Schlaflos, stressig und genial – eine myheimat-Ex-Praktikantin bei den Jugendmedientagen 2007 in Leipzig

Schlaflos in Leipzig
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Bepackt mit Rucksack, Isomatte und Schlafsack ging es per Inter City in die sogenannte Medienstadt des Ostens. Schon am Augsburger Bahnhof konnte man ein Trio Gleichgesinnter kennen lernen – zu erkennen am eben ähnlich schwer tragenden Gepäck. Am Leipziger Hauptbahnhof – wie man uns sagte, der schönste in ganz Deutschland – war auch gleich ein Infostand zur Stelle, der Kombitickets für die Straßenbahn austeilte. Diese karrte an diesem Nachmittag etwa 500 Teilnehmer in die „media city“. Dort mussten die vielen Jugendlichen einchecken: Halle bestimmen (es gab drei – je nachdem wie lange die Jungen und Mädchen schlafen wollten), Stundenplan und Medientasche mit zahlreichen Werbegeschenken erhalten, Teilnehmerband befestigen und Gepäck verstauen. Denn gleich angekommen, boten einige große Medien-, Torismus- und Kulturunternehmen Informationen; Beratung sowie eine Vielfalt an Werbegeschenken bei einer Messe im Leipziger Mediengarten statt. Nach einer offiziellen Auftaktveranstaltung, einer hitzigen Diskussion rund um das Thema Web 2.0 mit Leuten wie der Künsler Yadegar Asisi und der bissige Blogger Rainer Meyer alias Don Alphonso, ging es anschließend ohne Umschweife in ein kleines Theater, wo sich hunderte von Teilnehmern und freiwilligen Organisatoren zum Poetry Slam einfanden. Auf einer mit Sitzmöbeln ausgestattetenm kleinen Bühne lieferten sich Verfasser von amüsanten Kurzgeschichten einen Schlagabtausch an Liebesbekundungen zu Fleischsalat, Lieder über Menschen, die auf der Straße Bratwurst verkaufen und paranoide Autofahrer. Danach hatten wir uns die vier Stunden Schlaf wirklich verdient, bevor unsere Halle um 5:30 Uhr mit der Titelmelodie von Alfred Jodokus Kwak „Warum bin so fröhlich“ geweckt wurde. Kurz darauf traten wir den beschwerlichen Weg in die Zentrale, der media city an. Dort wurden auch die mpdesten Schlafmtzen unter uns wach, als fast eione Stunde kalter Nieselregen ins Gesicht schlug. Nach einem Frühstücksbuffet machten sich die Teilnehmer in die unterschieldichen Symposien auf, die sich mit Chancen, Zukunft, Wahrheit und Qualität in Teiten von Web 2.0 beschäftigten, bevor alle in Unternehmen wie dem MDR, Kreuzer, dem amerikanischen Generalkonsulat oder in meinem Fall Radio Leipzig reinschnuppern konnten. Zufällig wurde dort gerade eine Sendung gefahren, bei deren Prozess wir zuschauen konnten und den Moderator Axel mit Fragen löcherten. Unsere Gruppenführerin, eine Leipzigerin führte uns im Anschluß auch in den berühmten „Auerbachs Keller“, in dem Goethe bei einem Schlückchen ungarischem Wein die Idee zu seinem „Bestseller“Faust kam. Ich glaube, die Gäste, die sich in dem hohen Gewölbe edle Speisen einverleibten, hat es nicht wirklich gestört, dass eine Horde nasser und unausgeschlafener Jugendlicher diesen Musentempel einen Moment lang besichtigte.
An diesem Abend bekam wir – die Ü18-Leute – den deutschen Film „ Free Rainer“ mit Moritz Bleibtreu in der Hauptrolle zu sehen – im riesigsten Kinosaal, den ich je gesehen habe. Auch der Satz „Wir haben ein Problem – es gibt keine freien Säle mehr“ konnte uns nicht von dieser exklusiven Pre-View abhalten. Die Wartezeit, die sich beinahe über eine Stunde dehnte, verbrachten wir auf dem Boden sitzend oder liegend und kämpften lachend, siegend oder auch tanzend mit der Müdigkeit. Im Film selbst ging es um den koksenden, durchgeknallten Film-Produzent Rainer, der nach einem traumatisierenden Autounfall versucht, durch Quotenmanipulation die deutsche Fernsehlandschaft zu verbessern, indem nur noch gehaltvolle Dokumentationen und Filme gesendet werden. Nach einer trubulenten Busfahrt, bei der mal wieder keiner wusste, wo es denn nun eigentlich lang geht, gelangten wir in unser Schlafgemach, in dem wir uns drei Stunden auf dem kuscheligen Turnhallenboden in unsere Schlafsäcke einmummeln konnten. Der Samstag wartete mit viel Praxis auf. Ich selbst landete bei fluter.de – dem Jugendportal der Bundeszentrale für politische Bildung, wo wir lernten, zu bloggen. Die neu gewonnenen Erkenntnisse konnten mich auch darüber hinwegtrösten, das mein eigentlicher Wunsch, der Reportage-Workshop aufgrund eines Unfalls des Referenten ausfiel. Das abendliche Highlight war die Party im Leipziger Panometer, wo der schon oben genannte Künstler in einem ehemaligen Gasometer ein einmaliges und sehenswertes Panorama Roms auf eine Leinwand druckte und sie in dem Rondell aufspannte. Die Fotobearbeitung und viel Geduld sieht dieses von einem Aussichtspunkt lebensecht aus. Der harte Kern der Veranstaltung (z.B. ich) feierte trotz wenig Aussicht auf langen Schlaf bis zwei Uhr morgens, gemäß nach dem Motto: Schlafen kann man, wenn man alt ist. Nach der Abschlußveranstaltung, bei der unter anderem die Ergebnisse der Workshops vorgestellt wurden, ging es dann in einer rappelvollen Straßenbahn und im IC wieder nach Hause. Neben interessanten Diskussionen und Erkenntnissen; kamen die Teilnehmer in den Genuss, der sächsischen Mundart zu lauschen (ich weiß jetzt nicht nur, wie man "Sähschelbood" und "Bargblodwäschdor" ausspricht, sondern auch, was ein „Modschegiebchen“ ist), viele Leute kennen zu lernen (auch aus ganz Deutschland Osteuropa!) und verrückte Tage zu erleben.

Schlaflos in Leipzig
Packesel Bine
Bürgerreporter:in:

Sabine Zink aus Aichach

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