SPD Helsen auf der Spur Helser Zwangssterilisierten und „Euthanasie“-Geschädigten

Die SPD Helsen hat sich, bei einem Besuch der Korbacher Ausstellung „Ihr Tod reisst nicht die geringste Lücke…“, die Wirkung der Nazi-Diktatur in der direkten Nachbarschaft angesehen.

In Folge des vom Adolf Hitler deklarierten Euthanasie-Erlasses wurden zwischen 200.000 bis 300.000 psychisch kranke und geistig behinderte Menschen ermordet. Darüber hinaus würden etwa 400.000 Menschen zwangssterilisiert.
Ziel der Nationalsozialisten war der „reinrassisch arische, starke und gesunde Mensch“. Wie in vielen Regionen erlebten rassenhygienische Vortragsabende auch in Waldeck-Frankenberg reges Interesse.

Sie SPD Helsen fühlt sich stark verbunden mit den Bewohnern des Bad Arolser Bathildisheims und hat sich auch vor diesem Hintergrund verstärkt mit dem Thema befasst. Das Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses vom 14. Juli 1933 war das erste NS-Rassengesetz. Es bestimmte, wer nach welchen Kriterien zwangssterilisiert werden sollte. Die ersten Opfer der Zwangssterilisation waren behinderte Menschen. Bald wurden auch sozial schwachen Menschen und dem Staat Unbeliebsame von der Fortpflanzung ausgeschlossen. Denn im Denken der Nationalsozialisten waren die äusseren Feinde die „Fremdrassigen“ (Zigeuner, Juden, Slawen) und die inneren Feinde Kranke, Behinderte und sogenannte „Gemeinschaftsunfähige“.

Die meisten Opfer aus unserer Region starben in Hadamar bei Limburg. Die Patienten, die in Bussen in einer Garage im Hinterhof der Anstalt ankamen, wurden zumeist noch am Tag der Ankunft getötet.

Die Ermordung kranker und behinderter Menschen begann Anfang 1940 und währte bis nach Kriegsende. In dieser Zeit wurde der Krieg gegen das „lebensunwerte“ Leben in der Öffentlichkeit weitgehend passiv hingenommen, obwohl die grauen Busse, die rauchenden Schlote der Krematorien und das Verschwinden und Sterben von Anstaltspatienten nicht unbemerkt blieben. Mancher Zeitgenosse wird damals stillschweigend zugestimmt haben, andere mögen Angst gehabt haben, Ablehnung zu äussern. Zu einer aktiven Opposition, die dem Morden Einhalt gebot, kam es nicht.

„Aber, wie wir sehen konnten, gab es auch mutige Menschen in unserem Ort“, berichtet Denis Delaruelle nach der Besichtigung. „Man kann durchaus das Wort Helden verwenden“.

Zu den Menschen, die sich der Bürokratie und Maschinerie der NS-„Euthanasie“ entgegen stellten, gehört der Helser Pfarrer und Leiter des Bathildisheims Karl Preising. Als das Bathildisheim 1942 als Lazarett beschlagnahmt wurde, gelang es Karl Preising, die Bewohner und sogar die Werkstätten in Helser Familien unterzubringen und die Pfleglinge vor dem Tod zu bewahren.

Auch die Diakonisse des Waldeckischen Diakonissenhauses in Arolsen, Schwester Emilie Engelmann pflegte weiterhin mit Hingabe kranke und behinderte Patienten. 1931 hatte sie die Leitung des neu eröffneten Hauses Waldfrieden in Neu-Berich übernommen. Zeitzeugen berichten, dass Schwester Engelmann in der Kriegszeit wiederholt schwer behinderte Patienten mit dem Handwagen in dem Wald fahren liess, um sie dort zu verstecken.

Ein Thema, dass sich der SPD Ortsverein, nach den Erfahrungen in der Ausstellung, widmen will, ist die Vergangenheitsbewältigung. Die Zwangssterilisierten und „Euthanasie“-Geschädigten in der NS-Zeit waren äusserst schweren psychischen und physischen Belastungen ausgesetzt. Schon bald nach der Gründung der Bundesrepublik fanden sich in den 1950er Jahren Überlebende zusammen, um Forderungen nach Entschädigung durchzusetzen. Der Umgang von staatlicher Seite mit den Opfern war (und ist) entwürdigend und ausgrenzend. Verwerflich ist, das der Ausschuss für Wiedergutmachung besetzt war mit Personen, die bereits unter der NSDAP Gutachten erstellten, die zur Begründung der Zwangssterilisation dienten oder an Menschenversuchen mit epileptischen Kindern beteiligt waren!

Im Mai 2007 konnte der Bund der „Euthanasie“-Geschädigten und Zwangssterilisierten (BEZ) erreichen, die Opfer von dem Stigma zu befreien, in der NS-Zeit als „lebensunwert“ gegolten zu haben und durch das rassistische Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses verfolgt worden zu sein. Doch zu einer Aufhebung dieses Rassengesetztes hat sich der Bundestag auch 2007 nicht durchringen können.

Die Opfer sind zwar rehabilitiert, aber immer noch nicht als Verfolgte anerkannt. Laut Denis Delaruelle ist das „ein unzumutbare Situation, womit sich Politiker dringendst beschäftigen sollten“.

Bürgerreporter:in:

Denis Delaruelle aus Bad Arolsen

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