Frauencafe in Stadtallendorf: Immer fit, immer schön, immer gut drauf (29.10.2016)

Herbst am Jugendzentrum
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Ist Gesundheit das Wichtigste im Leben? Dieser Frage widmete sich das 25. Frauenfrühstück bzw. Frauencafe. In einem kurzen Anspiel wurde der Bogen gespannt vom Empfinden, durch einen Arztbesuch noch kränker zu werden, bis hin zur Frage, ob man lieber traurig und gesund oder aber krank und glücksein wolle.

Die musikalische Begleitung übernahm wie beim letzten Male Johanna Rausch mit ihrer Querflöte. Eigentlich war eine andere Musikerin eingeplant worden, aber diese hatte abgesagt.

Beim Frauencafe fand sich unter den zahlreichen Kuchen und Torten, die vor dem Vortrag von Pfarrerin Andrea Wöllenstein gegessen werden durften, auch eine Jubiläumstorte: Schließlich war es das 25. Mal, dass diese Veranstaltung in Stadtallendorf stattfand. Allerdings war die kein Grund zum Feiern, da es leider auch das letzte Mal für das jetzige Vorbereitungsteam war. Zahlreiche Helferinnen wollten sich aus der aufwändigen Vorbereitung zurückziehen. Gründe dafür gibt es viele, so etwa die nachlassende Gesundheit, die Tätigkeit in anderen Ehrenämtern oder auch die ungeplanten Ärgernisse wie ausgefallene Musiker oder Probleme, den Raum ausreichend früh zur Verfügung zu haben.
Pfarrer Thomas Peters dankte dem Vorbereitungsteam und hoffte, dass sich genügend neue Helferinnen finden, die die Organisation übernehmen möchten. Ansonsten wäre es das Ende für die Veranstaltungsreihe in Stadtallendorf. Das wäre auf jeden Falle ein Verlust, da der immer gut gefüllte Raum zeigt, dass das Frauenfrühstück etabliert ist und gut angenommen wird.

Immer schön, immer fit und immer gut drauf?
Andrea Wöllenstein ist Pfarrerin für die Frauenarbeit im Sprengel Waldeck und Marburg und war schon bei anderen Veranstaltungen in Stadtallendorf. So hatte sie einen ökumenischen Kreuzweg für Frauen angeboten. Allerdings fand sie den Weg zum Jugendzentrum nicht und suchte danach an einer ganz anderen Stelle im Ort. Glücklicherweise fand sich jemand, der ihr den Weg zeigte, so dass sie wie geplant den Vortrag fürs Frauencafe halten konnte.

"Es stimmt: Wir Frauen sind schön, wir sind lebendig, wir haben Humor und Lebensfreude. Wir sind die Krone der Schöpfung." Das sagt uns auch die Werbung, und für den Fall, dass es uns mal nicht so gut geht, bietet sie gleich die passende Lösung.
Meist kennen wir aber auch Tage, an denen wir niedergeschlagen sind oder unter gesundheitlichen Beschwerden leiden. Beides gehört zu uns: unsere Kraft und unsere Bedürftigkeit.

Andrea Wöllenstein erinnerte sich, wie ihre Tochter von einer Freudin ein Wunderknäuel geschenkt bekam - ein Wollknäuel, in das verschiedene kleine Geschenke eingewickelt waren. Wenn die Wolle beim Stricken verbraucht wurde, kamen die kleinen Belohnungen zum Vorschein. Andrea Wöllenstein verglich das Leben mit einem Wunderknäuel: Wir wissen noch nicht, welche Schätze darin auf uns warten, und es kann mühsam sein, an diese zu kommen.

Nach dieser kleinen Einleitung gab es erst einmal eine kleine Pause im Vortrag, um sich über die Fragen auszutauschen: "Wo habe ich heute meine Lebendigkeit gespürt?" und "Was finde ich schön an mir?"
Der Vortrag wurde mit einer weiteren Frage fortgesetzt: "Kann das sein, dass es viel leichter ist zu sagen, was wir alles nicht gut können?" Andrea Wöllenstein riet dazu, zu den eigenen Fähigkeiten und zur eigenen Schönheit zu stehen und sich darüber zu freuen.

"Es ist besser arm zu sein und dabei frisch und gesund als reich und nicht gesund." Diese und ähnliche Aussagen finden wir in der Bibel. Aber Andrea Wöllenstein kannte auch diverse Lebensweisheiten aus anderen Quellen:
"Solange wir sie haben, ist Gesundheit selbstverständlich."
"Der Gesunde hat viele Wünsche, der Kranke nur einen."
"Die Krankheit gibt der Gesundheit den Geschmack."
"Gesundheit bekommt man nicht im Handel, sondern nur durch Lebenswandel."

Das Verhältnis zu unserem Körper ist jedoch widersprüchlich: Auf der einen Seite lassen wir uns in Frauen- und Männerzeitschriften gerne schöne Körper zeigen, geben viel Geld für Mittel aus, die uns schön oder fit machen sollen, und üben fleißig im Fitnessstudio. Auf der anderen Seite verliert der Körper an Bedeutung: Wir können viele Dinge online erledigen, für die wir uns früher noch körperlich bewegen mussten, und schwere körperliche Arbeit wird zum großen Teil von Maschinen übernommen. Dafür setzen wir uns stärker Stress und Zeitdruck aus, was für die Gesundheit nicht förderlich ist. Bei Frauen hat man zudem oft eine Doppelbelastung durch Arbeit und Familie.

