Auf Achse; zu Besuch in der Modellbauwelt Bispingen

Im Eingangsbereich steht eine Rangierlok im Masstab 1:1.
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  • Im Eingangsbereich steht eine Rangierlok im Masstab 1:1.
  • hochgeladen von Jens Bähre

Heute war ich zu Besuch in der Modellbauwelt Bispingen. Bevor ich diesen Beitrag weiter schreibe, muß ich erst einmal deutliche Kritik üben. Schein und Sein liegen hier extrem weit auseinander. Vor der Eröffnung konnte man in der Presse hoch offensive und fast schon aggressive Töne lesen. Ich zitiere : "Man wolle das Miniatur Wunderland auf den zweiten Rang verweisen." Zu lesen war auch von 20.000 Metern Gleis, die von 500 Zügen mit einer Länge von bis zu 20 Metern befahren werden. Weiterhin sollten 50 Themenwelten existieren.

Aufgrund dieser und weiterer Aussagen in der gleichen Art habe ich mich ich sehr skeptisch und mit niedriger Erwartungshaltung "auf Achse" begeben, um den Modellbauwelten einen Besuch abzustatten. Um es gleich vorweg zu sagen; meine Skepsis hat sich bewahrheitet. Von der Qualität hinkt die Modellbauwelt um Lichtjahre dem Wunderland hinterher, und ist für echte Modellbahner nicht zu empfehlen . Wobei aber es punktuell doch modellbautechnische Highlights gibt.

Der Eingangsbereich

Angekommen am Snowdome in Bispingen muß man sich vor dem Haupteingang links halten. Schilder helfen bei der Orientierung. Die Modellbauwelt befindet sich im hinteren Teil da, wo der Snowdome am höchsten ist. Der Eingang befindet sich, wie erwähnt, auf der linken Seite. Direkt vor den Modellbauwelten befinden sich einige wenige Parkplätze auch für Behinderte. Ebenfalls vor dem Eingang steht eine Rangierlok und eine Pistenraupe ( 1:1 ). Der Eintritt kostet für Erwachsene 15 Euro. Es gibt aber auch diverse Rabatte wie zum Beispiel für "Bestager" ab 65 Jahren, die dann nur 13 Euro zahlen. 
Kurz hinter dem Eingang begrüßt eine Endlossschleife aus dem Lautsprecher ( "Eine Insel mit zwei Bergen ) und eine Statue von Christo Redentur ( Nachbildung der Statue vom Zuckerhut ) die Besucher. Rechts befinden sich die einzigen Toiletten der Einrichtung. In der gleichen Richtung befindet sich auch die Ausstellung "Automobile Zeitzeugen". Hier sind diverse Oldtimer ( ohne Schautafeln ) zu besichtigen. Das ganze Gelände ist übrigens barrierefrei und ist meiner Ansicht nach von Kinderwagen und Rollstuhlfahrern gut zu bewältigen.

GANZ WICHTIG ist der Umstand, daß man zwar ein Dach über den Kopf hat, aber die Seitenwände nicht verschlossen sind. Es besteht zwar etwas Schutz in Form von umfunktionierten Überseecontainern, aber der Wind kann ungehindert über das Gelände wehen.

Gleich noch im Eingangsbereich befinden sich mehrere Gleiskreise, auf denen Züge Runde für Runde drehen. Hier herrscht mehr Zugverkehr als in manchen größeren Themenwelten.

Die eigentlichen Themenwelten

Geht man jetzt noch ein Stück weiter kommt man an eine Anlage mit dem Thema Zirkus. Hier befindet sich auch der einzigste Animationsknopf der Modellwelten, mit denen man bei der Kirmes die Fahrgeschäfte einschalten kann.
Weiterhin befindet sich ( im September 2020 ) hier auch eine LGB Anlage, die nur zeitweise ein Gastspiel hat. Gestaltet wurde diese Anlage mit Liebe zum Detail. Es gibt diverse Kutschen und einen Zug mit unterschiedlichen Ladungsgütern. Auch ein Galgen wurde nachgebildet.

Meine Weltreise führte jetzt in den Harz, der sich ziemlich flach präsentierte. Was ebenfalls auffällt ist die relativ einfache Gestaltung. Ich vermute, daß das mit dem fehlenden Wetterschutz zu tun hat, da ein Regenschauer auch ziemlich weit auf das Gelände kam. Es verkehrten überwiegend Züge der Harzer Schmalspurbahn, so wie es sein sollte.

Nach dem Bistro mit Getränken und kleinen Snacks kamen dann die Saurier. Auch hier gab es vergleichsweise einfach gestaltete Landschaft in Form von Schotter und Dinosauriern ( aus dem Tierbedarf ? ). 

