"Diakonie" ... und sonst noch was ...

Ein Info-Abend in einem Haus voller Widersprüche ...

Ich hatte das „Vergnügen“ - (wenn auch ein sehr zweifelhaftes) an einer Informationsveranstaltung der Heimleitung einer Senioren Wohneinrichtung in der Region, die unter dem trügerischen Vorsegel „Diakonisches Werk“ firmiert, teilnehmen zu können.

Irrigerweise vermutet die Mehrheit der unbedarften Betrachter dahinter ein Haus, eine Einrichtung in kirchlicher Trägerschaft. DAS ist in diesem Falle keineswegs der Fall. Es scheint eher dem Prinzip der großen US-Abzockerketten auf dem Kunstessensmarkt zu ähneln oder sogar zu gleichen, auf dem Subunter- oder Franchisenehmer gegen eine satte Lizenzgebühr, und nach zumeist unmoralisch sittenwidrigen Regeln, die Scheußlichkeiten der Konzernmütter unter das Volk bringen dürfen.

Hier im konkreten Erleben ging es jetzt darum, das „Volk“ zu beruhigen - das „Volk“ der nächsten Angehörigen der Haus- oder Heimbewohner über beschlossene - nicht etwa erst geplante - Vorhaben und die vom Träger als notwendig erachteten Maßnahmen zu deren Durchführung zu informieren bzw. schmackhaft zu machen (die neuzeits ungebräuchliche Benennung als „Insassen“ von Menschen, die in Alten- und Pflegeheimen untergebracht waren und sind, die schoß mir während des parlierens der Heimleiterin in den Sinn).

Mit einem wahren Regen von Unverständlichkeiten hüllte sie die entspannt lächelnden und ihr lauschenden Angehörigen ein. Entspannt lächelnd deswegen, weil ihnen mit jedem Wort der Vortragenden ein Stück des mit Sicherheit vorhandenen schlechten Gewissens genommen wurde.
Die Freude darüber, mit der Unterbringung der alt und bedürftig gewordenen Eltern, der Mutter oder des Vaters in einem Heim dieser Güte etwas Großes vollbracht zu haben, verdrängte jeden Zweifel und jedes Bedenken an anderes Handeln im Nu.
Und darüber war offensichtlich ein Teil der Anwesenden erfreut, und der Heimleitung dafür hörbar dankbar.
Was, bitte, hatte diese selbstzufriedene Freude ausgelöst? Das Verhalten, die Taktik, die Strategie der Heimleiterin war es.
Einer der am Tisch sitzenden männlichen Angehörigen gab dem Ganzen ein Gesicht, als er diese Zusammenkunft als „Elternabend“ bezeichnete, deren er im besagten Hause bereits etliche erlebt habe.
Die

„quere Misere“

triefte aus seinem Gesicht und seinen Worten. Ich spürte den Triumph darüber, als späte Kindheitsrache sozusagen, endlich die Eltern, die Mutter, den Vater auf den Status eines Kindes reduziert zu sehen.

Die Heimleitung machte es möglich und deutlich, indem sie eine kritisch den Grund der Nichteinbeziehung der Hauptpersonen, der Bewohner, der am Ende Finanziers der gesamten Einrichtung hinterfragende Angehörige nach deren Information, nach deren Beteiligung an den Planungen oder gar der Berücksichtigung einzelner Wünsche oder Vorschläge bei den Planungen, süffisant mit den Worten: „Ich informiere doch jetzt sie als Angehörige, dass muß ihnen doch reichen - ihre Angehörigen hier im Hause, die können sie doch selber viel besser und effektiver mit den geeigneten Worten von allem in Kenntnis setzen.“
„In Kenntnis setzen“ da war es heraus - diejenigen Menschen, um die sich das Karussell dreht, die werden einfach vor vollendete Tatsachen gestellt, wie unmündige Kinder behandelt. Und dann auch noch, für sie nicht anders erkennbar, von ihren eigenen Kindern, da sich die Heimleitung in dieser Pflicht äußerst zurückhält. Nach Aussage einer Pflegekraft waren nämlich auch die dort beschäftigten Arbeitnehmer keinesfalls in die Planungen miteinbezogen - sie sind bisher sogar noch nicht einmal offiziell über demnächst anstehende Änderungen im Gefüge informiert worden.
Na super, habe ich nur gedacht. Auf die Überlegungen bezüglich der Verhinderung von durch die Erweiterungsmaßnahmen bedingten Belastungen einzelner Bewohner - sie als Mieter zu bezeichnen würde der Sache gerechter - wurde eine Fragerin dahingehend beschieden, dass eventuell Betroffene mit einer solchen Belastung halt leben müßten. Man würde sich zu gegebener Zeit und aus dann gegebenem Anlaß schon damit beschäftigen.
In der zwei Jahre währenden Planungsphase war demnach das Zusammenspiel mit den Bewohnern, den Mietern, zugestanden kein Thema.

Ein besonderes Bonbon bekam ich dann allerdings bei meinem zeitlich bedingten vorzeitigem Verlassen dieser sog. Infoveranstaltung, oder vielleicht doch besser als Elternabend eingestuften Veransammlung, wohl mehr unfreiwillig serviert.
Auf dem verlassenen daliegenden Stations-Korridor im totenstillen Hause blinkte über einer Zimmertür plötzlich ein rotes Licht. Minuten danach über einer anderen Tür dann ein Zweites. Ich habe meinen Schritt verhalten, um zu sehen was geschehen würde. Es geschah geschlagene 10 Minuten lang gar nichts - es blieb weiterhin totenstill.
Die Antwort der nach 10 Minuten auf der Bildfläche erscheinenden Pflegerin (ich bin doch des Nachts hier ganz alleine für alle ‘Patienten’ zuständig) auf meine Frage nachdem „warum“ es so lange gebraucht habe, die hat mich zum Titel dieser Betrachtung genötigt:


„Ein Haus voller Widersprüche“.

Wenige Tage zuvor war nämlich in diesem Hause, anläßlich eines Pflegestufen-Ermittlungsbesuches von Mitarbeitern des medizinischen Dienstes, standfest aus dem Munde von Pflegekräften des Hauses die Ansage gekommen, nächtens häufig zu Zweit die notwendigen Hilfeleistungen zu erbringen.

Mehrere Minuten leuchteten an diesem Abend rote Lichter, ohne dass auch nur eine Wache auf der Bildfläche erschien - und das, obwohl gerade einmal 15 Meter weiter auf der gleichen Station gleich 3 verantwortliche Kräfte aus dem Heimkader (mit vermutlich ‘Alarm-Piepern’ in der Tasche) im Speisesaal damit beschäftigt waren, den um sie versammelten Angehörigen die Gehirne in Zuckerwatte einzubetten. Ich habe nur gedacht, dass 10 Minuten Untätigsein verdammt viel Zeit zum Sterben in sich birgt.

Einen „Notruf“ als Signal zur Hilfeleistung beim Wasserlassen den kann man zur Not ignorieren oder ihm verzögert folgen - dadurch wird dann in der Folge nur das Bett naß. Ein zögern oder ignorieren von „Notrufen“ aus vielen anderen Anlässen macht dagegen häufig ein (von anderen begehrtes) Bett frei und füllt andererseits dem Bestatter aus der Nachbarschaft wieder einen Sarg.
Mein ein wenig makabrer Schlußsatz mag vielleicht einigen Betroffenen und AUCH (noch) Nichtbetroffenen Anlaß zum Nachdenken sein.

ewaldeden2014-06-20

Bürgerreporter:in:

Ewald Eden aus Wilhelmshaven

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