Predigt in der Oktav von Ostern nach Johannes 21, 1-14

St. Petrus in Buchholz, die Kirche, in der die Predigt gehalten wurde
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Liebe Schwestern und Brüder in Christus,

wer das Glück hatte, nach Israel zu reisen, wird wohl an den See Tiberias gekommen sein, der auch See von Genezareth heißt. Dort ist nach dem Evangelisten Johannes Jesus seinen Jüngern zum dritten Mal erschienen. Seit dem Altertum wird diese Erscheinung beim sogenannten Siebenquell, griechisch Heptapegon, heute Tabgha lokalisiert. Tabgha liegt unterhalb des Bergs der Seligpreisungen, in der Nähe von Kapharnaum, die uns auch als Lieblingsstadt Jesu bekannt ist. Der Ort der Erscheinung ist also ein Ort, der eng mit der Lebenswelt Jesu verknüpft ist. Dort in der Nähe des Ufers wird seit Jahrhunderten eine Felsplatte gezeigt, die in alten Pilgerbüchern „Tisch des Herrn“ genannt wird. Hierhin verlegt die Tradition die Herdstelle, an der Jesus für seine Jünger die Fischmahlzeit bereitet hat.

Schon im 4. Jahrhundert wurde dort eine Kirche errichtet. Die heutige, von italienischen Franziskanern betreute Kirche soll die fünfte an dieser stelle sein. Trotz Zerstörungen im Laufe der Geschichte stirbt die Erinnerung an diesen mystischen Ort nicht.

Der heutige Text setzt voraus, dass die Jünger von Jerusalem nach Galiläa zurückgekehrt sind. Wann und warum das geschehen ist, darüber können wir nur spekulieren. Nach anderen Evangelisten wurden die Jünger angewiesen, nach Galiläa zu gehen. Sie haben die Arbeit als Fischer wieder aufgenommen wie vor ihrer Berufung Jahre zuvor. Die Sache Jesu scheint zunächst keine Zukunft zu haben.

Nur drei der Jünger werden mit Namen genannt, Simon Petrus, Thomas und Nathanael, wobei letzterer nicht zum engeren Kreis der 11 Apostel zählt, ferner werden die „Söhne des Zebedäus“ genannt. Nach den Texten der drei anderen Evangelisten muss es sich um Jakobus den Älteren und Johannes handeln. Warum der Evangelist Johannes die Namen nicht nennt, wissen wir nicht. An späterer Stelle der heutigen Perikope ist von jenem Jünger die Rede, den Jesus liebte. Auch damit verbinden wir den Namen Johannes. Hat der Evangelist aus Bescheidenheit die Namen nicht genannt? Mit Petrus, Jakobus und Johannes sind in unserem heutigen Evangelium die drei Apostel Zeuge der Erscheinung, die auch sonst unter den Aposteln einen herausragenden Platz einnehmen. Das unterstreicht die Bedeutung der hier bekundeten Erscheinung.

Petrus wirkt in der Szene als Wortführer. Er ermuntert die anderen zum Fischfang. Die herausgehobene Position ist von symbolischer Bedeutung. Aber obwohl die Jünger des Nachts auf Fischfang gehen, wo normalerweise der Fischfang am erfolgreichsten ist, fangen sie nichts. Ihre Alltagsarbeit ist erfolglos. Da erscheint ihnen Jesus, den sie zunächst nicht erkennen. Wie kann man jemanden nicht wieder erkennen, mit dem man Jahre zusam-mengelebt hat? Jesus muss nach seiner Auferstehung anders auf die Jünger gewirkt haben als vor seinem Tod. Der auferstandene Jesus fordert sie auf, erneut auf Fischfang zu gehen und ihr Netz auf der rechten Seite, d. h. auf der Glücksseite des Bootes auszuwerfen. Gegen alle Fischereivernunft werfen sie erneut das Netz aus - und sie sind diesmal erfolgreich. Nach diesem unerwarteten Fischfang erkennt der Jünger, den Jesus liebte, den Herrn. Die Augen der Liebe, der Verbundenheit, d. h. die Augen des Herzens, erkennen, was anderen verschlossen und verborgen bleibt. Auch wir erkennen den auferstandenen Herrn am ehesten mit den Augen der Liebe.

Als die Jünger ans Land kamen, hatte ihnen Jesus bereits auf einem Kohlenfeuer ein Mahl bereitet, mit Fischen und Brot. Jesus fordert sie auf, auch ihre Fische zu bringen. Sie zogen das schwere Netz ans Land, ohne dass es zerriss. Jetzt erfolgt für uns ein neues Rätsel. Dass gelernte Fischer ihre Fische zählen, erscheint uns fragwürdig. Es sollen 153 große Fische gewesen sein. Der Schriftexperte des Altertums, Hieronymus, der das Alte Testament aus dem Hebräischen übersetzt und den altlateinischen Text des neuen Testaments überarbeitet hat, überliefert uns folgende Interpretation. Den Zoologen des Altertums wären nur 153 Fischarten bekannt gewesen. 153 Fische hieße dann so viel wie alle Fische. Da es bei Johannes der letzte Erscheinungsbericht ist, hat dieser Fischfang besondere symbolische Bedeutung. Die Jünger werden gesendet zu allen Menschen. Sie sollen die größtmögliche Zahl an Menschen für die Heilsbotschaft gewinnen.
Sie sollen nicht in ihre traditionellen Berufe zurückkehren, die sich als erfolglos erweisen, sondern jetzt die neue Berufung erkennen und zu Menschenfischern werden. Wenn die Jünger auf den Herrn vertrauen und auf sein Wort hin handeln, werden sie entgegen aller zu erwartenden Erfolglosigkeit einen wunderbaren Erfolg haben. Wir stehen in der Tradition der Jünger. Deshalb enthält das Evangelium für uns Auftrag und Ermunterung. Auch für uns gilt das Wort des Herrn: „Werft das Netz auf der rechten Seite aus und ihr werdet finden.“ Auch wir dürfen auf das Wort des Herrn vertrauen.

Amen

Bürgerreporter:in:

Manfred Hermanns aus Hamburg

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