Spitzfindigkeiten, Wortwitz und Doppeldeutigkeit

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Die Kunst ist die Vermittlerin des Unaussprechlichen
Vier Künstler zeigen ihre Arbeiten im Köglturm

Nicole Mahrenholtz bespielt auch in diesem Jahr mit Künstlerkolleginnen den charmanten Köglturm in Aichach. Sie ist die Kuratorin der anspruchsvollen Ausstellung „Tiefengrammatik“. Friederike von Aigner, Elisabeth Feiertag, Angelika Schweiger und Nicole Mahrenholtz selbst – sie sind schon längst nicht mehr aus der Kulturszene weg zu denken. Mit dem Thema, welches dem Gedankengut der Kuratorin entsprang, befassten sich die Künstler mit viel Liebe zum Detail woraus herrliche Dinge entstanden sind.
In diesem Ausstellungsjahr spielt Druck im Bauch des Turmes eine wesentliche Rolle. Beim Drucken hat man nur zwei Schattenstufen und man muss sich auf das Wesentliche beschränken, die Seele des Dargestellten herauspräparieren. Die Drucktechnik ist eines der ältesten künstlerischen Verfahren und wurde 2018 von der UNESCO zum immateriellen Kulturerbe ernannt. Feiertag, Schweiger und Mahrenholtz beschäftigten sich mit unterschiedlichen Drucktechniken und arbeiten mit einem asiatischen Handdruckverfahren: Kautschukplatten, Holzplatten – so wird jeder Druck zum Unikat.Doch was ist diese Tiefengrammatik überhaupt. Tiefengrammatik – das ist zunächst einmal ein philosophischer Begriff von Noah Chomsky. Er erkannte, dass man sich erst wirklich sicher in einer Sprache bewegen kann, wenn man die so genannte Tiefengrammatik beherrscht, nämlich die kleinen Feinheiten der Sprache, die Spitzfindigkeiten, den Wortwitz, die Doppeldeutigkeit. Tiefengrammatik – das Unsagbare. Etwas was seelisch transformiert werden kann und durch die Logik nicht strukturierbar ist.
Sabine Beck vom Kulturbüro8, als Musikerin und Autorin hat sie sich bereits einen Namen gemacht. Sie sagt dazu: Es zeigt sich, dass das Erkennen der Tiefengrammatik etwas zutiefst Menschliches ist: Es geht um Intuition, Unbewusstes, Eigentliches, um Gefühl und das, was zwischen den Zeilen, zwischen den Worten verborgen ist. Und erst im Gesamtbild ergibt sich dann die tatsächliche und tiefere Bedeutung. Und wie bei der Sprache, so versteckt sich die Bedeutung eines Kunstwerks oft unter der Oberfläche – und liegt, wie es das Sprichwort so treffend sagt, im Auge des Betrachters.
Die Schrobenhauserin Angelika Schweiger arbeitet mit organischen Formen, halbabstrakt, zarte Töne, nach innen gekehrt. Intuitiv geht sie an ihre Bilder heran. Ihre Drucke sind übereinander gelagert und auf feinem japanischen Papier aufgebracht Sie sprechen leise aber bestimmt auch das unbewusst-Intuitive in uns an. Sie malt auch mit Acryl. Ihre Bilder besitzen in ihrer Farbigkeit sowie auch in ihrer Komposition einen starken Ausdruck. Sie beherrscht eine Vielzahl von Drucktechniken. Gut sortiert sind ihre Arbeiten im ersten Stock des steinalten Köglturm zu finden.
Einige Werke von Elisabeth Feiertag, einer Künstlerin aus Hilgertshausen, könnte man zwischen Zustand und Wandlung einordnen. Maskenhafte Portraits die sich vom individuellen Portrait entfernen. Doch geht es ihr nicht um Charaktereigenschaften sondern um innere Seelen-Zustände. Sie präsentiert grafische Zeichnungen und Drucke, inspiriert von japanischer Mythologie. Ihr Thema ist das Spannungsfeld zwischen Wandlung und Zustand, gezeigt an den Raupenlarven, sowie das Leben in verschiedenen Spielarten. Es geht um extreme Emotionen die im Unterbewusstsein zu finden sind.
Friederike von Aigner, Schülerin von Franz Haubner, beschäftigte sich mit dem Thema Eigenbewegung. Für die Ausstellung hat sie einen Fotoreigen geschaffen, Bewegung die aus der Seele kommt. Ihre tiefengrammatischen Fotos sind Tulpen-Kalligraphien welche die Lebensbewegungen buchstabieren. Da Fotografie auch eine Art von Druck ist möchte sie mit ihren Bildern die Wahrnehmungskanäle öffnen. Sie besitzt eine starke Zuneigung zur Natur und holt sich dort auch ihre Motive und taucht darin ein. Sie macht sich Gedanken zum seelischen Prozess, also was von innen antreibt. Hineingehen, mit seelischem Impuls sich ins Leben hinein zu entwickeln. Sie hat sich viel Gedanken zu den Bildern gemacht, angelehnt an ihr ausgearbeitetes philosophisches Konzept.
Der steinalte Köglturm beherbergt auch von Nicole Mahrenholtz hauptsächlich Drucke und Zeichnungen. Sie sagt: Man muss sich immer fragen, was kann ich noch weglassen. Beim Drucken von gegenständlichen Dingen bleiben ja nur zwei Schattenstufen. Bei ihrer Druckserie ist das Weglassen „der Tod, sein Bruder und ich“ zusätzlich mit dem unebenen Lokta-Papier zum Prinzip geworden. So sind Drucke entstanden die sich zwischen Traum, Schlaf, Tod und Erinnerung bewegen. Ihre ausgestellten Drucke sowie auch die gemalten Portraits transportieren eine gewisse Melancholie in erzählender Form.

Die Ausstellung ist noch am 6. und 7.7.2019 von 15.00 Uhr bis 18.00 Uhr geöffnet.

Fotos: Claudia Neumüller

Bürgerreporter:in:

Claudia Neumüller aus Kulmbach

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