2. historischer Marsch nach Landau

Waldeck Karte aus dem 17. Jahrhundert mit einigen Schaubildern... "Der Tod kriegt sie alle" - "der luthersche Dudelsack" (Satire) und brennende Städte und Häuser
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  • Waldeck Karte aus dem 17. Jahrhundert mit einigen Schaubildern... "Der Tod kriegt sie alle" - "der luthersche Dudelsack" (Satire) und brennende Städte und Häuser
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Der Landauer Verein "Bellicum Montanum 1630 e.V." veranstaltet am 8.April den zweiten Marsch in Gewandung und voller Ausrüstung. Dieses Mal findet er im direkten Vorfeld der 500-Jahrfeier der "Schützengilde 1517 Landau" statt.

Eine Fallbeschreibung in Kurzform:

"Dieser Luther – viel kann man ihm nachsagen… Die Reformation des Glaubens, den Beginn vielen Unheils, das Wort Gottes in deutscher Sprache… Vielleicht hätte er gut daran getan, zuerst die Unwissenden zu bilden, statt ihnen das Buch der Bücher als ein blankes Schwert über dem Kopfe auszubreiten.
Als das Unwetter in Böhmen losbrach und begann, über das Land zu rasen, hatte hier niemand damit gerechnet, das es ihn selbst einmal treffen könnte. Hier war man seit je her katholisch… Gottesfürchtig und Strebsam… nun dies."

Was geschah...

Am 6. Januar 1632 nahm der hessische Befehlshaber Jacob Mercier Warburg - nur wenige Kilometer nördlich - im Sturm und säuberte die Gegend von Breuna und der Malsburg von den katholischen Feinden.
Er legte eine Besatzung nach Volckmerichhausen (Volkmarsen) und Zierenberg. Als er sich danach aber mit seiner Hauptmacht wieder gen Süden wandte, wagte Pappenheim erneut Einfälle in dieses Tal. Ende Mai näherte sich Gottfried Heinrich Graf zu Pappenheim von der Weser her und die Stadt wurde still und heimlich von den protestantischen Besetzern wieder geräumt. Pappenheim wurde dann zwar bei Kassel geschlagen, konnte aber Volkmarsen erneut mit 4 Kompanien Reitern und 200 Musketieren besetzen.
Volkmarsen wurde ein Ort der Anwerbung und Truppensammelstelle. Hier in der Gegend an den Falschen zu geraten, war die Garantie für Knechtschaft, Krieg und Tod.

An der Werra errangen die Hessen im Verlauf dieses Frühjahres größere Erfolge. Nachdem Landgraf Wilhelm V von Hessen zu Kanzler Oxenstierna nach Mainz gerufen wurde, trat in Kassel ein Kriegsrat unter Generalmajor Thilo von Uslar zusammen, der unter anderem auch Volkmarsen wieder entsetzen sollte. Uslars Truppen fehlte es aber an allem, es mangelte an Kraut und Lot und die Moral der Truppen sank in dem Maße, wie die Regentropfen sich wie ein prasselnder, dichter Vorhang über das Land ergossen. Zudem glaubte man sich sicher, da auch der geringe Widerstand aus der Stadt darauf schließen ließ, das die Besatzer einen Mangel an Munition hatten. Die Belagerer dachten an einen schnellen Erfolg, so stellten sie trotz des strömenden Regens keine Hütten oder Zelte auf und standen dauerhaft in der Schlachtaufstellung….

Nach vielen zermürbenden Tagen kam dann die versprochene Artillerie. Aber sie bestand nur aus einem einzigen Stück - einem Mörser. Sogleich wurden zwei Schuß abgegeben und man sah, wie Feuer in der Stadt ausbrach. Angriffe mit Musketieren an der Mühle und den Toren sowie einzelne Versuche, über die Mauern in die Stadt einzudringen, schlugen im Folgenden fehl. Tagelang hielt der Regen an und die Soldaten fanden auf dem schlammigen, völlig aufgeweichten Untergrund und gänzlich ohne Schutz, keine Erholung.

