Bericht aus Berlin...

OHscar macht sich Gedanken über das Oktoberfest
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17.09.2008

Bericht aus Berlin...

War das gestern wieder spät geworden. Kurz vor Mitternacht noch mit alten Kommilitonen aus der Studienzeit und einem Fäßchen Kaiser Bräu (Bier) zusammengesessen. War das schön, wieder einmal in altbekannter Runde, sich, bestimmt schon zum hundersten Mal, an damals zu erinnern. Was haben wir da nicht alles zusammen erlebt, ausbaldowert und probiert. Ich kann mich noch genau an den einen Abend erinnern, tolles Fest, viel Freude und alle gut gelaunt, doch plötzlich, mitten in der Nacht, waren nichts mehr zum Rauchen im Hause. Ein Anwesender, leicht angetrunkener von einer anderen Fakultät, meinte, machen wir es halt wie früher die Indianer. Sprachs und rannte hinaus in den Garten des Hauswirts. Freudestrahlend kam er schwankend auf unsicheren Füßen mit vollen Händen zurück, ein Berg von Blättern und Laub. Fachmännisch rollten wir unsere dicken Blattzigarren und wie auf Kommando zündeten alle ihre Rolle an. Mensch, wie war es uns hinterher schlecht... Aber so im nachhinein fanden wir es wieder toll, das damals. Fritze, der Unscheibare von einst, grinste noch sehr lange vor sich hin, langte in die neben ihn stehende Aktentasche und warf eine scheinbar lieblos herausgerissene Seite einer Zeitung auf den Tisch und meinte "Was haltet ihr denn davon?" Es war ein Artikel der Abendzeitung vom 15.09.2008 mit der Überschrift:

Am Anfang war das Bier.

Auszüge:

... Professor Josef Reichholf, Evolutionsbiologe und Leiter der Wirbeltierabteilung der Zoologischen Staatssammlung in München, glaubt, dass unsere Vorfahren nicht aus Hunger von der Jagd auf den Ackerbau umstiegen – sondern um
immer größere Feste zu feiern

... Wenn man Hunger hat und sich von Gräsersamen
ernähren soll, die ja noch kein Getreide im heutigen Sinne waren, ist das so eine Sache: Die Körner sind hart und, weil sie so klein sind, nicht leicht zu sammeln. Sie lassen sich außerdem schwer aus den Spelzen lösen. Dass sie quasi von selbst herausfallen, ist das Ergebnis von Jahrtausenden der Züchtung. Das bisschen Getreide, das man per Hand gewinnt, hilft allenfalls einige Tage, maximal ein paar Wochen. Aber dann beginnt der Winter – und man muss trotzdem von irgendetwas leben, bis es im nächsten Spätsommer wieder reife Körner gibt.

... die Körner zerreibt und Wasser dazu gibt, vergärt dieser Brei zu Bier. Das schmeckt süßlich – und es macht Spaß, es zu trinken. Man kann diese Flüssigkeit schlürfen oder mit Rohrholmen trinken. Sumerer vor einem großen Topf, die mit Rohrholmen Bier schlürfen - das ist die älteste Darstellung, die wir überhaupt von der Nutzung von Getreide haben. Während die Herstellung von Brot aus Körnern erst viel später dokumentiert ist. Hinzu kommt: Das indogermanische Wort „brauda“ ist die Wurzel von „Brot“ und „brauen“ – aber „brauen“ ist älter.

... Die Menschen wussten, dass man alles, was süß ist – und die milchreifen Grassamen schmecken süß – vergären kann zu Wein, zu Most oder zu Bier. Damit begannen sie, Feste zu feiern. Vor allem im Herbst, in der Brunftzeit, konnte man leichter Beute machen als im Sommer, weil die Hirsche nicht mehr so vorsichtig sind. Das zu feiern, sich mit Stammesgenossen, die vorher monatelang verstreut im Gelände herumgezogen waren, an einem Ort zu sammeln – das ist mit Bier wunderbar möglich.

