Love Parade: Innenminister Jäger verwickelt sich in Widersprüche

Nach übereinstimmenden Medienberichten belastet ein Einsatzprotokoll der Feuerwehr die bei der Love Parade in Duisburg am vergangen Samstag eingesetzte Polizeiführung. Bei dem Großereignis, bei dem 21 Besucher ums Leben kamen und über 500 Gäste verletzt wurden, habe die Duisburger Feuerwehr bei einer von der Polizei eineinhalb Stunden vor dem Ausbruch der Massenpanik um 17 Uhr erwogenen Sperrung der Zugangsrampe zum Veranstaltungsgelände darauf bestanden, dass in diesem Falle auch die Zugänge zu den Tunneln der Karl-Lehr-Straße gesperrt werden müssten.

Einer Meldung der WAZ-Gruppe zufolge habe der Veranstalter auf Ersuchen der Polizei seine Ordner am Tunneleingang per Funk entsprechend angewiesen. Laut dem Düsseldorfer Innenministerium habe "damit" die Verantwortung für die Sperrung des Tunnels "eindeutig" beim Veranstalter gelegen.

Augenzeugenberichten zufolge wurde am westlichen Tunnelzugang die Personenkontrolle vom Veranstalter aber gänzlich eingestellt, möglicherweise aufgrund eines Missverständnisses. Der Veranstalter hatte am Montagabend behauptet, die Polizei habe gar die Weisung erteilt, alle Schleusen am Tunneleingang zu öffnen:

http://www.express.de/news/panorama/loveparade-che...

Die Einlassungen des Innenministeriums NRW werden damit immer fragwürdiger. Zunächst hatten Polizei-Gewerkschafter und dann auch der Innenminister behauptet, die Polizei sei auf der Rampe gar nicht zuständig gewesen. Nachdem sich herausstellt, dass der Zugang auf der Rampe nicht nur durch polizeiliche Einsatzkräfte kontrolliert worden war, sondern auch aufgrund einer polizeilichen Einsatzkoodination mit der Feuerwehr blockiert, stellt das Innenministerium nunmehr darauf ab, dass der Veranstalter der Einsatzleitung der Polizei die Unterstützung der von ihr verfügten Maßnahmen zugesagt habe.

Damit ist die Behauptung von Innenminister Jäger, die Polizei sei am Ort des Geschehens gar nicht verantwortlich gewesen, unvereinbar. Es stellt sich ferner die Frage, welche Maßnahmen die Polizei zwischen 15:46 Uhr und dem Eintritt der sich zusehends anbahnenden Katastrophe gegen 17 Uhr ergriffen hatte, als sich abzeichnete, dass der Veranstalter die Sperrung des Tunnelzugangs faktisch aufgegeben hatte.

Rätselhaft sind ferner die Kommentare u.a. des nordrheinwestfälischen Bundestagsabgeordneten Wolfgang Bosbach gestern abend in der TV-Sendung "Berlin-Mitte", die in den Medien erhobenen Vorwürfe gegen die Bundespolizei, sie habe elektronische Kommunikationsdaten noch am vergangenen Sonntag gelöscht, seien vom Tisch. Laut dpa hat sich die Bundespolizei lediglich gegen die in Spiegel-Online und "Bild" gemeldeten Vorwürfe verwahrt, dass "sämtliche Unterlagen zur Love Parade von ihren Computern gelöscht worden seien." Ein Dementi, dass einzelne sensible Daten von der Bundespolizei gelöscht worden sind, sähe anders aus - und Wolfgang Bosbach müsste eigentlich auch wissen, wie ein klares Dementi sich liest. Die Bundespolizei war offensichtlich nicht in der Lage, die Meldung, dass der E-Mail-Verkehr zum Einsatz gelöscht worden sei, zurückzuweisen. Denn sie formulierte laut dpa, dass "alle Einsatzunterlagen definitiv noch vorhanden" seien - ob der E-Mail-Verkehr und die Funkprotokolle während des Einsatzes dazu zählen, blieb offen.

Bürgerreporter:in:

Lorenz Stiefelknecht aus Berlin

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