768. Newsletter Südharzstrecke - Der „Deutschland-Takt“ macht den Harz dauerhaft zur Fernverkehrswüste - Das 5-Euro-Ticket soll kommen - Gültigkeit im Bus UND auch im Zug

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Hallo liebe Eisenbahn-, ÖPNV- und SPNV-Interessierte!

1. Deutschland-Takt: Der „Deutschland-Takt“ macht den Harz dauerhaft zur Fernverkehrswüste

(Stand: 26.07.2020)
Die Deutsche Bahn feiert sich und lässt sich von der niedersächsischen Politik feiern, weil sie einen Fernzug von Bayern an die Nordseeküste durchfahren lässt. Weitere Züge dieser Art sollen kommen bzw. wurden kürzlich zu anderen Zielen eingerichtet.

Jede gestrichelte Linie bedeutet: Hier wird keineswegs im Stundentakt gefahren. In Göttingen fahren die FV.11, FV.32 und FV.91 nur zweistündlich, die FV.6 brettert alle zwei Stunden ohne Halt durch

Aus der niedersächsischen Landespolitik, aber auch von den MdBs ist allerdings niemand auf den Gedanken gekommen, solche Fernverkehrsverbindungen auch für die nach der Küste zweitgrößte Tourismusregion hierzulande, den Harz, zu fordern oder wenigstens die Einrichtung solcher Verbindungen zum Beispiel aus dem Ruhrgebiet, aus Hamburg oder Bremen anzuregen. Eine Region mit mehr als 10 Millionen jährlichen Übernachtungen und, nicht ganz zu vergessen, einer halben Million Bewohnern bleibt somit – und ganz offenbar mit dem Segen der Politik – vom Fernverkehr auf der Schiene ausgeklammert. Ein Skandal.

Und einer, der in den Entwürfen des „Deutschland-Takts“ des Bundesverkehrsministeriums seine Fortsetzung findet. Das seit Jahrzehnten von Bayern geführte Haus lässt natürlich jede Menge Destinationen im Freistaat vom Fernverkehr versorgen. Auch andere Lobbyisten waren rege tätig. Die Nord- und Ostseeküste werden ebenfalls bedacht, auch der Schwarzwald. Der Harz hingegen geht leer aus, und das vermutlich dauerhaft, weil mit dem „Deutschland-Takt“ ja der Fahrplan über Jahrzehnte hinweg definiert und Investitionen nur dort vorgenommen werden sollen, wo der Takt dies erfordert. Und wo kein Fernverkehr rollt, wird folglich auch nichts investiert.

Da ein Bild mehr als 1000 Worte sagt, haben wir den entsprechenden Ausschnitt des 3. Entwurfs für den Fernverkehr des „Deutschland-Takts“ per Screenshot herauskopiert. Wie Sie sehen, sehen Sie nichts – im Siebeneck Kassel – Göttingen – Hannover – Braunschweig – Magdeburg – Halle – Erfurt verbleibt eine riesengroße weiße Fläche, die nicht von ungefähr an eine Wüste erinnert. Eine Fernverkehrswüste eben. Wer in den Harz oder aus ihm heraus will, hat auch künftig an einem dieser sieben Knoten, eventuell noch in Hildesheim, umzusteigen. Die dabei vorgesehenen Anschlüsse sind im „Deutschland-Takt“ überwiegend deutlich schlechter als heute konzipiert: Übergangszeiten von 3 Minuten selbst an großen Bahnhöfen, die Anschlüsse völlig illusorisch machen, oder gar keine Anschlüsse, weil der viel gepriesene Halbstundentakt allenfalls für Hannover oder Erfurt zutrifft und für andere große Stationen wie Göttingen nur schlecht merkbare „Hinketakte“ vorgesehen sind.

Haarsträubende handwerkliche Fehler runden das schlechte Bild ab. Da sind, um nur zwei Beispiele zu nennen, einmal die Anschlüsse aus dem Süd- und Westharz über Braunschweig nach Berlin und zurück schlicht abgeschafft worden – man soll dort eine geschlagene Stunde warten. Grund: Der Regionalverband Braunschweig wünscht einen Halt in Leiferde – und der lässt ohnedies viel zu knappen Anschlüsse endgültig platzen. Und man lässt die Regionalbahnen von Göttingen nach Nordhausen bis und ab Northeim genauso schnell fahren wie die Regionalbahnen von Göttingen nach Bad Harzburg – was schlicht unmöglich ist, da diese Züge glatt ein- und ausfahren können, während die Nordhäuser sich bekanntlich in den Bahnhof Northeim hinein- oder aus ihm wieder herausschlängeln müssen und hierfür 2-3 Minuten Zuschlag brauchen. Baut man diesen Zuschlag nachträglich ein, haben die Südharzer Züge in Göttingen keinen einzigen sinnvollen Fernanschluss mehr. Solcherart ist die hohe Kunst der Deutschlandtakt-Macher, dass am Ende alle aufwachen und massive Fahrplanverschlechterungen beklagen werden. Dann aber ist es zu spät: Man muss jetzt aktiv werden, um den gröbsten Unsinn noch abstellen zu können.