... Ich denke, dass die Feste Selbstläufer wurden – siehe Oktoberfest, das stetig im Wachsen begriffen ist. Das heißt: Wenn es den Menschen Spaß macht, sich an einem bestimmten Ort zu sammeln, steigt auch der Bedarf an Bier. Also werden Spezialisten anfangen, die Körner systematischer zu sammeln. Man wird dafür sorgen, dass auch etwas übrig bleibt für eine gezielte Aussaat im nächsten Jahr, damit man zur rechten Zeit wieder Körner bekommt. Und da Wildgetreide einjährig ist, kann man keine dauerhaften Pflanzungen anlegen, sondern man muss den Boden immer wieder in den Anfangszustand versetzen – und davon ausgehend den Ertrag steigern. Mit der Steigerung der Erträge konnten immer mehr Menschen kommen.

... Der Hopfen galt als Medizin und wurde ursprünglich geraucht

... verschiedenen Gruppen fingen an, aus ihrer Gegend Getreidekörner mitzubringen. Wenn nun Getreidesorten unterschiedlicher Herkunft an einem Ort zusammentreffen, gibt es Hybride und es entstehen ertragreichere Sorten, mit denen man gezielt weiter züchten kann. Das führt dazu, dass die Leute beginnen, sich dort dauerhaft aufzuhalten, um immer mehr zu produzieren und immer größere Feste zu feiern.

... Ist das Oktoberfest also eine fröhliche Zeitreise in die Vergangenheit? Das kann man durchaus so sehen: Beim Oktoberfest geht es, wie bei den meistengrößeren, öffentlichen Festen, nicht ums Essen, sondern um den geselligen Biergenuss und das auch noch auf unbequem engstem Raum. Wer dafür aus Neuseeland, Japan oder Nordamerika anreist, hat sicher nicht nur Essen und Trinken im Sinn. Dafür muss es buchstäblich tiefere Gründe geben!

... Warum gilt Bayern dann als das Heimatland des Bieres? Ich glaube, das hängt mehr damit zusammen, dass man in historischer Zeit, also vor
zweieinhalb- bis zweitausend Jahren zunehmend versuchte, das Bier haltbarer zu machen. Da wurde mit allem möglichen experimentiert, bis man irgendwann darauf kam, dass ein Stoff, der ursprünglich geraucht wurde – Hopfen, der sehr eng mit dem Hanf verwandt ist –, das Bier haltbarer und gleichzeitig beruhigender macht.

... medizinische Wirkung des Hopfen-Öls war schon im Altertum bekannt. Man hatte die Vorstellung, dass Hauterkrankungen von Hopfen geheilt werden konnten.Wahrscheinlich war das nichts anderes als die beruhigende Wirkung des Hopfens, mit der die Selbstheilungskräfte des Körpers gestärkt wurden. Aber man hat auch mit anderem herumprobiert. In der Umgebung von Pilsen etwa fand man in besonderer Häufigkeit ein Kraut, das sehr giftig ist, nämlich das Bilsen-Kraut. Das hatte man jahrhundertelang dem Bier zugesetzt, dass seine berauschende Wirkung noch stärker wurde. Dünnbier mit Bilsen-Kraut versehen, führt zu hochfliegenden Träumen, ähnlich wie das mit Haschisch der Fall ist. Das war natürlich hochgradig gefährlich. Und weil alles mögliche, sogar tote Ratten und Mäusen, dem Bier zugesetzt worden war, wurde das Bayerische Reinheitsgebot erlassen, das nur noch Hopfen, Malz und Wasser erlaubt.

...das Starkbier. Das ist wirklich eine bayerische Erfindung.

Den vollständigen Artikel können Sie lesen unter:
http://www.abendzeitung.de/bayern/53520

Was meine Kommilitonen von diesem Artikel gehalten haben, vermag ich hier an dieser Stelle nicht wiederzugeben. Ich jedoch wurde sehr nachdenklich und faßte noch einmal still für mich zusammen

Das Brot verdanken wir Säufern

Indogermanische Wort „brauda“ ist die Wurzel von „Brot“ und „brauen“ – aber „brauen“ ist älter

Der Hopfen galt als Medizin und wurde aber ursprünglich geraucht

Ja meih! - Im Bier ist doch Hopfen und Hopfen kann man rauchen. Was wird denn jetzt im nächsten Jahr aus dem Oktoberfest?

Mit den besten Grüßen aus der Hauptstadt
Ihr
OHscar

Bürgerreporter:in:

OHscar ..... aus Berlin

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