teilnahme an Ritualen oder gar Fotos leider unmöglich_( Geheimgesellschaft Duk-duk) – auch hier keine Masken ergattert! Weiter nach Neuirland, dort mehr Erfolg : Eines der 4 auf der Insel verfügbaren Autos wurde uns ausgeliehen, um von Nord (Kavieng) nach Süd die Insel zu durchforsten . Einige schöne Statuen und Masken einer Malangan-toten-feier konnten von uns dort erworben werden. Traumhafte Strände entlohnten uns für alle Mühe hierher zu kommen.
Ganz besonders interessant die Masken die aus den aussergewöhnlichsten Naturmaterialien zusammengesetzt sind. Die Haut des Igelfisches ist kombiniert mit einem Ballen Distelsamen(Haare), Meeresschwämme, weichem Riesenfarnholz, roter Erde. Schneckenverschlusskapseln (Shiwa-eyes) für die Augen, Kaurimuscheln, aus Riesenmuscheln gebrannte Kalkflächen und vieles mehr auch kleine knallrote und buntgefärbte angeschwemmte Textilreste oder Plastikkugelschreiberhülsen runden die einfallsreiche und verspielte Assemblage ab.
Unsere Reise ging weiter ins Hochland von Papua-Neuguinea zu den Tami, die durch ihre Perücken und die farbenfrohe Festbemalung und Kostümierung in vielem an das Verhalten und Aussehen der dort beheimateten Paradiesvögel erinnert.
Bei diesen scheinbar harmlosen Vögeln sieht man teils tödlich endende Paarungskämpfe. Auch bei den kindlich freundlichen Tami, bei denen die Kopfjagd trotz Verbotes der Zentralregierung in Port Moresby noch fleissig ausgeübt wird, kann die Stimmung plötzlich in vernichtende Kampfeslaune umschwingen. Wir waren in der glücklichen Lage, mit einem VW-bus inclusive einheimischem Fahrer herum kutschiert zu werden , den uns ein Freund, der dort für eine der Goldfirmen als Manager tätig war , zu Verfügung gestellt hatte und kamen glatt in einen ausufernden Dörferkrieg hinein (siehe der Artikel bei myheimat über Schilde ). Die Masken der erst vor 80 Jahren zufällig entdeckten Hochlandvölker sind im Gegensatz zu Ihrer Schminckkunst ausgesprochen einfach gemacht : aus dickem Palmenstengel, aus Kalebassenkürbis, oder dem Wachs von Erdbienen und anderen wenig bearbeiteten Materialien. Hier bei diesen kulturell wenig kompliziert entwickelten Völkern wird die Verwandtschaft zu den australischen Aborigines deutlich, die als nomadisierende und herumwandernde Jäger- und Sammlerkultur nur durch Körperbemalung in andere Rollen treten und außer Perückenkreationen aus Eigenhaar und Federn keine materiellen Masken kennen. In der Ausstellung gezeigt wird ein seltener Eigenhaarkopfschmuck der Mornington Inseln, und Federapplikationen vom Hochland. Im Inselgebiet zwischen Australien und Neuguinea (Torresstrait-siehe Aufsatz in myheimat.de: Reinigungszeremonial bei den Tiwi-insulanern) spielen Masken eine untergeordnete Rolle und sind lediglich in Form der außergewöhnlich seltenen Schildpattmasken der Urheroen bekannt geworden. . Ungeheuer reich variert dagegen sind das Maskenwesen und die Ganzkörperkostüme für die Initiation bei den Völkern an den großen Flüssen und an der Küste von Papua-Neuguinea. Interessant hierbei vor Allem die Masken, die eine Verwandlung in ein oder mehrere Tiere in Mischgestalten zeigen.
Am Sepik ist es meist das Leistenkrokodil, der Waran, der fliegende Hund, das Schwein, der Kasuar und der krummschnäbelige Nashornvogel, die als Totemtiere in den Masken vermischt werden. Die jungen Männer sollen ihren tierähnlichen Vorfahren bei der Initiation gleich werden. So ist die Initiationszeremonie bei den Iatmul am Sepik, bei der wir teilnehmen konnten, äußerst schmerzhaft: Der Rücken der jungen Männer wird so mit Feuerstein- und Glassplittern malträtiert und die Wunden mit Asche wiederholt ausgerieben, bis der Rücken so genarbt wie eine Krokodilshaut ist.
In der Sammlung besonders in Auge fallend (Achtung bitte nicht selbst dabei das Auge an der spitzen Nase verletzen) ist eine gefürchtete Moskitomaske (Die Malaria tropica tötet jährlich dort ganz ohne Medikamente viele Menschen).
Die Yamsmasken der Abelam sind in den Grundfarben kräftig bemalt. Das Blau kommt neben den anderen beiden (Erd)farben von den Missionaren (siehe Aufsatz in myheimat.de über Farben bei den Naturvölkern).
Bei der Initiation der Asmat werden von den Jungmännern Ganzkörperkostüme aus Urwaldfasern gehäkelt, um den wie bei einer Schlange nach der Häutung im Übergangsstadium ungeschützten Körper vor den Urwaldgeistern zu schützen.
Auf Vanuatu (den Neuen Hebriden) werden Masken vor Allem aus dem porig-schwammigen und leicht zu bearbeitendem Holz der Baumfarne geschnitzt, die dann im trockenen Zustand ganz leicht werden. Auf Neukaledonien sind Masken ausgesprochen rar und aus hartem Eisenholz meist mit großem grinsendem Maul dargestellt.
Für die Maori in Polynesien ist der weit auf gerissene Mund und die heraus gestreckte Zunge (Aufsatz in myheimat.de) eine Drohgebärde. Das lebende Gesicht selber wird durch Tatauierung zur immer verfügbaren Maske verändert. Andere Masken vor allem Holzmasken gibt es in gesamt Polynesien absolut keine . Mikronesien bietet durch die Masken der Karolinen eine kleine Ausnahme bei den Seefahrerkulturen.

Bürgerreporter:in:

Maskenmuseum Michael Stöhr aus Diedorf

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