Gottfried Böttger im ausverkauften Fachwerkhaus

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Auch der letzte Stuhl und die letzte Partybank mussten hergeholt werden, um allen Besuchern am Freitag, 22.04.2016, im Fachwerkhaus Lehrte Platz zu bieten. Jazzfreunde-Helfer Werner und Christine Denecke ließen sich eigens Klappstühle heranschaffen. Noch bis Konzertbeginn versuchten enttäuschte Besucher, Einlass zu finden, doch der Gig war zwei Wochen vorher ausverkauft. So waren die Erwartungen auf einen interessanten Abend mit Prof. Gottfried Böttger (66) hoch und sie wurden voll erfüllt. Gerade das Ambiente in dieser stilvollen Umgebung machte den besonderen Reiz aus. Man hätte einen größeren Saal füllen können, genau das war aber nicht gewollt. Der direkte und dichte Kontakt zum Künstler erhöhte das Erlebnis dieser Reise durch die Jazzgeschichte.

Der Lehrter Männerchor hatte wieder seinen Saal zur Verfügung gestellt, Harald Lies hatte für Bestuhlung und Beleuchtung gesorgt, Ingo Schmalz für Getränke und Imbiss. Paul Rohde eröffnete den Abend humorvoll und der Stv. Vorsitzende der Jazzfreunde, Andreas Fehér, trug ein viele Jahre zurück liegendes Erlebnis vor, das selbst Gottfried zum Schmunzeln brachte. Das Baby im Bauch seiner Frau strampelte damals schon im Takt von Böttgers Boogie-Rhythmen. Diesmal ging es etwas ruhiger aber kurzweilig zu.

Gottfried, der mit diversen Erfolgstiteln (Leinemann, Rentnerband, Panikorchester) Hamburger Musikgeschichte geschrieben hat, führte das Publikum durch die über hundertjährige Geschichte des Jazz, der auf drei Wurzeln basiert: Gospel, Ragtime und Blues. So alt und doch so neu hörten sich beispielsweise der alte Gospelsong „Sometimes I feel like a motherless child“ an. Woher kommen all die Melodien, die um 1900 den Jazz ausmachten? „Die können doch nicht nur in New Orleans entstanden sein“, hatte der Musiker angefangen zu recherchieren und lieferte wiederum ein Beispiel: Den „Amazon-Rag“ von Scott Joplin erkannten die Zuhörer erst, als Böttger ihn in den Dreivierteltakt zurückversetzte. Es war „Leise rieselt der Schnee“. Diese Weise hatte ein Pfarrer aus Thüringen 1870 bei seiner Auswanderung mit in den Süden der USA genommen. Die Klänge hatten Joplin anscheinend zu seinem Ragtime motiviert.

Und Gottfried phantasierte amüsant, wie Mozart wohl den Boogie gespielt hätte. Oder hat er ihn gar erfunden? Dem Popstar der damaligen Zeit wäre es zuzutrauen. Gottfried bewies mit Mozarts Kleiner Nachtmusik, die er als klassisches Original, als Blues, Chicago Blues und Swinging Boogie interpretierte, den “Wahrheitsgehalt” seiner Idee.

Das Publikum war begeistert und entließ den prominenten Künstler erst nach Zugabe. Jazzfan Horst Wagner aus Langenhagen brachte es auf den Punkt: ”Absolute Spitze.”

Große Hilfe ist Gottfried seine Lebenspartnerin und Freundin aus Kindertagen Ellen von Spanyi. Beide bleiben den Organisatoren des denkwürdigen Abends als besonders nette, bescheidene Menschen ohne Berührungsängste in Erinnerung. Gottfried schrieb ins Gästebuch: “Mit aller herzlichstem Dank für die freundliche Aufnahme, den phantastischen Saal, das wundervolle Publikum und die gesamt Atmosphäre. Bis hoffentlich bald.”

Bürgerreporter:in:

Magitta Rohde aus Burgdorf

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