Der Harz hat immer „seinen“ Fernverkehr gehabt, bis die Deutsche Bahn sich – ohne dass sich nennenswert Protest geregt hätte – Schritt für Schritt zurückzog, um das Feld den Bundesländern zu überlassen, deren Gedankengänge im Regelfall an den jeweiligen Landesgrenzen enden, was über das Ende des Fernverkehrs hinaus zu einer noch weiteren Zerlegung des Angebots geführt hat. Die viel gescholtene „Beamtenbahn“ DB bot, um nur ein gar nicht einmal spektakuläres Jahr herauszugreifen, im Sommer 1977 folgende durchgehende Züge bzw. Kurswagen an:

• Oberhausen – Essen – Soest – Paderborn – Northeim – Walkenried
• Bielefeld – Herford – Detmold - Northeim – Odertal
• Kassel – Göttingen – Kreiensen – Seesen – Goslar – Braunschweig – Uelzen – Kiel – Flensburg
• Kassel – Göttingen – Kreiensen – Goslar – Braunschweig – Berlin Stadtbahn
• Aachen – Düsseldorf – Wuppertal – Hagen – Kreiensen – Seesen - Goslar – Braunschweig
• Kreiensen – Seesen – Goslar – Bad Harzburg – Braunschweig – Uelzen – Lüneburg – Hamburg
• Aachen – Düsseldorf – Wuppertal – Soest – Paderborn – Kreiensen – Seesen – Braunschweig
• Bremen – Hannover – Hildesheim – Goslar – Bad Harzburg
• Kiel – Hamburg – Lüneburg – Lehrte – Hildesheim – Goslar – Bad Harzburg
• Bremerhaven – Bremen – Hannover – Hildesheim – Goslar – Bad Harzburg
• Hoek van Holland – Bad Bentheim – Osnabrück – Hannover – Hildesheim – Goslar – Bad Harzburg
• Wilhelmshaven – Oldenburg – Bremen – Hannover – Hildesheim – Goslar – Bad Harzburg
• Amsterdam – Bad Bentheim – Osnabrück – Hannover – Hildesheim – Goslar – Bad Harzburg
• Bremerhaven – Bremen – Hannover – Hildesheim – Goslar

Hinzu kamen, wie heute auch, durchgehende Züge von Göttingen nach Walkenried (2), von Göttingen nach Braunschweig (2) oder passgenaue und nicht hingeschusterte Anschlüsse wie der vom Eilzug Duisburg – Essen – Soest – Göttingen in Bodenfelde nach Northeim – Walkenried. Mehr Durchläufer von Göttingen brauchte es nicht, weil damals noch jede Menge Fernzüge in Northeim und vor allem in Kreiensen hielten.

In der DDR gab es zu dieser Zeit immer einige Züge in den Relationen
• Berlin – Halle – Nordhausen,
• Dresden – Halle – Halberstadt – Wernigerode,
• Berlin – Magdeburg – Halberstadt – Wernigerode oder
• Berlin – Dessau – Aschersleben.

Es gab keine Taktfahrpläne, deren Vorzüge ja unbestritten sind, aber dafür zahlreiche gut aufeinander abgestimmte Anschlüsse in den Knoten Göttingen, Northeim und Kreiensen. Was nützt der schönste Taktfahrplan, wenn die Anschlüsse in den Knotenbahnhöfen, so ganz anders als in den schönen Begleitworten zum Deutschlandtakt angekündigt, fehlen oder so zusammengeschustert sind, dass man auf den ersten Blick erkennt, dass sie zum Scheitern verurteilt sind?

Der Harz braucht Fernverkehr

Den Harz von jeglichem Fernverkehr zu entblößen, ist ein Unding. Im Süden des Gebirges verläuft eine zweigleisige, elektrifizierte Hauptstrecke von Kassel über Nordhausen nach Halle. Für sie ist kein einziger Fernzug vorgesehen. Lediglich sehr gemächlich fahrende und oft haltende stündliche „Eilzüge“, um bei der uralten Nomenklatur zu bleiben, sollen hier rollen. Sie enden in Kassel und in Halle, obschon sie – unter Fahrdraht – natürlich in Richtung Ruhr, in Richtung Frankfurt, in Richtung Leipzig weiterfahren könnten. Auf diese Strecke gehört eindeutig echter Fernverkehr oder aber über die Knoten Kassel und Halle hinaus verlängerter Regionalverkehr!

