Berliner Demonstration gegen die Änderung des Infektionsschutzgesetzes am 18.11.20: Augenzeugenbericht

Ich bin immer wieder schockiert darüber, wie respektlos die Leitmedien über die Menschen schreiben, die die Corona-Politik der Regierung kritisieren. Darum habe ich diesen Augenzeugenbericht geschrieben. Ich verlange nicht, dass Sie mir glauben. Seien Sie ruhig kritisch mir gegenüber, seien sie es aber bitte auch den Leitmedien gegenüber. Vergleichen Sie meinen Bericht einmal mit dem Artikel "Wasser marsch" von Christian Bangel auf Zeit online, der es fertig bringt, eine weitgehend friedliche Demonstration mit dem Kapp-Putsch und den Morden des NSU in Zusammenhang zu bringen (https://www.zeit.de/politik/deutschland/2020-11/co...). Vielleicht verstehen Sie dann meine Fassungslosigkeit.

Obwohl wir gehört hatten, die Demonstration sei verboten worden, sind drei Freundinnen und ich am 18.11.20 mit dem Zug nach Berlin gefahren.
Gegen 11:30 kamen wir am Berliner Hauptbahnhof an. Beim Aussteigen aus dem Zug sind uns einige Leute mit Rucksack aufgefallen. Wir hielten sie für Demonstranten und so war es auch. Über den Washingtonplatz gingen wir zur Spree. Die Brücke hinüber zum Spreebogenpark war erwartungsgemäß gesperrt. Die anderen Teilnehmer gingen am Spreeufer entlang Richtung Osten. Wir schlossen uns ihnen an. Auf die erste große Menschenansammlung stießen wir von der Luisenstraße kommend auf der Marshallbrücke. Wir wollten weiter zum Brandenburger Tor. Hier war aber kein Durchkommen. Über den Bahnhof Friedrichstraße gelangten wir ans gegenüberliegende Spreeufer. Auf unserem Weg zum Brandenburger Tor gingen viele Menschen in unsere Richtung, viele kamen uns entgegen. Überall waren Menschen zu sehen mit selbstgebastelten Transparenten. Das häufigste „Transparent“ war einfach nur ein Herz, an der Spitze einer Stange befestigt. Wo wir auch hinkamen, war die Stimmung fröhlich und die Menschen waren friedlich. Da der Pariser Platz gesperrt war, gingen wir um das Brandenburger Tor herum auf die andere Seite.
Wir befanden uns an der Ecke Ebertstraße/ Straße des 17. Juni als plötzlich ein gellendes Pfeifkonzert losging. Als Ursache erkannten wir einen Wasserwerfer in der Ebertstraße zwischen Bundestag und Brandenburger Tor, der Demonstranten nass spritzte. Wir waren zu weit entfernt und es waren zu viele Menschen vor uns, sodass wir nicht erkennen konnten, was genau dort vor sich ging. Nach einem kurzen Augenblick war dieser Zwischenfall auch schon wieder vorbei.
Wir gingen weiter in Richtung Siegessäule. Ein Stück hinter dem So-wjetischen Ehrenmal endete das weitläufige Demonstrationsgebiet. Aus Richtung Siegessäule bewegten sich weitere Menschen auf uns zu. Wir suchten uns eine Bank im Tiergarten, um Pause zu machen. Als wir dort saßen, erreichte uns auf dem Handy die Eilmeldung, die Demo sei von der Polizei aufgelöst worden. Wir gingen zurück zur Straße des 17. Juni: Von Auflösung keine Spur. Alles war weiterhin friedlich und ruhig. Kein Tumult und kein Pfeiffkonzert.
Wir hatten genug gesehen und wollten am Abend wieder zuhause sein. Also kehrten wir um. Wir gingen durch den Tiergarten zurück. Den Platz vor dem Brandenburger Tor sahen wir nicht mehr. Da wir aber keinen Lärm hörten, nahmen wir an, dass es keine weiteren Zwischenfälle gegeben hat. Überall waren noch immer viele Menschen unterwegs. Die Menschentraube auf der Marshallbrücke war ebenfalls noch da. Gegen 14:30 waren wir wieder am Hauptbahnhof. Auf dem Weg dorthin kamen uns immer noch Menschen entgegen, die schein-bar noch zur Demo wollten.
Die Zahl der Teilnehmer und Teilnehmerinnen kann ich nur grob schätzen. Weniger als dreißigtausend waren es ziemlich sicher nicht. Vielleicht waren es fünfzigtausend, vielleicht auch mehr. Auffällig war lediglich: Es waren kaum junge Menschen dabei, kaum einer schien unter dreißig zu sein. Wir haben nicht gezielt nach rechtsradikal aussehenden Personen Ausschau gehalten. Zweimal haben wir eine Gruppe von jeweils fünf, sechs glatzköpfigen Männern gesehen, ein einziges Mal sahen wir von weitem eine Reichsflagge. Auf keinem der selbstgebastelten Transparente haben wir rechte oder hasserfüllte Botschaften gesehen.
Wir behaupten nicht, es habe keine Gewalt auf der Demo gegeben. Wir wissen nicht, wann die Demo begann, wir wissen nicht, wann sie endete. In den knapp drei Stunden, in denen wir da waren, war die Demo vollkommen friedlich, abgesehen von dem kurzen Vorfall mit dem Wasserwerfer.

Bürgerreporter:in:

Matthias Nickel aus Bad Lauterberg im Harz

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