Weiter ging es mit der Feenwelt. Ab und an saß da eine Fee und stand ein verwunschenes Haus. In einer Muschel saß jemand, der mit etwas Fantasie als Ariel die Meerjungfrau durchgeht. 

Galaktisch ging es weiter. Chewbaca und Han Solo standen auf einer "High Line" ( meine persönliche Bezeichnung ), während unten der Milenium Falcon und ein  "Geher" standen. Dieser Bereich ist noch Baustelle und wird von viel rostigem Eisen dominiert. Einsam drehte eine Lokomotive ihre Runden, während die zweite, stark umgebaute, Lok wenigstens ein paar Wagen zog, auf denen diverse Raumschiffe verladen waren.

Mittlerweile fiel mir auf, daß an einigen Stellen gigantische Mengen Schienen verbaut waren. Das war schon bei den Sauriern und den Feen der Fall. Im galaktischen Teil war das jedoch schon ziemlich extrem. Besagte "High Line" führt in 2,5 Metern Höhe auf drei Seiten um das Gelände herum, um dann in der Mitte mit einer riesigen mehrgleisigen Wendel auf Bodenniveau zu kommen. Alles schön und gut, nur leider noch Baustelle und größtenteils ohne Zugverkehr.

Nun kam ich in Red Wood an. Ebenfalls an der Außenseite gelegen, ebenfalls recht einfach. Der DeLoirean aus "Zurück in die Zukunft" gab es zu entdecken, wie auch einige Fahrzeuge.und Häuser . Auf ausgedehnten Gleisanlagen kam dann ab und an mal ein Zug.

Der Übergang zwischen der Themenwelt Red Wood und Amerika ist fließend. Nicht fehlen darf die Freiheitsstatue. Ansonsten gab es wieder viele Schienen und Pflanzen. Sehr schön anzusehen war ein Big Boy, die legendärste Dampflok der Welt. Diese Dampflok bewegte sich einmal ca 4m rückwärts und wieder 4 m vorwärts. Ansonsten stand das gute Stück still. Besonders in diesem Abschnitt hätte ich jetzt die beworbenen 20 m Züge erwartet. Stattdessen hatten die Züge nicht einmal zehn Wagen. 

Indien war die nächste Themenwelt. Diese Welt hat mir von der Gestaltung schon besser gefallen. Es gab Dschungelpaläste reichlich Dschungel, Baumhäuser und recht viele Details zu entdecken. Sorry, aber Mogli und seine Freunde habe ich nicht gefunden. Die sind aufgrund der vielen Dinge, die es zu entdecken gab, irgendwo versteckt. Tja und dann kamen auf der dreigleisigen Strecke auch noch zwei Züge an, und wir sind beim  Problem ! Erst kam ein Personenzug der Zillertalbahn ( Schmalspur ) von links, während ebenfalls von links auf dem nächsten Gleis ein amerikanischer Güterzug ( Regelspur ) zur Überholung ansetzte.

Auch hier gab es wieder fließende Übergänge zwischen den Themenwelten Himalya und China. Landschaftlich und vom Detail her gibt es doch einiges zu entdecken. So steht ein buddistisches Kloster hoch oben am Berg, eine große Budda Statue ist in den Berg gemeißelt, die Häuser sind schön verziert, ein Mann schleppt einen Wassereimer usw. usw.

Hinter China erstreckt sich dann noch ein großer Kinderspielplatz, auf denen die zweite wesentlich größere Freiheitsstatue zu finden ist. Es gibt  diverse Spielplatzeisenbahnen, wo Kinder mitfahren können und Attrappen von Zootieren.

Ich drehte weiter meine Runde. In einem weiteren Bassin saß ein Mann ( künstlich ) und schaut auf einem Leuchtturm. Direkt dahinter begann die Themenwelt Arktis. Persönlich fand ich diesen Bereich etwas verbaut, da das eigentlich gute Polarschiff durch massive Pfeiler verdeckt wird. Man kann den Weihnachtsmann und seine Elfen entdecken. Es gibt Iglus und Saunagänger. Von den Zügen will ich nicht mehr reden.

Fließend ineinander verläuft die Arktis mit Norwegen und Island. Typisch für diese Länder sind die steinigen Landschaften. Gerne geht man dort in die Sauna oder macht Camping in der Natur. In Island darf natürlich ein Geysir ( nur nachgebildet ) nicht fehlen. Der Stil der Häuser passt gut zu den Ländern. Aber die Züge ....

