Gesetze die nicht beachtet werden

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Offener Brief! ( Liegt schon zwei bis drei Jahre zurück).
Vor einigen Tagen war ein Artikel in der Zeitung, da wurde gefragt warum so wenige Arztpraxen Barrierefrei sind.
Ist das nur in Fritzlar / Homberg so?
Ich sage NEIN, das ist überall so, obwohl doch gerade Ärzte und Apotheker die Einschränkungen der Patienten kennen müssten, Ist es also Ignoranz? denn Unwissenheit kann es ja nicht sein.
Es gibt bereits seit 11 Jahren das BGG (Behinderten- Gleichstellungs- Gesetz) dort seht unter:
§ 4 Barrierefreiheit
Barrierefrei sind bauliche und sonstige Anlagen, Verkehrsmittel, technische Gebrauchsgegenstände, Systeme der Informationsverarbeitung, akustische und visuelle Informationsquellen und Kommunikationseinrichtungen sowie andere gestaltete Lebensbereiche, wenn sie für behinderte Menschen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe zugänglich und nutzbar sind.

Um es zu erklären, wurde in der HBO (Hessische Bauordnung) der §46 Barrierefreiheit eingefügt:
§ 46
Barrierefreies Bauen
(1) 1Bauliche Anlagen und andere Anlagen und Einrichtungen nach § 1 Abs. 1 Satz 2, die öffentlich zugänglich sind, müssen in den dem allgemeinen Besucherverkehr dienenden Teilen so errichtet und instand gehalten werden, dass sie von Menschen mit Behinderungen, alten Menschen und Personen mit Kleinkindern Barrierefrei erreicht und ohne fremde Hilfe zweckentsprechend genutzt werden können. 2Diese Anforderungen gelten insbesondere für
1. Einrichtungen der Kultur und des Bildungswesens,
2. Sport- und Freizeitstätten,
3. Einrichtungen des Gesundheitswesens,
4. Verwaltungs- und Gerichtsgebäude,
5. Verkaufs-, Gast- und Beherbergungsstätten,
6. Stellplätze, Garagen und Toilettenanlagen.
Dies sind klare gesetzliche Anweisungen an unsere Bau und Ordnungsämter.
Diese haben die Barrierefreiheit durchzusetzen und nicht nach versagungsgründen zu suchen.
Wie wichtig solche Aussagen sind möchte ich hier einmal an einem Fall, der mich persönlich betroffen hat, schildern.
Ich sitze fest im E-Rollstuhl, musste mir meine Ärzte alle sorgfältig aussuchen um behandelt werden zu können. Es sind ja nicht nur die Treppen und Türen, die Probleme bereiten, nein es ist auch das Equipment der Praxis. Es gibt kaum Behandlungsliegen, die auf die Höhe des Rollstuhls abgesengt werden können um das Umsteigen zu ermöglichen. Röntgengeräte sind steif und nicht flexibel anpassbar.
Schlimm ist auch, es gibt in unserem Raum KEINE Frauenarztpraxis in der Frauen im Rollstuhl behandelt werden können.
Auch die Praxisausstattung lässt sehr zu wünschen übrig. Die Empfangsdresen sind so hoch, dass man vom Rollstuhl aus nicht das Personal sehen kann.
Ich suchte mir also per Internet eine Facharztpraxis in Kassel aus, da sie in ein neu errichtetes Ärztehaus gezogen waren. Ich ging davon aus, dass der Planer die DIN 18024 und 18025 bei der Zeichnung kennen und anwenden würde, leider weit gefehlt.
Meine Frau fuhr mich also zu dieser Facharztpraxis, wie gesagt der Tresen war so hoch, dass ich niemanden sah. Da ich Laktose Intoleranz habe, kommt es zu plötzlichen Durchfall. So auch dort plötzlich bekam ich grummeln im Bauch und fragte nach einer Behindertentoilette, die eigentlich vorhanden sein muss. Man zeigte auf die Toilettentür, doch leider war diese nur 50cm breit. Es gab also KEINE Vorschriftsmäßige Toilette für mich. Wir eilten runter auf die Straße um dort nach einer öffentlichen Toilette Ausschau zu halten. Leider gab es aber keine, so kam es, wie es kommen musste, der gesamte Darminhalt entleerte sich schlagartig und ich saß wörtlich in der Sch…
Guter Rat war teuer, meine Frau fuhr mit mir im Rollstuhl sitzend 50 Km nach Bad-Wildungen. Der Gestank war unerträglich, ich fuhr nun direkt in unser Badezimmer, wo mich meine liebe Frau auskleiden und von Kopf bis Fuß duschen musste. Sie säuberte den Rollstuhl, damit ich zu Bett fahren konnte. Denn zwischenzeitlich wurde meine Luft durch die Belastung sehr knapp. Für mich war der Tag gelaufen, nur leider für meine Frau nicht. Sie durfte meine Sachen alle reinigen, das Auto auswaschen und den Gestank beseitigen. Und das alles? Nur weil eine Behörde nicht Ihre Pflicht nachgekommen ist und die Barrierefreit geprüft hat. Mein Beschwerdeschreiben bei der Bauaufsicht wurde leider nicht beantwortet. Beamte sind ja leider für Ihr Tun oder Nichtstun nicht verantwortlich.
Interessant ist, wenn die Behinderten die Kaufkraft steigern können, dann, ja dann wird sogar Barrierefrei gebaut. Das beste Beispiel sind Einkaufszentren, die leben Inklusion. Man erkennt es sofort an den in der Nähe des Eingangs angeordneten vorschriftsmäßigen Behindertenparkplätzen. Die Türen öffnen sich von Geisterhand, selbst die Einkaufswagen sind für Rollstühle angepasst. Das Service Personal geht notfalls sogar mit und legt die Waren in den Korb. Natürlich gibt es auch eine vorschriftsmäßige Behindertentoilette nach DIN 18025. Selbst im gesamten Bereich gibt es am Fußboden Blindenleitlinien und Aufmerksamkeitsfelder, man sieht hier haben Fachleute Ihre Hände im Spiel. Warum klappt das in diesem Bereich? Und nicht wenn Menschen noch immer behindert werden. Wann endlich werden Gesetze befolgt, die seit 11 Jahren Gültigkeit haben. Die sogar Bußgelder vorsehen wenn Barrierefreiheit missachtet wird.

