Mutter schenkt Leukämiekrankem Hoffnung

Irgendwo auf der Welt gibt es einen Menschen, der an Leukämie erkrankt ist. Heike Hüttermann aus Werne (Kreis Unna) kennt ihn nicht, sie weiß nicht wie alt derjenige ist. Sie weiß nicht, ob er vielleicht eine Familie hat. Die 31-Jährige weiß nur: Dieser Mensch hat die gleichen genetischen Merkmale wie ich und er oder sie braucht meine Hilfe, um eine Chance im Kampf gegen den Blutkrebs zu haben. Deshalb hat sich die Mutter einer fünfjährigen Tochter bereit erklärt, dem Leukämiepatienten zu helfen – mit einer Stammzellspende.

Die Stefan-Morsch-Stiftung, die älteste Stammzellspenderdatei Deutschlands, leistet seit fast 30 Jahren Hilfe für Leukämie- und Tumorkranke. Hauptziel der Stiftung ist es, Menschen zu werben, sich als Stammzellspender zu registrieren. Beinahe täglich sind Teams der Stiftung in ganz Deutschland unterwegs, um junge Menschen als Stammzellspender zu gewinnen. Vor acht Jahren war ein solches Team in Lüdinghausen (Kreis Coesfeld). Damals hat sich Heike Hüttermann als potenzielle Lebensretterin registrieren lassen: „Wenn man helfen kann, sollte man es tun!“
Eine Sprecherin der Stiftung erklärt: „Als Typisierung bezeichnet man die eigentlichen Laborarbeiten, die für eine Aufnahme in die Stammzellspenderdatei notwendig sind. Aus einer Blutprobe - es genügt ein Fingerhut voll Blut - werden die für eine Transplantation relevanten HLA-Gewebemerkmale im Labor bestimmt. Das gleiche funktioniert auch mit einem Abstrich der Mundschleimhaut.“ Damit hatte die 31-Jährige den ersten Schritt auf dem Weg zum Lebensretter getan.
Leukämie ist nur eine der bösartigen Erkrankungen, die eine Übertragung gesunder Blutstammzellen erfordern können. Mit der Transplantation von Stammzellen bekommt der Patient ein neues blutbildendes System – seine einzige Chance auf Leben, wenn Chemotherapie oder Bestrahlungen nicht geholfen haben. Eine solche Transplantation ist aber nur möglich, wenn es Menschen wie Heike Hüttermann gibt, die sich typisieren lassen – sprich: als Stammzellspender einer Spenderdatei erfasst sind. Um Stammzellen transplantieren zu können, müssen die Gewebemerkmale von Spender und Patient übereinstimmen. So sind in den Knochenmark- und Stammzellspenderdateien wie der Stefan-Morsch-Stiftung zwar weltweit über 20 Millionen Menschen registriert - trotzdem ist es immer noch ein Glücksfall, wenn sich für einen Patienten ein passender Spender findet.
Heike Hüttermann ist so ein Glücksfall. Sie arbeitet als Steuerfachwirtin bei der Nickel Middrup Doege
Steuerberatungsgesellschaft mbH. Nach Feierabend ist sie für ihre Familie, ihren Lebensgefährten und die fünfjährige Tochter, da.
Kurz vor Weihnachten 2013 rief die Stefan-Morsch-Stiftung an: Heike Hüttermann käme als Spenderin in die engere Auswahl für einen Patienten, ob sie zur Stammzellspende bereit wäre. „Ich hatte da keine Bedenken und war dazu bereit“, erzählt Hüttermann. Nach weiteren Blutuntersuchungen stand schnell fest, dass die Steuerfachfrau die optimale Spenderin für den Patienten ist: „Wir waren gerade im Sauerland, um dort Silvester zu feiern, als ich das hörte.“ Familie und Freunde finden ihr Engagement gut: „Alle reagierten positiv. Alle waren begeistert. Viele von meinen Bekannten sind auch typisiert, aber ich bin die erste Spenderin“, erzählt sie ein bisschen stolz. Auch ihr Arbeitgeber unterstützte sie: „Das war kein Problem für ihn.“
Bevor Heike Hüttermann Stammzellen spenden darf, wird sie umfassend aufgeklärt und gründlich untersucht. Diese Voruntersuchungen dienen dazu herauszufinden, ob sie wirklich die optimale Spenderin ist. Gleichzeitig soll ausgeschlossen werden, dass der Spender ein gesundheitliches Risiko eingeht. Die Mitarbeiter der Stiftung beraten und begleiten den Spender während dieser ganzen Vorbereitungsphase. Jegliche Kosten für die Untersuchungen, die Versicherung, An- und Abreise zum Entnahmeort werden übernommen.
Dann beginnt die entscheidende Phase vor der Transplantation: Die Stammzellen befinden sich im Knochenmark. Um sie zu übertragen, gibt es zwei Möglichkeiten: Die Entnahme peripherer Blutstammzellen aus dem Blut – ähnlich wie bei einer Plasmaspende oder Dialyse. Dazu wird dem Spender einige Tage lang ein körpereigener Botenstoff verabreicht, der die Stammzellen aus dem Knochenmark in das Blut übergehen lässt. In einer Entnahmestation werden dann die Stammzellen aus dem Blut herausgefiltert bzw. zentrifugiert. Apherese heißt dieses Verfahren, das heute am häufigsten angewandt wird.
Bei der klassischen Methode - der Knochenmarkspende – entnehmen die Mediziner Knochenmark aus dem Beckenknochen des Spenders – niemals aus dem Rückenmark. Dieser Eingriff dauert zirka eine Stunde. Weder der Spender noch der Patient erfahren zu diesem Zeitpunkt, wer der andere ist. Heike Hüttermann und ihr Empfänger bleiben in jedem Fall bis zum Ablauf von zwei Jahren anonym. Erst danach besteht die Möglichkeit, je nach Gesetzeslage des Landes, in dem der Patient lebt, dass Spender und Patient einander kennenlernen können.
Aber bis dahin ist es noch ein langer Weg: Parallel zur Vorbereitung von Hüttermann wird in der behandelnden Transplantationsklinik der Patient vorbereitet. Das bedeutet: Sein Immunsystem wird stark unterdrückt oder sogar ausgelöscht – durch Bestrahlung oder/und Chemotherapie. Wenn er sich jetzt mit einem Virus infiziert oder es aus irgendeinem Grund mit der Stammzellspende nicht klappt, ist sein Leben massiv gefährdet. Emil Morsch, Vorstandsvorsitzender der Stefan-Morsch-Stiftung: „Eine Transplantation ist immer eine letzte Chance. Diese Chance hat er nur durch Heike Hüttermann.“
Die 31-Jährige hat per Apherese gespendet. Nach der Entnahme zieht sie ein positives Fazit: „Alles hat gut geklappt. Ich würde es immer wieder machen!“

