Denkmalpreis des Bezirks Schwaben 2014: Sonderpreis nach Augsburg-Bergheim für Sanierung eines bäuerlichen Söld-Anwesens

Sonderpreisträger aus Augsburg-Bergheim, Zum Hinterfeld 6
v. l.: Bezirkstagspräsident Jürgen Reichert, Dr. Anja Gairhos, Dr. Sebastian Gairhos, Bezirksheimatpfleger Dr. Peter Fassl | Foto: Andreas Lode
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  • Sonderpreisträger aus Augsburg-Bergheim, Zum Hinterfeld 6
    v. l.: Bezirkstagspräsident Jürgen Reichert, Dr. Anja Gairhos, Dr. Sebastian Gairhos, Bezirksheimatpfleger Dr. Peter Fassl
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Als absolute Rarität erinnert es wie ein Überbleibsel aus einer vergangenen Zeit an die Geschichte und Sozialstruktur des Ortes.

Historische Altstadtfeste, das Aufleben von Bräuchen, altem Handwerk oder das „wieder Tracht tragen“ erfreuen sich hierzulande großer Beliebtheit. Das neue Interesse an Heimat und Tradition fördert auch ein neues Bewusstsein für die langwierige, aber nachhaltige Arbeit der Denkmalpflege als einen unschätzbar wichtigen Dienst an der Allgemeinheit: „Denn Dorf- und Stadtbilder erhalten, heißt Heimat erhalten“, betont Bezirkstagspräsident Jürgen Reichert zur Preisverleihung am 5. Mai im Rokokosaal der Regierung von Schwaben. „Zunehmend erscheint auch Vielen ein liebloser oder rein nach materiellem Nutzen ausgerichteter Umgang mit der historischen Substanz unserer gewachsenen Kulturlandschaften unverständlich.
Dank des außerordentlichen Engagements tatkräftiger Bürger konnten für den Denkmalpreis 2014 und die beiden Sonderpreise des Bezirks Schwaben in diesem Jahr wieder drei besondere Objekte aus unserer Region ausgezeichnet werden“, freut sich Bezirkstagspräsident Jürgen Reichert.

In Abstimmung mit dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege wurden vom Bezirk Schwaben folgende Objekte mit dem Denkmalpreis 2014 und zwei Sonderpreisen ausgezeichnet. Zur Auswahl standen zahlreiche Vorschläge, eingereicht von den Kreis- und Stadtbauverwaltungen, dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege und den Heimatpflegern.

Der Denkmalpreis 2014 geht ins Allgäu
für „die äußerst schwierige Instandsetzung eines der bedeutendsten barocken Bürgerhäuser Kemptens. Eine angemessene Nutzung integriert dazu das „Rote Haus“ in das städtische Umfeld, charakterisierte Bezirksheimatpfleger Dr. Peter Fassl die Perfektion des enormen Unterfangens und bescheinigte den Eignern „einen vorbildlichen Umgang mit einem bedeutenden Denkmal!“

Ein Sonderpreis kommt nach Friedberg
für die Maßstäbe setzende ökologische und baubiologische Sanierung des markanten Stadthauses in der Jesuitengasse 13, erbaut um 1670.

Ein Sonderpreis kommt nach Augsburg-Bergheim, Zum Hinterfeld 6, für die vorbildliche Instandsetzung eines bäuerlichen Söld-Anwesens, das im Gebiet der Stadt Augsburg eine absolute Rarität darstellt und wie ein Überbleibsel aus einer vergangenen Zeit an die Geschichte und Sozialstruktur des Ortes erinnert.

Bezirksheimatpfleger Dr. Peter Fassl stellt das Augsburger Objekt vor:

Sonderpreis 2014, dotiert mit 5.000 Euro
Augsburg-Bergheim, Zum Hinterfeld 6, bäuerliches Söld-Anwesen
Eigentümer: Dr. Anja und Dr. Sebastian Gairhos

Das historische Dorf Bergheim erstreckt sich an einer von Norden nach Süden verlaufenden Straße. Die historische Bebauung der Hauptstraße endet in einem Kreuzungspunkt, wo sich fünf Straßen treffen, von denen die beiden nach Westen führenden historisch bebaut waren. Hier findet man das Haus Zum Hinterfeld 6.

Bäuerliche Anwesen stellen im Gebiet der Stadt Augsburg eine absolute Rarität dar.
In den ursprünglich bäuerlich geprägten, 1972 eingemeindeten umgebenden Dörfern sind es noch die Anwesen Bürgermeister-Widmeier-Straße 33 in Haunstetten, Hornissenweg 11 in Inningen, das Anwesen Hauptstraße 32 und eben das Anwesen Zum Hinterfeld 6 in Bergheim, welche den städtischen Baudruck überstanden. Das Kleinanwesen (1860: 2,42 Tagwerk), das im 18. Jahrhundert ein Schuster, später ein Kramer bewohnte, war 1801 abgebrannt und noch im selben Jahr wohl etwas versetzt wieder aufgebaut worden. Im 20. Jahrhundert wurde es teilweise landwirtschaftlich genutzt. Es besteht aus einem Wohnteil, an den sich getrennt durch einen breiten Gang ein kleiner Stall und eine später angebaute Tenne anschließen.