Selbst Gaststätten missachten die Gesetze, denn im Gaststättengesetz gibt es einen :
§ 4 Versagungsgründe Gaststättengesetz

2a.
die zum Betrieb des Gewerbes für Gäste bestimmten Räume von behinderten Menschen nicht Barrierefrei genutzt werden können, soweit diese Räume in einem Gebäude liegen, für das nach dem 1. November 2002 eine Baugenehmigung für die erstmalige Errichtung, für einen wesentlichen Umbau oder eine wesentliche Erweiterung erteilt wurde oder das, für den Fall, dass eine Baugenehmigung nicht erforderlich ist, nach dem 1. Mai 2002 fertig gestellt oder wesentlich umgebaut oder erweitert wurde,

Es sollte doch eigentlich möglich sein, auch in der Verwaltung nach Gesetzen zu arbeiten.
Seit 4 Jahren nun gibt es schon die UN-BRK (UN-Behindertenkonvention) die geltendes deutsches Recht ist. Diese 50 Artikel werden bereits von den Gerichten benutzt und zur Rechtsprechung heran gezogen.

Auch der Artikel 3 Absatz 3 des Grundgesetzes schützt uns behinderte Menschen. Dort steht wörtlich:

Grundgesetz

   
Artikel 3
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden. Kürzlich erst vom Verfassungsgericht bestätigt.
Mit freundlichen Grüßen
Klaus-Dieter Dingel

Bürgerreporter:in:

Klaus-Dieter Dingel aus Bad Wildungen

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