D.h. wir mühen uns einerseits ab, unseren Körper zu pflegen, vernachlässigen ihn andererseits auch. Andrea Wöllenstein spricht von einer Gesundheitsreligion, bei der der Fitnesstempel als Ersatz für die Kirche dient. Dadurch setzt man sich unter Leistungsdruck. Stattdessen solle man besser darauf achten, etwas Gutes für Körper und Seele zu tun - davon hat man mehr, als fit und erschöpft zu sein.

Andrea Wöllenstein forderte nun zum Aufstehen auf, denn sie hatte ein paar Bewegungsübungen zum Entspannen vorbereitet. Nichts Anstregendes, sondern einfache Bewegungen wie Arme hochstrecken oder sich auf die Schulter klopfen. Bei manchen Übungen ging es auch darum, einer Partnerin etwas Gutes zu tun.

Nach dieser wohltuenden Einlage erzählte Andrea Wöllenstein noch einige allgemeine Informationen zum Thema Gesundheit: Früher nahm die Pharmaindustrie vorwiegend den männlichen Körper als Maßstab und testete Medikamente meist an Männer. Dabei gibt es biologische und psycholgische Unterschiede. Männer ernähren sich in der Regel ungesünder als Frauen. Krankheiten (z.B. Herzinfarkt) können unterschiedliche Auswirkungen haben. Die Frauengesundheit wird auch von der unterschiedlichen sozialen Realität (z.B. Doppelbelastung Beruf und Familie) beeinflusst. Seit den 70er Jahren setzen sich Frauengesundheitszentren für gesundheitliche Belange von Frauen ein.

Die Weltgesundheitsorganisation definiert: "Gesundheit ist nicht das Fehlen von Krankheit oder Gebrechen, sondern in einem umfassenden Sinn ein Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlergehens." Um gesund zu sein, braucht man mehr als medizinische Versorgung. Zum Gesunden braucht man Vertrauen - in die eigene Kraft, die Unterstützung durch Mitmenschen und das Aufgehobensein in einem größeren Ganzen. "Heile, heile, Segen" ist ein Lied, was Andrea Wöllenstein dazu einfiel, und das sie sogleich mit den anwesenden Frauen sang.

Nach einer weiteren Pause folgte der dritte Teil des Vortrags: Heilung und Heilsein.
Mit dem Ausruf "Hauptsache Gesundheit" endete das Anspiel vor dem Vortrag von Andrea Wöllenstein. Was aber ist, wenn ich nicht mehr gesund werde? Kann ich mich auch gut fühlen, wenn ich nicht gesund hin? Andrea Wöllenstein hatte dazu folgendes Zitat gefunden: "Heilen ist nicht dasselbe wie gesund machen." Heilen heißt nicht notwendigerweise, dass man den früheren Zustand wieder herstellt, sondern es geht darum, sich auf die jetzt vorhandenen Möglichkeiten einzustellen.

Heliung ist ein wichtiges Thema in der Bibel - ein Drittel aller Geschichten haben mit Heilung zu tun. Von Jesus wird berichtet, dass er Blinde, Lahme, Aussätzige und Frauen geheilt hat - Menschen mit schwacher Position in der Gesellschaft. In den Heiligungsgeschichten geht es nicht nur um die Wiederherstellung der Gesundheit, sondern auch um die Heilung der Beziehung der Menschen untereinander oder der Menschen zu Gott. Jesus gibt den Auftrag weiter, nicht nur die Kranken zu heilen, sondern auch die frohe Botschaft Gottes zu verkünden.

In Mittelalter waren Medizin und Seelsorge noch eng miteinander verbunden. Später entwickelte sich die Medizin in naturwissenschaftliche Richtung, während die Kirche die Sorge für die Seele übernahm. Zum Glück hat man inzwischen wieder gelernt, den Menschen als Ganzes zu betrachten. Dabei muss nicht der Mediziner lernen, das seelische Befinden im Blick zu haben, sondern auch die Kirche darf ihren Heilungsauftrag nicht vergessen. Beispielsweise kann man die Kraft des Gebets zur Unterstützung Kranker verwenden.

Gesundheit ist Lebensentfaltung - selbst wenn wir durch Krankheiten in bestimmten Lebensbereichen eingeschränkt sind. Auch das Sterben mit Blick auf das ewige Sein bei Gott gehört dazu. Wenn ich krank bin, bin ich dadurch nicht wertlos, sondern kann trotzdem mein Leben entfalten und den Zielen Gottes nahe kommen. Folgendes Zitat fiel Andrea Wöllenstein dazu ein: "Unsere Wunden sind der Ort, wo Gott uns wirklich trifft." Einige der bekannten Heiligen konnten Großes vollbringen, obwohl sie unter schweren Krankheiten litten.

Was kann man für seine Gesundheit tun? Wichtig ist es, sich selbst zu lieben - auch mit den Einschränkungen, die man hat. Man sollte herausfinden, was man will oder nicht will (z.B. welche Behandlungen man in der Sterbephase noch möchte). Wichtig ist auch, sich etwas Gutes zu tun (z.B. gemütlich ein Stück Torte essen).

Andrea Wöllenstein wünscht ihren Mitmenschen gerne "Gesundheit und Gottes Segen", und so endete ihr Vortrag auch mit einem Segensspruch.

Links

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Bürgerreporter:in:

Sören-Helge Zaschke aus Stadtallendorf

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