Zu viel Macht für Konzerne

Wie können wir unsere demokratische Ordnung retten?

Von Christine Stankus

Wenn Sie gefragt würden, was eine Demokratie ist, was würde Ihnen dazu einfallen? "In einer Demokratie bestimmt das Volk" oder "Man darf wählen"? Im Grundgesetz heißt es: "Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus." Konkret: Es gibt keinen politischen Entscheidungsträger, der nicht wenigstens indirekt vom Volkswillen bestimmt wird: die Abgeordneten der Parlamente, Herr Kretschmann, Frau Merkel, die Minister ... Und wenn Sie gefragt würden, was das Freihandelsabkommen TTIP, das derzeit zwischen den USA und der EU verhandelt wird, für diese Demokratie bedeutet? Leider erfährt man zu wenig. Vielleicht, weil die EU-Kommission - laut ARD aktuell - die Regierungen angewiesen hat, den Medien nur das Positive zu erzählen. Eines werden die Regierenden deshalb nicht zugeben: Dass das TTIP (deutsch "Transatlantisches Handels- und Investitionsabkommen") das gefährliche Potenzial hat, unsere demokratische Ordnung auf den Kopf zu stellen. Wie das? Christine Stankus
Mit dem TTIP bekommen Konzerne die Macht, Regierungen vor einem außerstaatlichen Schiedsgericht zu verklagen. Zum Beispiel wegen eines Gesetzes, ohne das ihr Profit größer ausfallen würde: Solche Gesetze sind dann eben "nicht handelsbezogene Bestimmungen." Beispiele: Die kanadische Regierung, die mit den USA ein (mit dem TTIP vergleichbares) Freihandelsabkommen abgeschlossen hatte, schränkte das Fracking ein, weil viele Bürger es ablehnten; eine US-amerikanische Fracking-Firma klagte vor einem Schiedsgericht und bekommt nun 250 Millionen US-Dollar aus Steuergeldern - als "Entschädigung" für "erwartete entgangene Gewinne".
Oder Ägypten: Die Regierung wurde wegen Erhöhung der Mindestlöhne verklagt. Oder Australien: Klage eines Tabakgiganten wegen Antiraucher-Gesetzen. Sollte das TTIP kommen, ist folgendes Szenario realistisch: US-Lebensmittelkonzerne klagen gegen die Kennzeichnungspflicht auf Verpackungen, US-Schlachtbetriebe gegen hygienische Standards, Rüstungskonzerne dagegen, dass sie nicht in Krisengebiete exportieren dürfen ... und alle werden aus Steuergeldern "entschädigt". Die Größenordnung: Milliardenschwere Zahlungen, die die Staatshaushalte lahmlegen. Die rund 75000 Unternehmen wären in der Lage, ein politisches System zu untergraben, auf das sich die Bürger bislang verlassen haben.
Und das sind die "Gerichte", die die Demokratie aushebeln: dreiköpfige Gremien aus privaten Angestellten als "Richter", geheime Verhandlungen, keinerlei Berufungsinstanz. durchschnittlich acht Millionen Dollar Gerichtskosten. Ein Spuk: dass nicht gewählte Leute mächtiger sind als vom Volk gewählte Parlamente. Dass Steuergelder den Reichtum dieser Konzerne vergrößern helfen. Dass deren Profit zum höchsten Wert erklärt wird, gegen den die Lebensqualität einer ganzen Bevölkerung nichts mehr zählt.
Wie kommt es dazu? Die Antwort: Lobbypolitik. An den TTIP-Verhandlungen sind nämlich außer den Delegationen der USA und der EU noch etwa 600 "Berater" der Großkonzerne und ihrer Lobbyverbände als offizielle Informanten beteiligt; sie konzipieren die verhandelten Dokumente mit.
Wie können wir unsere demokratische Ordnung retten? Über 70 Organisationen, kirchliche, linke, demokratische, grüne, gehen an diesem Samstag gegen das TTIP auf die Straße. Nehmen wir unsere demokratischen Rechte wahr.

ÖDP Niedersachsen

Bürgerreporter:in:

Michael Falke aus Uelzen

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