Die Burg im See

ISBN: 978-3-95655-148-2
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Die Gemeinde Pinnow hat mit Unterstützung von Frau Schetler und Herrn Remmel aus der Gemeinde Pinnow, in Eigenregie ein Buch auf die Beine gestellt. Die Geschichten wurden von der Grafikerin Ines Höfs liebevoll illustriert.

In Gedenken an Hans Stamer:

Aufgeschrieben wurden diese von Hans Stamer der von 1930 bis 1965 Lehrer in Godern und Pinnow war und wo er seit 1951 auch seinen Wohnsitz hatte. Er interessierte sich sehr für die Vor- und Frühgeschichte der Gegend und sammelte neben archäologischen Artefakten auch die Sagen rings um den Pinnower See. In den Wirren der Nachkriegszeit verlor er vorübergehend seine Stellung und verdiente den Lebensunterhalt für die Familie mit der Arbeit bei den Goderner Bauern und bei Fischer Kühl, der die Seen der Umgebung befischte. In dieser Zeit entstanden die hier vorliegenden Geschichten, basierend auf dem Sagengut der Gegend.

Das Buch enthält 11 Märchen aus Pinnow und aus Godern, die sich Hans Stamer ausgedacht und seinen Kindern in der Nachkriegszeit an langen Winterabenden erzählt hat. Dazu noch zwei Adventsgedichte.
Sie spielten alle an Orten, die den Zuhörern bekannt waren, wie z.B. die Geschichte von dem Zwerg auf der Insel. Gemeint ist der Fischer- oder Burgwerder. Auf seinem baumbestandenen Hügel an der Nordseite der Insel wuchsen (und wachsen vielleicht immer noch?) auch die Äpfel, Birnen und Kirschen, die in der Geschichte eine Rolle spielen, tatsächlich, allerdings in ihrer winzigen, ziemlich bitteren und sehr sauren Wildform. In der Not nach dem Krieg wurden sie mit Fleiß geerntet und verspeist. Hunger treibt`s rein!
Die Geschichte von der Riesenburg ist ebenfalls dem Burgwerder gewidmet und nimmt Bezug auf die vielen Steine auf dem Seegrund ringsum und auf die Reste einer Brücke zwischen der Insel und dem Steinernen Tisch am gegenüberliegenden Ufer, an denen nur allzu häufig die Netze der Fischer hängen blieben und zerrissen. Die alten Sagen deuten an, und die jüngsten Ergebnisse archäologischer Forschungstaucher weisen nach, dass in uralten Zeiten wohl wirklich eine Brücke die Insel mit dem Ufer am späteren Steinernen Tisch verbunden hat. Die Pfahlreste, die die Taucher fanden, stammen zweifelsfrei aus slawischer Zeit. Dass der Sohn des Großherzogs, der den damaligen Gerüchten nach die Brücke für seine heimlichen Rendezvous auf dem lauschigen Eiland habe bauen lassen, erweist sich so als schöne Sage.
Die Jungfrau an der Quelle spielt an der „Tremünz“, der großen Quelle am Waldweg zwischen Godern und dem Steinernen Tisch, etwa auf Höhe von Burgwerder. Rings um den Pinnower See gibt es eine ganze Reihe von Quellen, die von den umgebenden mehr oder weniger hohen Hängen in den See rieseln. Da niemand etwas mit dem Namen verbinden konnte und bis heute nicht kann, hieß die Quelle bei allen eben einfach nur "die Quelle" und jeder wusste, was gemeint war. Der Platz an dem lichten, sanft abfallenden Ufer zog besonders die Kinder des Dorfes an. Wann immer Zeit und Witterung es zuließen, ging es an „die Quelle“ zum Spielen. Hier wurden Sümpfe trockengelegt, Wasserfälle und Staudämme gebaut. Es gab Mühlen, Brücken und ... nasse Füße. Es war herrlich, damals wie heute. Sagen oder Anekdoten gibt es von dieser Stelle nicht. Das wollte dem Autor anscheinend nicht so recht gefallen. Und so erfand er kurzerhand dieses Märchen. Die Anregung für das Märchen von der Schlüsselblumeninsel lieferte das fantastische Schlüsselblumenmeer auf der Insel Flakenwerder - auch Priesterwerder genannt, da sie zur Pinnower Pfarrgemeinde gehört -, das noch weit in die 1960er Jahre hinein im Frühsommer die Insel bedeckte. Inzwischen ist es, warum auch immer, verschwunden und nur hier und da erinnert ein vereinzeltes Primelchen an die einstige Pracht.
Ob die Entstehungsgeschichte des "modderigen" Binnensees und des kleinen, inzwischen stark verlandeten Hilligen-Sees in den Kindern die Abneigung gegenüber dem einen und die Scheu vor dem anderen befestigte oder erst weckte, bleibt offen. Fest steht, dass beide nicht besonders beliebt waren und dem Vergleich mit der klaren Weite des Pinnower Sees nicht Stand hielten.
Die Vertrautheit (der Dorfjugend) mit den kleinen Unterirdischen aus dem Peters- oder Petermännchenberg wurde durch die Geschichten zumindest befestigt.