Nach vielen weiteren Tagen und dem Beschuß durch die, viel zu spät eingetroffenen 6 leichten Geschütze, kapitulierte Oberstleutnant Oeynhausen der Stadtkommandant, und bat um Akkord. Uslar selbst rückte mit mehreren Kompanien in die Stadt ein und gewährte den Besetzern freien Abzug. Die Schlachtordnung seiner Truppen löste sich derweil immer mehr auf. Getrieben von Hunger und dem Verlangen nach einem trockenen Quartier, aber auch beutegierig, drangen am Ende des Tages ganze Regimenter in die Stadt ein und plünderten was zu plündern war. Zudem war man erbittert über die frühere feindselige Haltung der katholischen Einwohner Volkmarsens. Auch die umliegenden Ortschaften blieben nicht verschont....
Von Uslar und Mercier, der bei den Soldaten gefürchtet war, versuchten vergeblich die entstandene Unordnung zu steuern. Es gab keinen Gehorsam mehr, keine Wachen, die Truppen wurden gänzlich in der Stadt zerstreut. Die Soldateska wütete …. Die Bevölkerung erlitt unsägliches Leid.
Auch der geplante Auszug der Kaiserlichen verzögerte sich … Als die Eroberer um 9:00 Uhr morgens den Befehl zum Abmarsch gaben, brach der Feind unter dem bayrischen Grafen Jost Maximilian von Bronckhorst-Gronsfeld und Oberst Lothar von Bönninghausen mit 47 Fähnlein wie der Blitz von außen her über die sorglosen Hessen herein. In Eilmärschen waren sie von Hameln aufgebrochen, Tag und Nacht in Bewegung, sieben Stunden in einem Futter. Bei Warburg stieß ein hessischer Reiter als Führer zu den Truppen. 200 Thaler bekam der Verräter für seinen Dienst….

Von Uslar war vollkommen ahnungslos, es gab nur ein kurzes Gefecht, dann Flucht und Zerstreuung, die Geschütze und der Mörser gingen verloren, die Flüchtenden wurden weit versprengt… unter ihnen Uslar, Mercier und Dalwigk. Ein Verräter aus den eigenen Reihen, eine Schmach….

Volkmarsen, oder das was von der Stadt noch übrig war, fiel wieder in die Hand der Kaiserlichen….
…bis im August der General in schwedischen Diensten, Wolf Heinrich von Baudissin anrückte, die Stadttore niederbrannte und diesmal schwedische Truppen plündernd und mordend in die Stadt eindrangen. Die einst so blühende Landstadt Volkmarsen wurde vollkommen zerstört und von hessischen Bauern in Brand gesteckt. 185 Häuser wurden, auch aufgrund von Wassermangel eingeäschert. Die Bürger, die der mordenden und raubenden Furie entkamen, flohen in die umliegenden Wälder, alle Tore standen offen. Volkmarsen wurde dem Erdboden gleich gemacht.

- - - „Exusta civitas ab Hassiae rusticis „ - - -
(wörtliche Übersetzung: verbrannt Stadt von Hessen Land)
Quelle: Chronik der Stadt Volkmarsen

Augenzeugenbericht eines Soldaten

Es war kühl an diesem Morgen…. Wir haben im Schutze der Dunkelheit unser Lager aufgeschlagen. Nebel begleitet uns seit Tagen… oder ist es der Qualm der Kanonen und Musketen, der das ganze Land wie ein Leichentuch überdeckt? Nur Gott weiß, wo genau wir uns befinden. Seit Tagen sind wir unterwegs, ein bunt gewürfelter Haufen. Verschiedene Sprachen… Verschiedene Glaubensrichtungen…. Doch ein Ziel: dem Tod noch einige Zeit fern zu bleiben.

Ich habe die letzte Wache, gleich geht die Sonne auf und wir können uns einen Überblick verschaffen.
Da, endlich… das rot-gülden schimmernde Licht der aufgehenden Sonne im aufsteigenden Dunst des Nebels und an den vorüber ziehenden Wolken verschafft uns die Aussicht auf Hoffnung.

