Für a Fünferl a Durcheinand

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Bei Eiseskälte draußen musste man in dem großen Cafè schon eng zusammenrücken, Stühle mussten noch herbei gebracht werden, ein paar Stehplätze waren gerade noch zu erhaschen. Helmut Beck versprach den Zuhörern ein besonderes Programm mit zwei Chören. „Ich freue mich dass wir das fortsetzen können was der viel zu früh verstorbene Stefan Stocker ins Leben gerufen hat“, so Beck.
Wolfgang Kraemer, Kirchenmusiker in Aichach gestand: „Wir sind ja heute hierher entführt worden, normalerweise sollten wir 200 Meter weiter jetzt um die Zeit singen, deswegen kommen jetzt auch Stücke dran die so ähnlich drankommen könnten“. Wie kann es bei einem evangelischen Kirchenchor anders sein – Komponist Nummer eins ist freilich Johann Sebastian Bach. Voller Inbrunst begann der 15-köpfige Chor mit dem wunderbaren Stück „Jesu bleibet meine Freude“. Voller Inbrunst und Leidenschaft eröffneten die Sängerinnen und Sänger den Kulturkreis mit der Kandate, begleitet von Wolfgang Kraemer am Piano - gefolgt von einem neunfachen Kyrie aus einem englischen Chorbuch „aus 5 Jahrhunderten“. Mit dem „Gloria“ verlässt Kraemer mit seinem Chor den Kontinent, geht nach Peru/Südamerika und singt gekonnt und beschwingt das Ehre sei Gott mit einem kräftigen Schluss. Mit Bravour meistern sie das Stück in spanischer und deutscher Sprache. Auch für das nächste Stück bleiben die Sangesfreudigen in Lateinamerika, Puerto Rico. Mit festem Stimmvolumen und Taktgefühl erklingt begeisternd das Sanctus aus der „Missa Creola“ ebenfalls in spanisch-deutsch gesungen. Den Abschluss dieses Abschnitts macht mit voller Lebendigkeit und rhythmischem Trommelklang das Lied „Siyahamba“ oder „wir wohnen all in Gottes Licht“. Moderne afrikanische Töne rissen die Zuhörer mit.
In 2 kurzen Teilen referiert Bruno Röske einen Querschnitt von der 72-jährigen Vereinsgeschichte des evangelischen Kirchenchores. Die Frau des damaligen Anstaltsgeistlichen Inge Niederstrasser versammelte sangesfreudige Gemeindemitglieder um sich. Gemeinsam probten sie um die Gottesdienste mit zwei- oder 3-stimmigen Chorälen feierlich zu gestalten. 1947 kam der Vikar Fritz Hübner nach Aichach. Seine Ehefrau Elisabeth übernahm den Dienst an der Orgel und übernahm auch den Kirchenchor. Röske unterstrich wie aufopfernd damals die Pfarrersleute gewesen sind. Wie Ralf Andersen 1947 in einer Chronik beschrieben musste Pfarrer Hübner damals oft 12km einfache Wegstrecke, also zweieinhalb Stunden zu Fuß gehen um in einer anderen Kirche Gottesdienst zu halten. Immerhin gab es nach einer Weile ein Fahrrad wo er auf dem Gepäckträger seine Frau mitgenommen hat, gefolgt von einem Motorrad und erst viel später einem Auto. Unter anderem fanden die Chorproben im Wohnzimmer von Hübners statt. 1948 gab es 9 Frauenstimmen, 3 Mädchen- und 3 Männerstimmen. Der Kirchenchor sang nicht nur an hohen Feiertagen in der Kirche im Jakobiweg sondern auch in der Kirche der jetzigen JVA. Rührige Einsätze gab der Chor auch bei Trauungen, Taufen, Begräbnissen. Nach 44 Jahren im Dienst wurde Frau Hübner im Alter von 79 Jahren feierlich verabschiedet. Johannes Breuer wurde der Nachfolger. Es folgten noch einige Chorleiter bis dann die 17-jährige Ursula Richter aus Kühbach für 9 Jahre den Chor übernommen hat. Sie legte die Singgemeinschaft in Kraemers Hände. Er hält ein breit gefächertes Angebot und eine fundierte Gesangsausbildung bereit. Er hat an der Berufsfachschule für Musik in Krumbach studiert und mit C-Prüfung in katholischer Kirchenmusik Kirchenmusik abgeschlossen. Weiterstudiert hat er an der Fachakademie Augsburg. Ausgezeichnet hat er sich als Chorleiter, als Pianist und insgesamt seine Konzerttätigkeit mit vielen Auslandsaufenthalten. Traudl Keiper ist eine Chorsängerin der ersten Stunde wollte es sich natürlich nicht nehmen lassen zu dieser Matinee zu kommen. Von 1946 bis 2006, also 60 Jahre, sang sie im Chor. Aus diesem Anlass überreichte ihr Röske eine Blume.
