„Ich bin überaus zufrieden mit der Bayerischen Landesausstellung“: Ein Interview mit Bürgermeister Klaus Habermann

Das neue Stadtmodell aus Bronze wurde feierlich enthüllt | Foto: Erich Echter
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myheimat: Herr Habermann, eine Bayerische Landesausstellung mit über 100.000 Besuchern, eine BR-Radltour, die der Paarstadt bayernweite Aufmerksamkeit verschafft, Tausende von Besuchern beim beliebten Stadtfest – es hätte Aichachs großes Jahr werden können. Dann kam Mitte März die Corona-Pandemie und machte Schritt für Schritt alle Planungen zunichte. Zu welchem Zeitpunkt war Ihnen klar, dass 2020 alles andere als ein „normales Jahr“ wird?

Habermann: Spätestens am 16. März, als der Ministerpräsident den Katastrophenfall ausgerufen hat. Ich hatte geglaubt, in meinen 24 Jahren als Bürgermeister schon alles erlebt zu haben, aber das war eine ganz neue Erfahrung.

myheimat: Immerhin konnte die Bayerische Landesausstellung noch gerettet werden und startete mit sechswöchiger Verspätung im FeuerHaus. Wie fällt Ihre Bilanz dieser großen Geschichtsschau, die unter außergewöhnlichen Bedingungen über die Bühne ging, am Ende des Jahres nun aus?

Habermann: Ich bin überaus zufrieden. Wir hatten trotzdem - obwohl Busse und Schulen weitgehend gefehlt haben - eine tolle Bilanz mit durchgehend zufriedenen Gästen. Wir wurden bayernweit beworben und haben als Stadt Aichach erheblich an Bekanntheit gewonnen. Und vieles wird bleiben: der Burgplatz, das neu gestaltete Wittelsbacher Museum, das Stadtmodell vor dem Spital oder auch das einladende, blühende Innenstadtambiente. Aichach hat sich großartig präsentiert und die absolut einmalige Chance genutzt.

myheimat: Die Coronakrise wird auch den Haushalt der Stadt Aichach spürbar belasten. Die finanziellen Handlungsspielräume von Kommunen werden dadurch sicher nicht größer. Lassen sich die Auswirkungen für Aichach zum gegenwärtigen Zeitpunkt schon in Ansätzen abschätzen?

Habermann: Wir sind ohne Nachtragshaushalt über die Runden gekommen, das ist die Hauptsache. Und dass es nicht immer nur steil bergauf gehen kann - auch ohne Corona - das war uns eh klar. Wir haben auch in der Vergangenheit stets sparsam gewirtschaftet, das hat sich in dieser enorm schwierigen Zeit „ausgezahlt“!

myheimat: Was können die Stadt Aichach und insbesondere die Wirtschaftsförderung tun, um die Folgen der Coronakrise für die örtlichen Geschäfte und Unternehmen „abzumildern“?

Habermann:
Gerade der Handel musste ja in weiten Teilen eine mehrwöchige Zwangsschließung seiner Geschäfte verkraften. Wir haben in dieser Zeit und danach kräftig die Werbetrommel geschlagen und zur Solidarität aufgerufen. Speziell auf unserer Webseite haben wir den Händlern Gelegenheit gegeben, beispielsweise auch ihre Lieferdienste zu bewerben. Mit den produzierenden Unternehmen standen wir bzw. stand ich selbst ständig in Kontakt, um die aktuellen Maßnahmen wie Kurzarbeit oder Ähnliches zu erfragen. Hier sind unsere Einflussmöglichkeiten naturgemäß geringer. Der gute Branchenmix unserer durchwegs zukunftsfähig aufgestellten Unternehmen hat sich einmal mehr bezahlt gemacht!

myheimat: Als Bürgermeister mussten Sie auch unter „Corona-Bedingungen“ an vielen öffentlichen Veranstaltungen teilnehmen. Wie fühlt sich die „neue Normalität“ für Sie ganz persönlich an?

Habermann:
Ich habe eine ganz neue Situation erlebt, in der Verwaltung. Mit der Organisation von Schichtarbeit und Homeoffice, mit zahllosen ministeriellen Hinweisen und Anweisungen, mit guten wie auch gelegentlich mit kuriosen Lösungsratschlägen. Und mit der Sorge um die Bürgerinnen und Bürger und auch um meine Mitarbeiter. Enormer zusätzlicher Druck auf der einen Seite, dafür plötzlich jede Menge freie Abende und Wochenenden. Gewöhnungsbedürftig zunächst, nach 24 Jahren „Vollgas“, aber schon auch ein MEHR an Lebensqualität.

myheimat: Welche Vorkehrungen, um sich vor einer Infektion mit dem neuartigen Coronavirus zu schützen, treffen Sie in Ihrem persönlichen Lebensbereich?