Wahrhaftig… des Nachts nur schemenhaft zu ahnen, ein Turm, massiv aus Stein, trutzig, aber verfallen, ragt vor uns auf. Die ehemals wehrhaften Mauern, die ihn einst umrahmten, geschliffen - und doch genügend Schutz gebend für unsereins. Die verfallene Burganlage hat uns scheinbar eine sichere und ruhige Nacht verschafft.

Ich strecke meine müden, eingeschlafenen Knochen und erhebe mich bedächtig. Dort unten ist eine Stadt… wo befinden wir uns genau? Von Hannoversch Münden her, waren wir gekommen. Dort oben an der Weser lag ein großes Heer unter Feldmarschall Pappenheim. Sie kamen von Breitenfeld her, nachdem sie mit Tillys Truppen im vergangenen September in der Schlacht eine vernichtende Niederlage gegen Gustav Adolf hinnehmen mußten. Aber man sprach nicht mehr von Breitenfeld…. Abscheuliche Gräueltaten, ein nie dagewesenes Massaker – die „Magdeburger Hochzeit“ genannt, das war es - die völlige Zerstörung der einst reichen Stadt Magdeburg – davon ging die Kunde.

„Dann ist das Pappenheimische Volk
wie auch die Wallonen
so am aller Unchristlichen ärger als Türcken gewütet
keinem leichtlich Quartier gegeben
sondern haben mit nieder gehawen
beydes der Weiber und kleinen Kinder
auch schwanger Weyber in Häusern und Kirchen
ingleichen an geistlichen Personen also tyrannisiert und gewütet
daz auch viel von dem Tilly´schen Volck selber ein Abschew darvor gehabt!“
aus dem Theatrum Europaeum, Bd.2, Tafel 1631, seite 368

Pappenheim war jetzt mit seinen Truppen auf dem Weg Richtung Warburg, um durch das Lippische Land gen Dortmund zu ziehen. Tilly hatte derweil in Bamberg Gustav Horn besiegt und zog weiter Richtung Süden.

Dies mußte Volkmarsen sein, ich hörte davon vor einigen Wochen im Feldlager. Hier, in diesem Nest wechselten so häufig die Besatzer und deren Konfessionen, wie ich im vergangenen Jahr meine verschlissene Unterwäsche nicht habe wechseln können. Volkmarsen…. Hier sind auch Anwerber unterwegs…. Es ist eine Sammelstelle für Soldaten und Truppen…. Bloß das nicht.

Die Sonne steigt allmählich über den Horizont und langsam kommt auch Leben in die anderen. Wer sie sind? Ich vermag es nicht zu deuten. Es sind wohl welche aus Böhmen… und Niederländer, ein Engländer. Die meisten doch sind, wie ich – deutsch. Hauptsache kein Pappenheimer….

Langsam sammelt sich der Trupp, der unterschiedlicher nicht hätte sein können, auf dem alten Burghof. Es gibt zu trinken, die Vorräte waren knapp und das Essen? Ja, das Essen war beinahe ausgegangen. Ein verlassener Hof, gestern am Weg in der Abenddämmerung, Abseits der üblichen Handelswege, bot uns ein wenig karges Brot und einige vergessene Würste aus seinem Keller. Doch wie soll man 60 Bäuche satt bekommen, in diesen Zeiten und dieser armseligen Gegend?
Es wird Zeit. Noch einige Stunden Marsch stehen uns bevor. Südwärts, dort liegt ein Platz, an dem wir die müden Knochen vielleicht noch einmal ein paar Stunden ausruhen können. Und es soll dort Essen geben. Auf Wunsch…. Als ich die Geschichte vor ein paar Tagen zum ersten Mal hörte, tat ich sie als Spuk ab. Ein stattlicher Kerl aus unserer Gruppe erzählte es am Feuer. Nun, inzwischen vermag ich in dem Spuk ein Fünkchen Hoffnung zu erkennen und will mich gern diesem Funken zuneigen, ein Feuer aus ihm zu machen.

