Immer noch viel heiße Luft in Energiepolitik

Obwohl es einige Stimmen der Vernunft in der Klimawandelgemeinschaft gibt, wäre es richtig zu sagen, dass es leider immer noch viel "heiße Luft" in der Energiepolitik bleibt.

Wolfgang Denk, Energie-Experte, Europa-Direktor bei NGO Energy for Humanity – über die heutige Energiepolitik in Europa

Heutzutage betreiben eine ganze Reihe von Staaten in der EU und weltweit eine Politik zur Schaffung einer nachhaltigen kohlenstoffarmen Wirtschaft. Offensichtlich kann ein Übergang zum neuen Modell je nach der Konfiguration von Energieressourcen in einem bestimmten Land unterschiedlich verlaufen. Es scheint jedoch möglich, einige allgemeine Richtlinien für die Herstellung einer kohlenstoffarmen Bilanz zu formulieren.

Um eine kohlenstoffarme Wirtschaft zu erreichen, muss die Verbrennung fossiler Brennstoffe – insbesondere von Kohle und Braunkohle – reduziert werden. Abgesehen von der Verringerung des BIP und Steigerung der Energieeffizienz, die zwei weitere Mittel darstellen, kann die Abhängigkeit von Kohlekraftwerken auf drei verschiedene "aktive" Arten oder in ihrer Kombination verringert werden:

1. Ausbau der sogenannter "neuen Erneuerbaren" wie Solar und Wind (Wasserkraft, die "alte Erneuerbare", ist in den Industrieländern meist schon seit den 60er oder 70er Jahren ausgereizt)
2. Ausbau von Gaskraftwerken, die Kohlekraftwerke ersetzen und / oder
3. Ausbau der Kernenergie

Beim Auswerten der Daten scheint der Ausbau neuer erneuerbarer Energien am wenigsten effizient zu sein, viel besser ist der Ausbau der gasbefeuerten Kapazitäten (anstelle von Kohle), aber der effizienteste Weg zur schnellen Dekarbonisierung eines Stromerzeugungssystems ist der Ausbau der Kernenergie. Dies steht im Gegensatz zu dem, was fast die gesamte westliche Welt, einschließlich der großen Institutionen, im Moment im Sinn hat.

Sie haben läuten hören, wissen aber nicht, wo die Glocken hängen

Der Begriff "Energiewende" erfreut sich derzeit großer Beliebtheit und hat offenbar Eingang ins tägliche Vokabular der Energiepolitiker gefunden. Gleichzeitig haben diejenigen, die von Energiewende sprechen und ihren Verlauf bestimmen, nicht immer eine klare Vorstellung davon, wie sie richtig durchgeführt werden sollte.

Das Beispiel Deutschlands ist hier sehr anschaulich: die wie auch immer ambitionierte Energiewende in diesem Land, die nach der Entscheidung für einen beschleunigten Atomausstieg in Schwung gekommen ist, hat die Erwartungen noch nicht erfüllt. Der Hauptgrund dafür, dass Deutschland die gewünschten Ergebnisse noch nicht erreicht hat, ist einerseits, dass die Ziele nicht klar waren, und andererseits, selbst wenn sie klar wären, wären die Maßnahmen völlig falsch gewesen.

Die Energiewende wird von vielen als Ziel auf Reduzierung von CO2-Emissionen gerichtet verstanden, aber in Wirklichkeit war Stilllegung nuklearer Kapazitäten der Haupttreiber der Energiewende – etwas, für das die Grüne Bewegung seit vielen Jahrzehnten kämpft. Die CO2-neutrale Erzeugungskapazitäten stillzulegen, tut natürlich nichts, um die CO2-Emissionen zu reduzieren. Die Strategie, das System grüner zu machen, setzte dann einen Ausbau erneuerbarer Energiequellen voraus – einige streben sogar 100% erneuerbare Energien an, während das Hauptziel von Anfang an die Stilllegung der Kohleerzeugung sein sollte. Es ist wie ein Raucher, der entscheidet, viel Obst zu essen, um gesünder zu sein. Warum nicht auf das Rauchen verzichten? Im Grunde genommen hat Deutschland alles falsch verstanden. Hoffentlich wird dieser Fall weltweit genauer analysiert.