Leseprobe

Einmal im Winter, es war sehr kalt gewesen und auf dem spiegelblank zugefrorenen See tummelte sich die Dorfjugend, fasste Jürgen sich wieder ein Herz und fragte, ob er nicht einen ganz, ganz kleinen Augenblick auf den See dürfe. „Du hast wohl nicht genug zu tun?“, sagte die Alte. „Aber wenn du unbedingt aufs Eis willst“, fuhr sie boshaft fort, „dann pflücke mir auf dem Borgwerder einen Korb voll Äpfel! Komm aber ja nicht nach Hause, bevor der Korb voll ist!“ Damit stieß sie ihn zur Tür hinaus.
Auf der Südseite des Hügels auf dem Borgwerder wuchsen tatsächlich wilde Obstbäume, Apfel-, Birnen- und Kirschbäume, die in manchen Jahren eine Menge Früchte trugen. Im Sommer und Herbst pflegte Jürgen dort regelmäßig zu ernten, manchmal sogar mit der Alten zusammen. Aber jetzt, im Winter? Weinend machte der Junge sich auf den Weg. Er schämte sich vor den anderen Kindern, mit dem Korb übers Eis zu gehen. Und so schlich er durch den Wald bis zu der Stelle, wo die Insel nahe an das Ufer reicht. Dort lief er schnell hinüber, ohne dass er entdeckt wurde. Verzagt schlich er um den Hügel. Er fror jämmerlich, denn natürlich besaß er keine warme Winterkleidung, sondern trug Sommers wie Winters das gleiche dünne, inzwischen schon viel zu kleine Jäckchen.
Da sah er zwischen den Bäumen Rauch aufsteigen. ‚Oh, ein Feuer!’, dachte er. ‚Dort kann ich mich bestimmt wärmen.’ Eilig lief er in die Richtung und sah zu seiner Verwunderung, dass der Rauch aus dem Berg kam. Dicht darunter waren in dem Hang eine kleine Tür und ein Fenster. ‚Wer hat sich denn da ein Haus in den Berg gebaut?’, dachte Jürgen. Er zögerte ein bisschen. Doch dann klopfte er an die Tür.
„Herein!“, rief eine freundliche Stimme. Jürgen trat ein und stand in einem kleinen blitzsauberen, mollig warmen Zimmer. Am Fenster stand ein kleiner Tisch mit ebenso kleinen Stühlen. In der einen Ecke gab es einen Schrank, in der anderen einen Ofen mit einem herrlich bullernden Feuer und an der gegenüberliegenden Wand war eine Tür, die wohl in einen Nebenraum führte. Am Ofen war eine Bank und darauf saß ein Männlein nicht größer als Jürgen. Es schaute den Jungen mitleidig an.
„Was willst du denn hier, mitten im Winter, mit einem Korb und in so einer dünnen Jacke?“, fragte es. Noch ganz zitterig vor Kälte erzählte der Junge seine Geschichte. „Ich glaube, ich kann dir helfen“, sagte der Kleine. „Aber vorher musst du mir einen Gefallen tun.“
„Das will ich gerne“, antwortete Jürgen eifrig.
„Ist gut. Dann komm erst mal her und wärme dich auf.“ Der Kleine rückte zur Seite und Jürgen musste sich zu ihm auf die Bank setzen, mit dem Rücken ganz dicht an den Ofen. Das Zwerglein erzählte ihm, dass es eigentlich im Petersberg wohne, zusammen mit den anderen Unterirdischen.

Bürgerreporter:in:

Norbert Höfs aus Schwerin (MV)

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