Bäriges aus dem Wisentgehege

Erfrischungsbad in eiskaltem Wasser.
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So ein dickes Fell, wie es die Braunbären besitzen, wäre wünschenswert. Dann könnte einem auch ein Bad im lausig kalten März-Wasser bei der trotz kräftiger Sonneneinstrahlung noch weitgehend arg kühlen Lufttemperatur schon mächtig Laune machen. Aber über so eine sprichwörtliche Bärenhaut oder Bärengesundheit verfügen wir Menschen nur in den seltensten Fällen.

Die Braunbären, die sich am Deister ein Terrain mit den Grauwölfen teilen, sind von den zahlreichen Anziehungspunkten die Attraktion im Springer Wisentgehege. Damit die Besucher die Hauptakteure auch ausgiebig und gefahrlos beobachten, bestaunen und bewundern können, führen zwei Treppenaufgänge zu einer Galerie. Von dieser Empore haben die Tierfreunde einen guten Überblick quasi aus der Giraffenperspektive auf das weitläufige Gehege. So verwunderlich, wie auf den ersten Blick, ist das Zusammenleben dieser so unterschiedlichen Tiere vielleicht aber gar nicht. Immerhin gibt es als Umschreibung für den Braunbären auch den Begriff des Bienenwolfes, aus dem sich der germanische Heldenname Beowulf aus dem gleichnamigen altenglischen Epos ableiten soll.

Bären und Wölfe in Aktion zu sehen, ist bisweilen nicht ganz einfach. Da gilt es, den richtigen Zeitpunkt im Tagesablauf der Tiere abzupassen oder einfach mit viel Geduld abzuwarten, wie die Gehegebewohner sich ihren Alltag zu gestalten belieben. So umtriebig wie an diesem sonnigen Frühlingsnachmittag zur ordentlichen niedersächsischen Kaffeezeit, deutlich vor der englischen Teatime, habe ich die Bären selbst selten erleben dürfen.

Zu welchen Tageszeiten noch mehr abgeht, müssen weitere Exkursionen ergeben. Und vielleicht ergibt sich auch die Gelegenheit, einmal einen der Tierpfleger zu treffen und sich nach den Lebensgewohnheiten seiner Schützlinge zu erkundigen. Bären und Wölfe pflegen dem Augenschein nach einen ziemlich respektvollen Umgang miteinander. Wenn die Braunbären an der Reihe sind, das Gelände mäßigen Schrittes auszumessen, aalen sich die Wölfe anscheinend teilnahmslos und gelangweilt irgendwo mittendrin. Den Mainstream der Bären, oder besser ausgedrückt deren Hauptpfade, scheinen sie tunlichst zu meiden. Wenn die Honigfresser kreisen, üben sich ihre Gehegegenossen in Gelassenheit. Sobald die Bären sich dann aber, von Fersengeld mag ich in diesem Zusammenhang wirklich nicht sprechen, zu ihrer Behausung zurückziehen, sind die Wölfe urplötzlich hellwach und scheinen nun ihrerseits das hinterlassene "Machtvakuum" genüsslich auszufüllen.

Auf ihre Art majestätisch muten beide an, die Bären wie die Wölfe. Das unterstreicht auch der Habitus des Polarwolfes, der mir zum Ende meines aktuellen RUndgangs vor das Objektiv läuft. Wie er sich immer wieder umdreht, elegant bewegt und geradezu wie auf einem Laufsteg schreitet, bestärkt mich in der Annahme, dass sich diese Tiere ihrer Rolle als Markenzeichen und Hauptdarsteller für die Motivsammler draußen vor dem Gehege durchaus bewusst zu sein scheinen. Diven und Models könnten sich nicht nobler bewegen. Während ihre elegante Robustheit ein Genuss fürs Auge ist, erscheinen einem im benachbarten aufgewühlten Gehege die dortigen Wildschweine wie ein geradezu rustikaler Gegensatz. Als Fleischbrocken aber nicht zu unterschätzen. Ob einem Bären oder einem Wolf beim Anblick eines Schwarzkittels allerdings das Wasser im Munde zusammenläuft, wage ich nicht zu beurteilen. Normalerweise stehen sie nicht auf deren Speiseplan ... Dann schon eher ein Hornträger wie ein Schaf.

Bei meinem neuerlichen Rundgang durchs Wisentgehege, vor allem auf der Galerie oberhalb des Bärengeheges, fühlte ich mich bisweilen an die Jugendjahre der Pubertät erinnert. Nicht wenige der Motivjäger zogen an diesem Nachmittag mit gewaltigen Teles ihre Runden wie Greifvögel ihre Kreise geräuschlos zu segeln verstehen. Ein kurzer Blick zur Seite, wenn ich überholt oder umgangen wurde, mit mitleidiger Miene ob meiner in den Ausmaßen recht sparsam gehaltenen Optik. Männliche Urinstinkte, immer für eine Täuschung tierisch gut? En passant, auch eine Erfahrung aus dem Wisentgehege.

Bürgerreporter:in:

Clemens Wlokas aus Springe

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