Habermann:
Ich bin Gott sei Dank kein ängstlicher Mensch. Ich achte auf die Einhaltung der Vorgaben wie Hygiene, Abstand und Maske, das sollte hoffentlich ausreichen.

myheimat: Wenden wir uns nun erfreulicheren Gesprächsgegenständen zu. Lassen Sie uns ein wenig über Stadtentwicklung sprechen. Mit der Oberen Vorstadt stand letztes Jahr eine sehr umfangreiche Baumaßnahme auf dem Programm. Wenn Sie heute auf das Ergebnis blicken: Wie zufrieden sind Sie mit der Neugestaltung dieses städtebaulichen Bereiches?

Habermann:
Das ist einfach klasse geworden, finde ich. Eine unglaubliche gestalterische Aufwertung, das bestätigen viele Anwohner und Gäste. Und „es funktioniert“ verkehrstechnisch und auch so! Die Obere Vorstadt ist grüner geworden, bietet mehr Raum für Geschäfte und Nutzer, verbindet gekonnt das Milchwerk mit der Innenstadt. Ein wirklich gelungenes neues Entree zum Stadtplatz. Gerade die „Stadteingänge“ sind doch „Visitenkarten“, hier entscheidet sich der erste Eindruck für alle Besucher. Kurz: öffentlicher Raum, der viele Anforderungen vereint und hervorragend ankommt. Die vielen Bürgerwerkstätten und Baustellentermine haben sich gelohnt.

myheimat:
Als sozialdemokratischem Politiker muss Ihnen doch das Thema „bezahlbarer Wohnraum“ ein Herzensanliegen sein. Wie beurteilen Sie diesbezüglich die aktuelle Situation in Aichach und wo kann man noch Verbesserungen erreichen?

Habermann:
Wie in vielen anderen Städten ist auch bei uns die Nachfrage sehr groß - obwohl Wohnungen gebaut werden wie noch nie. Aktuell plant speziell auch unsere Baugenossenschaft zwei neue Projekte im Sozialen Wohnungsbau. An der Franz-Beck-Straße ist ferner die Ausweisung eines größeren Baugebiets geplant, wo ebenfalls geförderte Wohnungen entstehen sollen. Und dann gibt es ja noch die Möglichkeiten im Baugesetzbuch, die der Stadtrat künftig nutzen könnte. Stichwort: „Sozialgerechte Bodennutzung“. Kurz: Es tut sich auch hier was!

myheimat:
Am 15. März wurden Sie mit 62,6 Prozent erneut zu Aichachs Bürgermeister gewählt. Sie befinden sich nun in Ihrer fünften Amtszeit. Welche wichtigen politischen Projekte wollen Sie in den nächsten sechs Jahren noch angehen?

Habermann:
Ich bin noch lange nicht fertig. Ich werde auch in meiner nun endgültig letzten Amtsperiode alles dransetzen, unsere Stadt noch schöner und noch zukunftsfähiger zu machen. Sei es im Bereich der Stadtentwicklung - z.B. Untere Vorstadt attraktiv gestalten -, sei es im Bereich Hochwasserschutz in Kernstadt und Ortsteilen - wo große Investitionen anstehen, im Bereich demographischer Wandel, wo die Themen Kurzzeitpflege oder neue Wohnformen im Alter ebenso eine Rolle spielen wie auch die Verbesserung des Öffentlichen Personennahverkehrs, bis hin zur Frage: „Wie verändert Digitalisierung unsere Stadt?“ - Stichwort „Smart City“. Und natürlich hoffe ich auf baldige Erweiterung unseres Verwaltungsgebäudes, damit wir noch bürgernäher und effizienter arbeiten können. Sie sehen: all das neben dem „normalen Tagesgeschäft“, es wird nicht langweilig!

myheimat: Wie immer an dieser Stelle eine ganz persönliche Frage zum Abschluss: Welche Begegnung hat Sie im abgelaufenen Jahr am meisten beeindruckt?

Habermann: Wenn ich ganz ehrlich bin: die wundervollen Veranstaltungen unseres „Musiksommers“, wo ich so viele Menschen getroffen habe. Fröhlich und ganz zwanglos, ganz nach unserem Stadtmotto: „Aichach - gut beinander!“, Corona zum Trotz! Und die Begegnung mit der Schauspielerin Marianne Sägebrecht anlässlich unserer Filmwoche. Eine absolut bemerkenswerte Frau!

myheimat-Team:

Joachim Meyer aus Friedberg

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