Ursprüngliche Eigentümer wollten das später unter Denkmalschutz gestellte Haus abbrechen, die Familie Gairhos erwarb es 2010 und sanierte es in den Jahren 2011 bis 2013. Ein von der östlichen Traufseite erschlossener durchgestreckter Flur erschließt linker Hand Stube und Küche und führt rechter Hand in den Stall. An ihn schließt nach Norden der Stadel an. Eine einläufige Treppe führt vom Flur in das Obergeschoss, wo sich die Raumaufteilung des Erdgeschosses wiederholt. Erhalten haben sich die historische Treppe zum Obergeschoss mit ausgesägten Brettbalustern, alte Dielenböden und Böden mit quadratischen Solnhofener Platten, historische Füllungs-und Brettertüren und in der Oberen Stube ein runder Stuckrahmen an der Decke, mit dem der Hauptraum des Hauses hervorgehoben wird.

„Schutzmantel“ aus Mineralwolle sichert historischen Fensterbestand

Darüber hinaus zeichnet sich das Baudenkmal noch durch seinen gesamten historischen Fensterbestand aus. Im Rahmen der denkmalpflegerischen Sanierung wurde die historische Raumaufteilung aufgenommen und sämtliche Ausstattungselemente erhalten, repariert und instandgesetzt, soweit dies möglich war. Die Außenwände umhüllte man durch einen etwa 10 cm breiten „Schutzmantel“ aus Mineralwolle, um den Wärmeschutz zu verbessern und den Fensterbestand unangetastet erhalten zu können. Im Flur und im Stall wurden wiederverwendete alte Ziegel und Solnhofener Platten als Fußbodenbelag verwendet. Die Integration der neuen Funktionen in die vorhandene Raumstruktur geschah sensibel, so dass der ursprüngliche Raumeindruck erhalten blieb und wieder erlebbar wurde. Die Nordwand der Scheune (Bretterwand) musste ersetzt und der Dachstuhl darüber gesichert werden. Die Außenwände wurden teilweise unterfangen, das Haus erhielt eine neue Bodenplatte. Als Heizung dienten eine Fußbodenheizung und ein Ofen an der ursprünglichen Stelle im Erdgeschoss.

„Die Besonderheit der Maßnahme liegt darin, dass ein völlig unscheinbares ländliches Söld-Anwesen in einem bevorzugten Augsburger Vorort, der seinen ländlichen Eindruck verloren hat, erhalten blieb und uns wie ein Überbleibsel aus einer vergangenen Zeit an die Geschichte und Sozialstruktur des Ortes erinnert“, betont Bezirksheimatpfleger Dr. Peter Fassl. „Weiter zeigt die Maßnahme, dass es möglich ist, mit einem vertretbaren Aufwand - Sanierungskosten 320.000 Euro, Bezirkszuschuss 5.000 Euro - moderne Wohnbedürfnisse und heutige energetische Standards mit einfacher alter Baustruktur zu verbinden und so eine einmalige dorfbauliche Situation zu erhalten“.

Denkmalpreis-Kriterien des Bezirks Schwaben:
Der Bezirkstag von Schwaben hat in seiner Sitzung vom 13.12.2001 einen jährlichen Denkmalpreis (10.000 Euro) sowie 2 Sonderpreise (je 5.000 Euro) ausgelobt und dabei folgende Kriterien aufgestellt:
- die fachliche Qualität der Maßnahme
- das finanzielle Engagement des Eigentümers
- die Kreativität bei der Durchführung
- die Bedeutung des Denkmals.

Folgende Gesichtspunkte sind hervorzuheben:

Denkmale bewahren, die historische Baukultur, Dorf- und Stadtbilder erhalten, heißt Heimat erhalten. Erinnerungen an vertraute Orte geben Halt und Sicherheit, jeder Ort, jedes Gebäude ist einzigartig. Denkmale sind gebaute Geschichte. Sie bewahren die Erinnerung und ermöglichen Orientierung. Denkmalpflege ist eine kreative Aufgabe, sowohl für den Bauherrn wie den Architekten.

In der Regel stellen sich drei Themen: Erhalten, Umnutzen, mit neuem Leben erfüllen.

Fremdenverkehr ohne Denkmäler ist kaum möglich. Sie bedeuten eine Attraktivität von Ortschaften, Plätzen und Straßen sowie mehr Lebensqualität für die Denkmaleigentümer. Die Leistung der Denkmaleigentümer liegt im persönlichen Einsatz, ist eine anspruchsvolle Tätigkeit sowie ein unbezahlter Dienst an der Allgemeinheit. Denkmalpflege bedeutet nicht nur Mühe, sondern vor allem Freude an Denkmälern.

Weitere Informationen erteilt Bezirksheimatpfleger Dr. Peter Fassl, Telefon 0821 3101-310; heimatpflege@bezirk-schwaben

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