Antworten auf die häufigsten Fragen rund um das Thema Stammzellspende:

Wie wird man Stammzellspender?
Prinzipiell kann jeder gesunde Erwachsene zwischen 18 und 40 Jahren Stammzellen spenden. Informationen über Ausschlussgründe lassen sich auf der Internetseite der Stefan-Morsch-Stiftung (www.stefan-morsch-stiftung.de) nachlesen. Die Typisierung ist für alle Spender kostenlos, jedoch werden Spenden zur Finanzierung der Blutuntersuchungen gerne entgegen genommen – da jede Spenderregistrierung mindestens 50 Euro kostet.
Die aktuellen Termine für die Typisierungsaktionen der Stefan-Morsch-Stiftung findet man auf der Homepage. Zudem gibt es dort auch die Möglichkeit sich online registrieren zu lassen. Über den Button „Online-Registrierung“ auf der Startseite kann man sich eingehend informieren, die Einverständniserklärung ausfüllen und sich ein Entnahmeset zuschicken lassen – entweder für eine kleine Blutprobe oder einen Abstrich der Mundschleimhaut. In dem Päckchen ist das entsprechende Material, um sich bei seinem Hausarzt eine Blutprobe entnehmen zu lassen oder den Wangenabstrich durchzuführen. Dieses Päckchen wird einfach an die Stefan-Morsch-Stiftung zurückgesendet. Falls Sie Fragen zu den Ausschlusskriterien haben, rufen Sie einfach unsere gebührenfreie Hotline (08 00 - 766 77 24) an.

Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Patient einen passenden Spender findet?
Die Wahrscheinlichkeit, für einen Patienten einen kompatiblen Stammzellspender zu finden liegt in der Größenordnung von 1 : 10.000 und 1 : 1.000.000 und ist abhängig von den Gewebemerkmalen (HLA-Merkmalen) des Patienten. Je genauer die Übereinstimmung zwischen den Merkmalen dieses DNA-Teilstückes des Spenders und denen des Patienten ist, umso größer sind die Erfolgsaussichten für eine Stammzelltransplantation.

Ich bin bereits typisiert. Soll ich nochmal?
Wer bereits typisiert ist, sollte sich nicht noch einmal registrieren lassen. Egal, wo er registriert ist, die Daten aller Stammzellspenderdateien stehen anonymisiert über das deutsche Zentralregister des ZKRD für weltweite Suchanfragen zur Verfügung. Wer mehrfach registriert ist, würde als Mehrfach-Treffer erscheinen und so zunächst den Eindruck erwecken, es gäbe mehrere Spender zu Auswahl. Letztendlich wäre das eine trügerische Hoffnung. Wer schon typisiert ist, sollte jedoch überlegen, ob die Spenderdatei noch die aktuellen Kontaktdaten hat.
Sollten Sie noch Fragen haben – die Stefan-Morsch-Stiftung ist unter der gebührenfreien Hotline 08 00 - 766 77 24 oder über info@stefan-morsch-stiftung.de erreichbar. Auf der Homepage www.stefan-morsch-stiftung.de oder via Facebook kann man sich ebenfalls informieren.

Die Stefan-Morsch-Stiftung
Die Stefan-Morsch-Stiftung mit Sitz in Birkenfeld ist die älteste Stammzellspenderdatei Deutschlands. Unter dem Leitmotiv “Hoffen – Helfen – Heilen“ bietet die gemeinnützige Stiftung seit 1986 Hilfe für Leukämie- und Tumorkranke. Hauptziel der Stiftung ist, Menschen zu werben, sich als Stammzellspender registrieren zu lassen. So werden täglich Stammzell- oder Knochenmarkspender aus der stiftungseigenen Spenderdatei von ca. 380 000 potentiellen Lebensrettern weltweit vermittelt. Die Stiftung ist Mitglied der Stiftung Knochenmark- und Stammzellspende Deutschland (SKD).

Bürgerreporter:in:

Annika Zimmer aus Birkenfeld

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