Aufbruch. Ein Schleichpfad, geführt von einem Ortskundigen, der nicht mehr weiß, wann es ihn aus seiner Heimat in den Krieg gezogen hat. Wir müssen ihm Vertrauen. Doch Geld ist ein starker Willensgeber und Hunger ein großer Antrieb…. Misstrauen und Vorsicht sind gute Ratgeber in diesen Zeiten.
Das Dickicht nimmt uns auf. Der einzelne Reiter, ein stiller Kerl, führt sein schwarzes Ross durch das Gehölz, das uns wie ein schmaler Tunnel, den Blicken Neugieriger Anwerber entzieht. Ich habe noch nie ein Pferd gegessen…. Gedanken…

Alsbald betreten wir, eine Stunde entfernt vom langen Arm des Krieges eine Anhöhe. Dort steht eine einsame Warte, niemand ist zu sehen. Wir schicken einen Mutigen aus, die Stelle zu erkunden. Nichts – hier war niemand. Sogar der Nebel war verschwunden. Die Sonne leuchtete uns den Weg, friedlicher… heller… weiter. Noch eine Stunde… der weitere Weg schlängelt sich entlang eines Baches, hier scheint die Welt in Ordnung. Hier fließt klares Quellwasser…

Wir kommen an eine Baumbestandene, lichtgeschützte Schlucht, ein Einschnitt im Berg, so scheint es. Links eine seltsam anmutende Steinformation, rechts ein Steilhang weit hinauf ins Ungewisse. Hier mußte es sein.
Die Legende sagt, das hier einmal kleine Menschen gehaust haben, in den steinernen Höhlen. Oft waren sie freundlich und sie haben viel gebacken. Man konnte einen Wunsch nach Kuchen oder Brot hinausrufen und bekam im Handumdrehen das Gewünschte vorgesetzt. Wehe dem aber, der jetzt verzagte und abließ von der Gabe. Ihm sollte schreckliches widerfahren. Wir waren ausgehungert… und wirklich, ich traute meinen Augen kaum! Dort stehen Tische mit reichlich Nahrhaftem, und Bier! Das letzte Bier an das ich mich erinnern konnte, trank ich im Beisein eines Freundes in einer Gegend, die man Harzberge nannte. Hier mußte das Paradies nicht weit sein… Sogar der stille Reiter rieb sich verwundert die Augen. Gab es Gott wirklich? Auf wessen Seite stand er wohl… ich vermochte den Gedanken nicht zu Ende zu führen.

Nach einer Stunde waren die Tische leer, das Bier ausgegangen, aber die Bäuche gefüllt. Weiter mußte es gehen, wir waren noch nicht am Ziel. Den Steilhang hinauf, dort wo in dunklen Zeiten des Mittelalters eine Feste gestanden haben soll. Unser einheimischer Führer erzählte davon. Und anschließend durch eine kleine Siedlung, den Namen hatte er uns verschwiegen. Aus Angst… Doch jetzt sprudelte es aus ihm heraus: Lützen! Wir gehen durch Lützen!
Nein, das konnte nicht wahr sein, wir waren von der Weser aus südöstlich gegangen, der Ort Lützen lag aber im Osten, in der Nähe der Stadt Leipzig… Ein Mensch mit Humor, ein wahrer Schelm… Man hatte in diesen schlimmen Zeiten vergessen, wie es zu lachen.
Nur wenige Häuser, kein Mensch war zu sehen, schnell befanden wir uns wieder im freien Feld. Wenn nur nicht ein versprengtes Fähnlein feindlich gesinnter Soldaten uns irgendwo auflauerte. Der Wald ist nah und nach kurzem und etwas schnellerem Marsch tauchen wir in den Schutz der Nadelbäume ein. Die Geräusche des Waldes umspielen uns… kein Gedanke an Vergangenes.

Fortsetzung folgt.... wenn nichts unvorhergesehenes geschieht

Bürgerreporter:in:

R. B. aus Bad Arolsen

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