Die nächsten ineinander gehenden Welten waren Kanada, Schottland und England. Kanada bot überwiegend Landschaft und Raftingteilnehmer auf einen Fluß. Die Holzindustrie war ebenfalls vertreten und zeigte Verladeszenen und Missgeschicke. Und weiter oben knisterte ein Waldbrand.

Schottland gleich nebenan bot da schon speziellere Sehenswürdigkeiten. Das Monster von Loch Ness durfte nicht fehlen. Zu erwähnen sind auch Highlandspiele und eine nachgebaute sehr bekannte Schule aus Edinburg. Vertreten ist ebenfalls "Friday for Future".

England wiederum, das fand ich schon mal ganz nett, hat ein Haus der Avengers. Es gibt eine Pferderennbahn und englische Landschaft. Weiterhin liegen beim Bäcker im Schaufenster Brötchen aus. Diese Art von Details macht eine gute Modellbahn aus. Leider findet man davon viel zu wenig.

Nun habe ich eine Drehung gemacht und konnte mir Südamerika anschauen. Wohin man hier auch blickte, Styropor und Baustelle.

Den nächsten Themenblock stellten Bayern, Österreich, und Italien. Während Bayern aus ein paar Häusern und Schienen bestand, zeigte Österreich vornehmlich Berge, einen Stausee und Winter. Italien wiederum bot Campingurlaub, Badesee und ein italienisches Städtchen. Auch ein Ferrari Händler durfte nicht fehlen.

Persönlich sehr gut gefallen hat mir die Themenwelt Bad Max in Anspielung an eine bekannte postapokalyptische Spielfilmserie. Sowas ist für mich modellbahnerische Kreativität vom feinsten. Zu erkennen waren diverse Filmfiguren und Autos. Auch markante Orte, wie zum Beispiel "Bartertown oder der "Thunder Dome " waren nachgebildet. 

Rechts und links von Bad Max gab es noch weitere Themenwelten. Erst einmal guckte ich mir das Thema Grand Canyon an. In einem wilden Canyon lagen zerstörte Eisenbahnwaggons, die von einer kaputten Brücke runtergefallen sind. Zu sehen gab es  typisch amerikanische Autos, eine Biker Bar, sowie eine typische Ranch.

Afrika war eine weitere Themenwelt. Es gab  bunte Häuser, Savanne, eine Dorfschule und, und und. In Afrika gab es wieder viele Details zu entdecken. Gezeigt wurde aber auch der große Unterschied zwischen den Klassen. Während oben die Leute in der Lodge am Pool sitzen und ihren Urlaub genießen, lebt die Bevölkerung in einfachen Verhältnissen. Gefallen hat mir der Bereich mit den Pyramiden. Hier gab es den Geist aus der Flasche, den Aladin aus seiner Lampe rausgelassen hat. Auch ein fliegenden Teppich gab es zu entdecken. Ob nun durch die Pyramide eine Bahn führen muss ist Geschmackssache. Weiterhin gab es in der Wüste eine Oase, die von einer Kamelkarawane angesteuert wird. Das sind Details, die eine Modellbahn auch braucht.

Mein Fazit 

Die erste gute Tat wäre es, den "Marktschreier" rauszuwerfen, der ( oder die ) für diese Pressemitteilungen verantwortlich ist. Nicht nur für die Modellbauwelten sondern auch für andere Schauanlagen sind diese Äußerungen schädlich. Die Leute kommen mit hohen Erwartungen und werden nach dem Besuch enttäuscht wieder davonfahren, und so schnell keine weiteren Modellbahnanlagen sich ansehen.

Gut zu diesem Stil passen da auch einige Google Bewertungen mit fünf Sternen, wo der starke Verdacht der Manipulation besteht. Oder kann mir einer erklären, warum jemand dem Modellbauwelten fünf Sterne für einen tollen Service in einem Modellbahnladen gibt ???

In den Modellbauwelten sind einige gut gemachte Ansätze bei der Landschaftsgestaltung zu sehen. Baut doch einfach mal ein paar Schienen ab, und gestaltet einige Landschaften noch mal um. Ein Anfang wäre es doch, den Zugverkehr zu harmonisieren. Es muß nicht sein, daß ein Schmalspurzug wie in Indien von einem Regelspurzug überholt wird. Die Maßstäbe passen da nicht. Entweder macht da nur Schmalspur oder nur Regelspur.

Gleichwohl habe ich Respekt vor der mittlerweile erbrachten Leistung. Kritisieren können Viele, aber nur die wenigsten schaffen es überhaupt sich eine Modellbahn aufzubauen. Hut ab vor euren bislang erbrachten Leistungen.

Bürgerreporter:in:

Jens Bähre aus Isernhagen

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