Wie alt ist er denn nun wirklich, der Glockenturm der Otzer Kapelle?

Dr. Stefan Amt erläutert seine Arbeiten den Mitgliedern des Kirchenvorstandes Karin Buchholz und Dr. Holger Zielonka sowie der Küsterin der Otzer Kapelle, Doris Günther (v.l.)
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  • Dr. Stefan Amt erläutert seine Arbeiten den Mitgliedern des Kirchenvorstandes Karin Buchholz und Dr. Holger Zielonka sowie der Küsterin der Otzer Kapelle, Doris Günther (v.l.)
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Die Otzer Kapelle, das älteste sakrale Gebäude in Burgdorf, wurde im 14. Jahrhundert erbaut. Eine Erweiterung wurde im 15. Jahrhundert durchgeführt. Ebenso im 15. Jahrhundert, nämlich um 1460, wurde der Turm erbaut. Das nahm man bisher jedenfalls an, und machte das an einer Inschrift auf einer der Glocken fest, die auf das Jahr 1461 als Herstellungsdatum der Glocke weist. „Das kann sein, muss aber nicht. Der Turm kann älter, aber auch jünger sein“, sagt Dr.-Ing. Stefan Amt, Leiter des Büros für historische Bauforschung und Konservator des Bistums Hildesheim. Dr. Amt untersucht in einem freien Forschungsvorhaben zusammen mit seinen Kollegen Marcel Petri und Nils Ochmann die freistehenden hölzernen Glockentürme in der Lüneburger Heide, von denen es nach seiner Aussage 70 gibt. 15 davon hat er schon untersucht, mit zum Teil recht überraschenden Ergebnissen. Von 330 Jahre älter bis 150 Jahre jünger als bisher angenommen sei fast alles vorgekommen, sagt er. Bei der Datierung dieser Türme („Glockenstapel“ ist der Fachbegriff dafür) stützt er sich weniger auf bautechnische Ausführungen der Holzverbindungen. Das sei allenfalls ein Indiz, aber kein Beweis, sagt Amt. Die Zimmerleute tendierten schließlich dazu, bewährtes nicht zu ändern. Er stützt seine Arbeiten vielmehr auf die Dendrochronologie, ein Verfahren, bei dem mit einem speziellen Bohrer ein Bohrkern aus den Holzbalken gezogen wird. Anhand der sichtbaren Jahresringe, die auf Grund ihrer Dicke und Abstände voneinander ein genaues Abbild der klimatischen Bedingungen zum Wuchszeitpunkt des Baumes geben und „so individuell sind wie ein Fingerabdruck“, kann ein dendrochronologisches Fachlabor auf ein Halbjahr genau den Fällzeitpunkt eines Baumes bestimmten. Voraussetzung dafür ist allerdings das Vorhandensein einer sog. Waldkante. Hierunter versteht man den äußersten Teil eines Stammes, auf den nur noch die Rinde folgt; es dokumentiert also das letzte Lebensjahr des Baumes vor seiner Fällung. Und das wiederum bedeutet, eventuell plus 1-2 Monate, das Baujahr des Turms, da früher das Holz frisch verarbeitet wurde. Das Fehlen von Flößerspuren deutet zusätzlich darauf hin, dass die Stämme, die zum Bau verwendet wurden, aus der näheren Umgebung stammen.
Dr. Amt wurde mit der Datierung des Turmes von der Martin-Luther-Kirchengemeinde Ehlershauen-Otze-Ramlingen beauftragt. Finanzielle Unterstützung für dieses Vorhaben gibt es von der Unteren Denkmalsschutzbehörde der Region Hannover und der Stiftung Baudenkmalpflege.
Eine fesselnde Geschichte, und die Gemeinde wartet mit Spannung auf die Ergebnisse.

Bürgerreporter:in:

Detlev Müller aus Burgdorf

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