Wer gut sitzt, rücke nicht

In vielen Ländern wurden Aussagen gemacht, dass der Übergang zu einem modernen Energiesystem eine Verringerung des Anteils der Kernenergie am Strommix und eine Erhöhung der erneuerbaren Energien erfordert. Es ist bemerkenswert, dass diese Rufe auch in Frankreich zu hören sind – einem Land, wo Kernenergie in der nationalen Stromerzeugung vorherrscht. Dem Bericht European Climate Leadership 2017 zufolge weist Frankreich in Bezug auf die CO2-Emissionen in Europa eine der besten Leistungen auf.

Die Verringerung der Auswirkungen auf das Klima und die Verringerung des Anteils der Kernenergie sind zwei verschiedene politische Themen, die leider oft in den gleichen Korb gelegt werden. Der Grund dafür liegt wahrscheinlich darin, dass beide die zwei wichtigsten Themen traditioneller Umweltschützer sowie grüner Parteien weltweit sind. Die Reduzierung des Kernenergieanteils in Frankreich von 75% auf 50%, die sich aus einer Forderung der Grünen ableitete, bevor François Hollande an die Macht kam, wurde wahrscheinlich von einem sehr starken Anteil der Bevölkerung und auch einigen Medien als populär angesehen. Selbst wenn der gesamte erzeugte Strom aus stillgelegten Anlagen durch Solar-PV und Wind ersetzt werden könnte, was aufgrund von Unterbrechungen unmöglich ist, wäre ein solcher Weg bestenfalls zu sehr hohen Kosten CO2-neutral gewesen. Wozu dann?

Es sollte für jeden klar sein, dass die Stilllegung der Kernenergie definitionsgemäß mit der Bekämpfung des Klimawandels oder Umweltschutz nichts zu tun haben kann. Schlimmer noch, die vorzeitige Stilllegung bestehender Kernkraftwerke, die noch betrieben werden könnten, wird mit Sicherheit zu höheren CO2-Emissionen führen und aus finanzieller Sicht grob fahrlässig sein. Andererseits wird der Ausbau kohlenstoffarmer erneuerbarer Energien in Ländern wie Frankreich oder Norwegen bei unveränderter Nachfrage auch praktisch keine Auswirkungen auf die CO2-Emissionen haben.

Großbritannien und Frankreich als Klimavorreiter

Während in einigen Ländern Slogans und Strategien zur Bekämpfung des Klimawandels immer weiter weg vom eigentlichen Kampf gegen den Klimawandel führen, gibt es einige positive Ausnahmen.

Bereits vor fast 9 Jahren veröffentlichte der verstorbene Prof. David MacKay sein frei verfügbares Buch "Nachhaltige Energie – ohne heiße Luft". Es wäre vorteilhaft für jeden Politiker und Entscheidungsträger, dieses Buch zu lesen, bevor sie energiepolitische Entscheidungen treffen. Die Daten sprechen laut und deutlich. Sein Werk hatte erhebliche Auswirkungen auf die britische Energiepolitik und führte zu vielversprechenden Ergebnissen – das Vereinigte Königreich konnte seine absoluten CO2-Emissionen in den Jahren von 2010 bis 2015 um den größten Betrag in Europa senken.

Auch für uns war es eine Erleichterung, als Nicolas Hulot, der französische Minister für den ökologischen und solidarischen Übergang, im November verkündete, das Ziel, den Atomstrom in Frankreich auf 50% zu reduzieren, sei unrealistisch und hätte zum Ausbau der fossilen Kapazitäten geführt. Hier haben wir ein weiteres Land, das sich die Daten angesehen und wahrscheinlich das Offensichtliche bemerkt hat: Atomausstieg ist schlecht für das Klima.

Wir fordern andere Nationen auf, von Großbritannien und Frankreich zu lernen und Energiepolitik ohne so viel heiße Luft zu entwickeln.

Das Material stammt von theEnergyCollective: http://www.theenergycollective.com/denk/2417782/ngo-energy-humanity-still-much-hot-air-energy-policy

Bürgerreporter:in:

Dagmar Vogt aus Augsburg

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