Und dann gibt es da noch das Poesie-Album,

leider ist das alte Poesiebuch aus der Schulzeit weg, das hier habe ich später angefangen.
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  • hochgeladen von Christel Löhle

das ist ganz, ganz anders als dein Tagebuch.

In diesem Büchlein, das du meist schon ganz früh in der Schulzeit beginnst,
da lieben dich alle. Links und rechts von dir sitzen sie, alle deine Mitschülerinnen und Mitschüler, und keiner von ihnen verliert ein böses Wort über dich, obwohl du es doch manchmal durchaus verdienst hast. Nein, du bist die Gute, der nur das Beste im Leben begegnen soll.
„Und wenn du dann einst im fernen Lande an einem Bach spazieren gehst, und du findest Vergissmeinnicht, pflück sie ab und denk an mich“,
geschmückt mit Zeichnungen, Lackbildchen, gemalten Herzchen, und, und, und …

einfach süß.

Na ja, im fernen Lande habe ich eigentlich an Niemanden aus meinem Poesiealbum gedacht.
Schande über mich.

Und dann, im Zuge der Vernichtungsarbeit mit Tagebuch und Vergangenheit, bekommst du einen Anruf von einer Schwägerin.
Sie muss nach einer schweren Erkrankung zum Reha-Sport. Oh, das fällt ihr schwer, sie werden da ganz schön durch die Halle gescheucht.
Aber, weißt du, liebe Christel, wer uns da durch die Gegend scheucht?
Und dann fällt ein Name, den ich doch gerade im Poesiealbum gelesen habe. Ein Klassenkamerad, ein Sportler durch und durch. Und so wie es aussieht, ist er das bis heute geblieben, wie sonst könnte er eine Reha-Gruppe anleiten.

Dieser Kamerad von früher stand im letzten Schuljahr mit mir auf der Bühne (bloß in der Turnhalle auf einer selbst hergerichteten Bühne). Ein Krippenspiel wurde eingeübt.
Er war der Joseph, ich die Maria.
Mein Text: „Ach, Joseph, liebster Joseph mein, ich hab` zu erwarten ein Kindelein“

Wisst ihr, wie oft die Probe abgebrochen wurde? Nein? Ich auch nicht mehr.
Ich habe diesen Spruch nicht über die Lippen gekriegt, ich habe mich gebogen vor Lachen. Die Tränen liefen mir übers Gesicht, es ging nicht. „Ich hab zu erwarten ein Kindelein, zu komisch.
Erst nachdem mir angedroht wurde, dass eine Mitschülerin weiter macht, ging es plötzlich.
Nee, nee. Auf die Bühne wollte ich dann doch.

Aus meinem Poesiealbum habe ich dann die Seite eingescannt, wo dieser Schulkamerad sich eingetragen hat, sie an die Schwägerin per Mail geschickt, mit der Bitte, sie an ihren „Vorturner“ mit meinen besten und lieben Grüßen am nächsten Reha-Kurs zu überreichen.
Und frag ihn doch bitte, liebe Schwägerin, ob er sich noch an unser Krippenspiel erinnert.

Als Dank kam dann von meiner Schwägerin zurück:

„Du glaubst gar nicht, liebe Christel, was du uns für einen entspannten Abend geliefert hast.
Unser Vorturner (sie hat natürlich seinen Namen genannt) lief den ganzen Abend mit verklärtem Gesicht und verträumten Augen durch die Halle. Er hat uns einfach machen lassen, immer schön ruhig.“

Wozu ein Poesie-Album also doch ganz tauglich ist.

Bürgerreporter:in:

Christel Löhle aus Wedemark

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