Im Nordharz ist das Potenzial für den Tourismus größer, aber hier hängt nirgendwo ein Fahrdraht, so dass die Planer sich mit dem windigen Argument des „Lokwechsels“ oder der Unmöglichkeit, ICE ohne Strom verkehren lassen zu können, herausreden können. Das aber lässt sich ändern: Die Strecken Hildesheim – Goslar – Bad Harzburg/Vienenburg – Halberstadt – Halle, Halberstadt – Magdeburg und Kreiensen – Seesen – Goslar gehören elektrifiziert. Dann ist hier Fernverkehr möglich oder man kann Regionalzüge wie die von Norddeich nach Hannover oder Bremerhaven nach Hannover bis Goslar oder Bad Harzburg durchziehen, was im Übrigen auch dem völlig überlasteten Bahnhof Hannover zugutekäme.

Mittels „Durchbindungen“ lässt sich auch der Regionalverkehr verbessern

Wo der Fahrdraht fehlt und sich wohl auch dauerhaft nicht lohnt, kann man gleichwohl durch die Zusammenlegung von Regionalzügen Verbesserungen erwirken. Einige Beispiele:

• Paderborn – Holzminden – Kreiensen / Kreiensen – Seesen – Goslar – Bad Harzburg
• Uelzen – Gifhorn – Braunschweig / Braunschweig – Seesen – Herzberg am Harz
• Paderborn – Ottbergen – Bodenfelde / Bodenfelde – Northeim – Herzberg am Harz – Nordhausen
• Göttingen – Northeim – Herzberg am Harz – Nordhausen / Nordhausen – Erfurt

In allen genannten Fällen ließe sich, wenn man es denn nur wollte und beim Denken endlich die Ländergrenzen überspringen würde, durch technisch problemlos mögliche Zusammenlegung der bisher „zerhackten“ Zugleistungen je ein überflüssiger Umsteigevorgang einsparen.

Fazit: Es ist, wie der Planungstart für die neue Schnellfahrstrecke Bielefeld – Hannover zeigt, zwar schon fast zu spät. Aber noch nicht ganz. Noch lässt sich das Schlimmste für den Harz verhindern (Stichwort: völlig vermurkste Anschlüsse), noch lassen sich Fernzüge mindestens punktuell über den Harzrand ziehen, noch kann man auf die Linienführung von Regionalzügen Einfluss nehmen.

Nur: Man muss es tun. In diesem Staat ist es leider so: Wer laut schreit, der bekommt auch. Wer seine Lobbyisten oft genug in den Bundestag schickt, der wird bedacht. Stillhalten und auf höhere Einsicht hoffen hat noch nie geholfen.

Michael Reinboth

2. VSN-Tarif: Das 5-Euro-Ticket soll kommen - Gültigkeit im Bus UND auch im Zug

(Stand: 26.07.2020)
Bei der Berichterstattung in der örtlichen Presse wurde über 5-Euro-Ticket immer nur vom BUS gesprochen, bei dem das Reisen billiger wird. Dann werden Relationen genannt, die man mit dem BUS gar nicht oder nur mit stundenlanger Fahrzeit zurücklegen kann, wie Osterode - Göttingen oder Osterode - HannMünden. Unsere Initiative wurde angesprochen, was der Murks denn soll, für Walkenried oder Sachsa brächte das Ticket doch gar nichts, weil man von hier mit dem Bus weder nach Göttingen noch nach Osterode käme. Und nach Braunlage kostet es ohnehin nur 3,50€...

Zum Schluss waren wir selber unsicher... Aber wir haben einen Verkehrsverbund für BUS und BAHN, und das 5-Euro-Ticket gilt, wie alle anderen angesprochenen Vergünstigungen, auch im ZUG. Sonst brächte es ja fast gar nichts! Gerade die weiten Entfernungen sind die, welche man mit dem Zug ziemlich schnell zurücklegt und die dann auch nur noch 5 Euro kosten. Im Nahbereich, wo vorwiegend der Bus genutzt wird, bringt das Ticket nur bedingt etwas, weil die unteren Tarifstufen ja so bleiben wir vorher.

Mag sein, dass da schon die entsprechende PM lückenhaft war. Im Interesse des guten Rufs des ÖPNV wäre uns daran gelegen, dass der Bericht dahingehend ergänzt wird, dass die neuen Tarife samt und sonders auch in den Zügen in Südniedersachsen gelten werden. Wenn denn der Göttinger Rat zustimmt, sonst wird das alles gar nichts.

Michael Reinboth
Viele Grüße

Burkhard Breme
Initiative "Höchste Eisenbahn für den Südharz"
37431 Bad Lauterberg

E-Mail: burkhard.breme@suedharzstrecke.de
Internet: http://www.suedharzstrecke.de

Bürgerreporter:in:

Bernd Jackisch aus Bad Lauterberg im Harz

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