Satirisches zum Wochenende - Neue Steuern braucht das Land

Bis vor kurzem gehörte ich einer besonderen Gruppe von Menschen an, die tagtäglich ihr Leben für das Allgemeinwohl riskiert, den Rauchern. Mein teures Laster trug dazu bei, dass die Rentenkasse gefüllt war, brachten den neuen Bundesländern blühende Land- und Ortschaften, half beim Kampf gegen den Terrorismus und stützte den Sozialstaat. Ich förderte die Pharmaindustrie mit dem Erwerb von unwirksamen Anti-Raucher-Medikamenten und bezahlte die Steuererleichterungen für Beherbergungsbetriebe. In Restaurants oder Gaststätten sorgte meine Person für Entertainment live und allgemeine Belustigung, wenn sie ihrem Laster bei Wind und Wetter vor der Eingangstür frönte. Ich war immer wiederkehrenden stetigen, kräftigen Anhebungen der Zigarettensteuer ausgesetzt, die unsere heimische Wirtschaft entlastet, Arbeitsplätze sichert und gar bankrotte europäische Staaten vor dem Ruin rettet. Ich habe mich geopfert und geraucht zum Wohle des deutschen Staates!

Mir erging es wie vielen weiteren Anhängern des blauen Dunst, eines Tages war ich nicht mehr bereit, mit horrenden Summen und meiner schwindenden Gesundheit die Unzulänglichkeiten und finanziellen Fehleinschätzungen der Regierung auszugleichen. War ich jahrzehntelang ein gefragter Mann und Garant für den Erhalt von Tabakplantagen, Aufträge für Containerschiffe und Speditionen, Klientel für Werbeagenturen und Steuereinnahmen in Millionenhöhe, stand ich plötzlich alleine da. Hofiert von Gesundheitskassen, Buchautoren, Chemikern und Psychologen, die alle nur mein Bestes wollten, mein Geld. Nikotinpflaster und -kaugummi, verbunden mit einem schwachen Willen, brachten nicht die erhoffte Heilung, also begab ich mich in eine Gruppen-Therapie. Die Sitzungen begann ich als schlanker Mann. Das Verlangen nach Zigaretten hat mittlerweile stark abgenommen, ich dagegen habe körperlich mächtig zugelegt. Auch bei etlichen anderen Kursteilnehmern ist eine Gewichtszunahme, trotz Ausübung sportlicher Aktivitäten, nicht zu übersehen. Vor meinem geistigen Auge sehe ich, wie 30 % der deutschen Bevölkerung, die laut Statistik den Anteil von Rauchern ausmachen sollen, bei dem Versuch sich der Sucht zu entledigen, von Abhängigen zu Fettleibigen mutieren. Ich bin mir sicher, dass die Bundesverantwortlichen den Rückgang der Einnahmen aus dem Tabakwarenverkauf und die massiven Auswirkungen des Nichtrauchens auf die Figur eines Tages wahrnehmen und mit einer neuen Abgabe verbinden werden. Das kann dann nur eins bedeuten, die Steuer für Übergewichtige kommt. Ich opfere mich! Dick sein zum Wohle des deutschen Staates!

Bürgerreporter:in:

Karsten Hein aus Barsinghausen

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