Unter Leitung von Dorothee Fröller begann das Ensemble der Veeh-Harfengruppe der städtischen Musikschule mit dem wundervollen Stück „der Schwan“ aus „Karneval der Tiere“. Camille Saint Saens hätte sich bestimmt gefreut seine Komposition auf so einem Instrument zu hören. Mit einem bekannten französischen Liebeslied von G. Martin „Plaisir d’amour brillierte die Gruppe. Das italienische Volkslied „Santa Lucia“, gut gespielt, erklang mehrstimmig und berührte viele Zuhörer – wie auch die Eigenkompositionen von Dorothee Fröller „Blütenzauber“ und „Lotusblüten“ Mit der Irischen Weise „Sally Gardens“ spielten die Frauen hoch konzentriert und beschließen damit ihren Beitrag.
Mit einer Reihe von Liebesliedern begeistert Kraemer mit seinem Chor. Passend zum Geburtstag „100 Jahre Freistaat Bayern“ wählte der Dirigent auch einen bayerischen Komponisten, Karl Orff. So bekommen die Zuhörer auch „Odi et amo“, Hass und Liebe, ein etwas eckiges aber wundervolles, detailliert gesungenes italienisches Liebeslied zu hören. Mit sanften Tönen geht es weiter mit dem von Elvis Presley bekannten Stück „Falling in Love“. Auch Folklore sollte nicht fehlen, auch ein Liebeslied aus Dalmatien „Plovi plovi“ was so viel heißt wie: „Fahre fahre, tief ist das Meer, Ännchen meine Seele, mein Herz...“ und genau das drücken die Sänger mit ihren Stimmen gigantisch aus. Von fernen Landen reist der Chor wieder Richtung Heimat, ins Salzburger Land mit „weit, weit weg“ in teilweise bayerischer Sprache interpretiert.
Mit „Northern Lights“ einem Arrangement vom norwegischen Komponisten „Ola Gjeilo“ begann der Gastchor aus Augsburg unter Leitung von Markus von Ciriacy-Wantrup anmutig zu singen.. Der Text „Schön bist du“ stammt aus der Bibel, aus dem „Hohen Lied der Liebe“. Der Komponist sagt dass er die Inspiration zu dem Stück bei den Nordlichtern gefunden hat. Es ist ein überwiegend junger Chor, auf dem Weg in die Eigenständigkeit, sie nennen sich ganz salopp „Die coolen Chormenschen“. Und genau so kommen sie auch beim Publikum an. Jung, dynamisch und sind von dem was sie singen überzeugt. Bedächtig und ausdrucksstark sangen die Coolen Chormenschen das Französische Stück „La Nuit“ von Jean-Philippe Rameau, aus dem Film die Kinder des Monsieur Matthieu. Ein moderner Gospel „Mighty Wind“ aus der Gospelmesse von Heinz-Helmut-Jost erklingt im Rahmen der Matinee.. Die Zuhörer werden mitgerissen, bewegen sich, klatschen im Takt mit, ein Raum voller Lebendigkeit! Mit der Irischen Pop-Ballade „In this heart“ aus den 80er Jahren, von Sinnead o’Conner beginnen die Frauen einstimmig und leise, die Männer setzen ein und gemeinsam beeindrucken sie mit diesem wundervollen Lied. Hightlight des Auftrittes des Augsburger Chores ist „Oh happy day“ mit dem Solo der 17-jährigen Carolina Müller vom DHG Aichach. Stimmgewaltig setzte sie ein, impulsiv und hervorragend fügte sich das Solo mit dem Chor zusammen, die Zwischengesänge der jungen Sängerin waren herausragend und bestechend, sie haben ihre Wirkung auf das Publikum nicht verfehlt.
Der letzte Block der Matinee begann hervorragend gespielt und gesungen mit Giuseppe Verdi’s „Va Pansiero“ (Gefangenenchor). Nicht nur die Sänger ließen sich von dem hinreißen. Ein Lied mit einem sinnfreien Text gibt es auch. „Dudabda“, die Stimmen setzen nacheinander ein, gesetzt hat das Lied Lorenz Maierhofer, ein Bayer würde wohl sagen, „für a Fünferl durcheinand“. Ein begeistertes Publikum klatschte mit und brachte die Freude zum Ausdruck. „Let my light shine bright, das letzte Stück bei dem Chor und Chorleiter noch einmal alles gaben. Ein wunderbarer Klangkörper!
Final sangen die beiden Chöre „The Lord will bless you“. Das Publikum entließ die Sangesfreudigen mit gewaltigem Applaus zum Dank für dieses Gigantische Konzert. Klaus Habermann, Bürgermeister der Stadt Aichach war so angetan dass er auf ein Schlusswort nicht verzichten wollte um sich bei allen noch einmal ausdrücklich zu bedanken.

Bürgerreporter:in:

Claudia Neumüller aus Kulmbach

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